Nur leichte Besserung

Luftverschmutzung durch Diesel-Abgase: Jetzt reagiert Merkel

Problem Schadstoffausstoß: Angela Merkel will sich der Luftverschmutzung in deutschen Städten mit besonderen Maßnahmen annehmen.
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Problem Schadstoffausstoß: Angela Merkel will sich der Luftverschmutzung in deutschen Städten mit besonderen Maßnahmen annehmen.

In deutschen Städten sinkt die Belastung durch Diesel-Abgase. Allerdings zeigen neue Zahlen auch, dass die Schadstoffwerte nicht schnell genug abnehmen. Darauf reagiert Angela Merkel.

Berlin - Die Luftverschmutzung durch Diesel-Abgase in deutschen Städten ist im vergangenen Jahr zurückgegangen - bleibt vielerorts aber bedenklich hoch. Der Grenzwert zum Schutz der Gesundheit wurde noch in rund 70 Kommunen statt wie 2016 in 90 Städten überschritten, wie das Umweltbundesamt (UBA) nach ersten Schätzungen am Donnerstag mitteilte. Die höchste Belastung mit Stickstoffdioxid (NO2) gab es in München, Stuttgart und Köln. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stellte angesichts einer drohenden Klage der EU-Kommission noch schnelle weitere Unterstützung für 20 besonders betroffene Städte in Aussicht.

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Deutschland sei von der Kommission aufgefordert worden, bis Freitag kommender Woche „noch einmal weitere Maßnahmen vorzutragen“, sagte Merkel nach einem Treffen mit den Ministerpräsidenten der Länder in Berlin. Dafür seien nun „stadtspezifische Gespräche“ geplant, um zu überlegen, welche „schnellen Maßnahmen“ noch umzusetzen seien. Der EU-Kommission reichen die bisherigen Anstrengungen für saubere Luft nicht aus, sie droht daher mit Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH). Umweltkommissar Karmenu Vella bekräftigte am Donnerstag: „Wir erwarten wirksame Maßnahmen, die zur Einhaltung des Rechts führen.“

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37 deutsche Städte haben 2016 den Grenzwert überschritten

Den vorläufigen Daten des Bundesamts zufolge haben im vergangenen Jahr 37 deutsche Städte den Grenzwert von 40 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft überschritten, „wahrscheinlich“ ist dies bei weiteren 29 Städten der Fall. In München wurden im Jahresmittel 78 Mikrogramm gemessen. Es folgten die bisher bundesweit am stärksten belastete Stadt Stuttgart mit 73 und Köln mit 62 Mikrogramm im Jahresmittel.

Den Grenzwert wieder eingehalten haben demnach zehn Städte, die 2016 noch darüber lagen: Dresden, Koblenz, Leipzig, Bremen, Fulda, Kassel, Norderstedt, Würzburg, Marburg und Potsdam. Weiteren 15 Städten gelang dies wahrscheinlich. Die Angaben sind teils zunächst geschätzt, wenn Messwerte noch nicht vorlagen.

Test des Schadstoffausstoßes: In vielen deutschen Städten werden Grenzwerte nach wie vor überschritten.

Umbauten an Motoren nötig

UBA-Präsidentin Maria Krautzberger sprach von einer Entwicklung in die richtige Richtung. „Wir sind aber noch längst nicht am Ziel.“ Aus Sicht der Behörde zeigen sich erste Wirkungen kommunaler Maßnahmen, die durch die Diesel-Debatte angestoßen wurden - etwa Tempolimits oder Straßen-Verengungen. Von Bund und Autoindustrie vereinbarte Maßnahmen wie neue Abgas-Software für ältere Diesel und Prämien für den Kauf sauberer Neuwagen reichten nicht aus. Gebraucht würden auch Umbauten an Motoren. „Nur so können wir die Gesundheitsbelastungen schnell und vor allem dauerhaft senken“, betonte Krautzberger.

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Auch der Deutsche Städtetag forderte zusätzliche Anstrengungen. „Die Automobilindustrie muss endlich beantworten, was die Software-Updates bringen. Und wenn das nicht reicht, muss es eine Hardware-Nachrüstung geben“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy der Rheinischen Post. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter kritisierte, die wenigen Verbesserungen seien mit städtebaulichen Maßnahmen erreicht worden.

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Autoindustrie lehnt Hardware-Umrüstungen ab

Merkel äußerte sich weiterhin zurückhaltend zu Nachrüstungen direkt am Motor. „Wir werden das weiter untersuchen“, sagte sie. „Aber was ich gesehen habe, wird es für Millionen von Fahrzeugen auf gar keinen Fall eine schnelle Lösung dafür geben.“ Umweltschützer und auch die SPD fordern solche Hardware-Umrüstungen, die Autoindustrie lehnt sie ab. Im Sommer angekündigte Updates der Motorsoftware für eine bessere Abgasreinigung seien inzwischen bei knapp der Hälfte der Autos abgeschlossen, sagte Merkel. Die andere Hälfte werde bis Ende 2018 abgearbeitet. Genauere Zahlen nannte sie nicht.

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Aus Sicht des Autofahrerclubs ADAC zeigt sich, dass Grenzwerte auch ohne Fahrverbote für Diesel erreicht werden könnten. Um die positive Entwicklung zu stützen, seien unter anderem die Hersteller gefordert, mehr neue Pkw der modernsten Abgasnorm Euro 6d Temp auf den Markt zu bringen. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) forderte die bundesweite Einführung einer Blauen Plakette, da sonst pauschale Fahrverbote und ein Flickenteppich kommunal unterschiedlicher Regelungen drohten.

Messgerät: Mit dieser Apparatur wird die Feinstaubbelastung der Luft erfasst.

Bund gibt eine Milliarde Euro für Maßnahmen in Kommunen frei

Die deutschen Autobauer hatten bei einem Dieselgipfel im Sommer 2017 unter anderem Software-Updates bei zusätzlichen 2,8 Millionen Autos zugesagt. Bei 2,5 Millionen VW-Fahrzeugen war dies wegen einer illegalen Software ohnehin schon angeordnet. Der Bund hat daneben einen Fonds von bis zu einer Milliarde Euro aufgelegt, um Maßnahmen in Kommunen zu fördern. Am 22. Februar steht zu möglichen Fahrverboten auch eine Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht an.

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Verringert hat sich laut Umweltbundesamt im vergangenen Jahr auch die Feinstaubbelastung in den Städten - etwa wegen günstigen Wetters. Nur in Stuttgart wurde an der Messstation am Neckartor mit 45 Tagen statt zulässiger 35 Tage über einem bestimmten Tagesmittelwert erneut der Grenzwert überschritten. Das Amt verwies allerdings darauf, dass dieser Mittelwert laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) höchstens an drei Tagen im Jahr überschritten werden sollte - an 87 Prozent aller Messstationen in Deutschland sei dies aber öfter der Fall.

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dpa

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