Uli Hoeneß rief kürzlich entzürnt beim Doppelpass an und zoffte sich mit Andreas Rettig zum Thema Katar. Nun konterte der ehemalige DFL-Funktionär.
München - Am vergangenen Sonntag wütete sich Uli Hoeneß wieder einmal in die Schlagzeilen. Der Ehrenpräsident des FC Bayern war beim Sport1-Doppelpass zwar nicht eingeladen, rief dennoch in der Live-Sendung an, als das Reizthema Katar besprochen wurde und polterte gegen die Kritiker. Andreas Rettig, der die Ausrichtung der WM im Emirat angesichts der dortigen Menschenrechtsverletzungen bemängelt hatte, wurde dabei etwa als „König der Scheinheiligen“ bezeichnet. Nun konterte der ehemalige DFL-Funktionär die Aussagen von Hoeneß.
Rettig reagiert auf Hoeneß-Wutanruf: FCB-Macher bezeichnete ihn als „König der Scheinheiligen“
Hoeneß hatte während seines Spontan-Anrufs behauptet, dass unter anderem das FC-Bayern-Engagement „dazu führt, dass die Arbeitsbedingungen für die Arbeiter dort besser werden und nicht schlechter. Das sollte man endlich mal akzeptieren und nicht ständig auf die Leute draufhauen.“ Auch meinte Hoeneß, dass man das „Land zusperren“ könne, sollte man keine Geschäfte mehr mit Ländern abwickeln, die die Menschenrechte nicht so handhaben wie die Bundesrepublik.
Die Argumentation seiner Widersacher – oder in seinen Worten „Schlaumeier“ – bezeichnete er außerdem als „unglaublich katastrophal“. Das wollte Andreas Rettig schon während der Sendung nicht auf sich sitzen lassen und titulierte den Bayern-Macher als „Botschafter von Katar“. Nun gab der ehemalige Bundesliga-Manager Spox und Goal ein Interview, in dem er genauer auf die Thematik einging.
Andreas Rettig kontert Hoeneß: „Katar-Lobbyist trifft auf Überzeugungstäter in Sachen Menschenrechte“
Für die eklatanten Abweichungen der Meinungen beim Thema Katar hat Rettig nur eine Erklärung: „Das passiert, wenn ein Katar-Lobbyist auf einen Überzeugungstäter in Sachen Menschenrechte trifft“, meint der 59-Jährige. Hoeneß hatte auch den Vergleich zu Gasexporten der Bundesrepublik gezogen, die ebenfalls aus Katar bezogen werden. Rettig sieht hier ein Problem und erklärt: „Leider werden hier unzulässigerweise die Ebenen vermischt“.
So könne das „strategisch eingesetzte Sportswashing“ Katars – einem Land „ohne Presse- und Meinungsfreiheit und massiven Menschenrechtsverletzungen“ – nicht mit „einer unverschuldet in Energienot geratenen Volkswirtschaft und deren Bekämpfen“ aufgerechnet werden. Auch Hoeneß‘ konkrete Nachfrage, ob Rettig künftig nicht mehr so warm duschen werde, entgegnete er und meinte: „Ich war noch nie ein Warmduscher“.
Hoeneß-Wutanruf im Doppelpass: Rettig reagiert und zieht Nordkorea-Vergleich
Rettig argumentierte weiter gegen die Punkte, die Hoeneß am Sonntag in schroffem Ton aufgeführt hatte. So sprach der langjährige Bayern-Manager Rettig die Expertise zum Thema ab, da dieser noch nie in Katar war. Dem entgegnet der ehemalige DFL-Geschäftsführer: „Dass er einen gut zahlenden Partner besucht, überrascht nicht. Herr Hoeneß war eventuell auch noch nicht in Nordkorea und wird das dortige Regime dennoch sicher auch nicht goutieren.“
Rettig kritisiert FC Bayern im Umgang mit Katar: „Votum der Mitglieder eher zweitrangig“
Vor allem einen Fehler sieht der langjährige sportliche Leiter des FC Augsburg. „Der größte Anteilseigner des FC Bayern sind die Mitglieder. Wenn diese ein derartiges Engagement ablehnen, ist das zu akzeptieren. Für den FC Bayern scheint das Votum seiner Mitglieder eher nachrangig zu sein“, so die Beobachtung Rettigs.
Tatsächlich hatten Fans die Vereinsspitzen in den letzten Jahren mehrfach zum Austausch zur Katar-Thematik eingeladen, teils auch zu Terminen mit Gastarbeitern aus Katar. Wie einige Mitglieder auf der letztjährigen Jahreshauptversammlung anmerkten, blieben diese unbeantwortet.
Den Grund für den zornigen Anruf des 70-jährigen Welt- und Europameisters hält Rettig für banal, Hoeneß habe „vielleicht Langeweile“ zum Hörer bewegt. Auch Hoeneß hatte seinen Anruf erklärt, seiner Meinung nach seien die Diskussionen um Katar „genau das, was wir brauchen“. (ajr)