Zisch

Demenz erschüttert das ganze Sein des Menschen

Diagnose ist ein Schock für Betroffene und Angehörige

Von Tessa Valentina  
Rosenblatt, 8e,
Friedrich-Albert-Lange-Schule

Vor zwei Jahren bekam meine Uroma Anneliese L., wohnhaft in Norddeutschland, die Diagnose Demenz. Es war schon vorher klar, dass etwas nicht stimmte – sie vergaß, den Herd auszumachen, zog sich mittags den Schlafanzug an und ging ohne Ziel aus dem Haus.

Das Bundesministerium für Gesundheit beschreibt die Demenzerkrankung wie folgt: „Am Anfang der Krankheit sind häufig Kurzzeitgedächtnis und Merkfähigkeit gestört, im weiteren Verlauf verschwinden auch bereits eingeprägte Inhalte des Langzeitgedächtnisses. Die Betroffenen verlieren so mehr und mehr die während ihres Lebens erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten. In ihrem Verlauf kommt es auch zu einer zunehmenden Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit, der Sprache, des Auffassungs- und Denkvermögens sowie der Orientierung. Somit erschüttert eine Demenzerkrankung das ganze Sein des Menschen, seine Wahrnehmung, sein Verhalten und sein Erleben.“

Dann dauerte es nicht mehr lange, bis der tägliche Besuch des Pflegedienstes nicht mehr ausreichte, um sie vor sich selbst zu schützen. Ein weiteres Problem war die Entfernung. Wir holten unsere Uroma in ein Pflegeheim in unserer Nähe nach Düsseldorf.

Corona erschwerte das Ankommen im Pflegeheim

Die Ankunft war nicht leicht. Unter Coronabedingungen musste sie die ersten zwei Wochen in Quarantäne allein in ihrem Zimmer verbringen. Es folgten gute Wochen, in denen sie am Stock mit uns durch den schönen Garten vor dem Pflegeheim spazierte, aber auch schlechte, in denen sie im Kopf durcheinander war.

Für mich war es schwer, die Besuche zu verarbeiten. Nach einigen Stürzen gab es für meine Uroma nur noch ein Leben im Rollstuhl. Selbst der Besuch einer Eisdiele war durch Bordsteinkanten nicht problemlos möglich. Auch Verlieben war noch einmal möglich. Sie sprach nur noch von ihm und wollte immer bei ihm sein.

Leider zeigte die Demenz eine weitere Seite von sich, so dass meine Uroma in den letzten drei Monaten ihres Lebens erschreckend schnell abbaute. Ihr Gesicht veränderte sich wöchentlich, mal eingefallen, mal aufgedunsen. Sie stellte das Reden ein, hatte plötzlich keinen Appetit mehr, wodurch ein großer Gewichtsverlust entstand. Bis dann auf einmal abends ein Anruf aus dem Heim kam, dass es bald zu Ende gehen würde und ich sie noch einmal sehen konnte.

Alles in allem war es eine sehr intensive, emotionale, schöne wie auch traurige Zeit. Der Rollentausch zwischen Urenkelin und Uroma war eine heftige Erfahrung für mich.

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