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Wo synthetische Kraftstoffe sinnvoll sind
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Diskussion über das Aus von Verbrennungsmotoren – Experten beziehen Stellung.
Von Christian Töller
Remscheid. Sie sind in aller Munde: E-Fuels oder auch synthetische Kraftstoffe. So verweigert die Bundesregierung aktuell in der EU ihre Zustimmung zu einem Verbot von neuen Autos mit Verbrennungsmotor ab dem Jahr 2035 und will eine Ausnahme davon durchsetzen: Verbrenner für eben jene E-Fuels.
Doch was sind diese synthetischen Kraftstoffe eigentlich? Ist ihr flächendeckender Einsatz überhaupt möglich und sinnvoll? Oder gibt es bessere Alternativen? Diese Zeitung hat mit Experten von der Bergischen Universität Wuppertal und dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie über das Thema gesprochen.
E-Fuels sind synthetisch hergestellte Kraftstoffe. Vereinfacht gesagt, entsteht aus Wasser unter Einsatz von Strom Wasserstoff. In Verbindung mit Kohlendioxid entsteht ein Kraftstoff, der Eigenschaften wie Benzin, Diesel und Kerosin haben kann. Damit E-Fuels klimaneutral sind, muss der benötigte Strom aus erneuerbarer Energie stammen, beispielsweise aus Windkraft oder Solaranlagen.
„Die Bezeichnung E-Fuels ist nur die halbe Wahrheit, weswegen die Meinungen auch geteilt sind“, erklärt Michael Tausch, emeritierter Professor für Chemie und ihre Didaktik an der Bergischen Uni. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Chemie mit Licht, die er als „zentrale Forderung im 21. Jahrhundert“ sieht. „Die Bezeichnung E-Fuels ist nicht richtig passend, da es nur eine Möglichkeit ist, synthetische Kraftstoffe herzustellen.“
Was hält der Experte von herkömmlichen Verbrennungsmotoren?
Er selbst sieht sich in der aktuellen Diskussion eher auf der Seite von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). Ein komplettes Verbot für Verbrennungsmotoren wäre aus seiner Sicht die falsche Entscheidung. „Ich halte es nicht für ratsam, die zukünftige Entwicklung nur auf eine Schiene zu setzen.“ Verbrennungsmotoren könnten auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen – mit den entsprechenden Kraftstoffen.
Zur Herstellung dieser synthetischen Kraftstoffe ist erneuerbare Energie notwendig. „Die Wichtigste ist die des Sonnenlichts“, betont Tausch. Entsprechend wichtig sei die Forschung zur Photolyse, der Wasserspaltung durch Licht. Dadurch wären bei der Umwandlung weniger Schritte nötig, was die Herstellung effektiver macht. „In dem Bereich wird sehr viel geforscht.“
Noch sei dieser Forschungszweig nicht technikreif. „Ich rechne damit, dass es in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts so weit ist“, sagt Tausch und verweist darauf, wie schnell die technische Entwicklung voranschreitet. Er ist überzeugt, „dass wir in der Lage sein werden, synthetische Kraftstoffe mit Solarlicht und Kohlendioxid herzustellen“. Noch seien allerdings einige wichtige Probleme zu lösen.
Sind E-Autos die langfristige Lösung?
Elektrofahrzeuge seien dagegen „wahrscheinlich nur eine Übergangslösung“, synthetische Kraftstoffe sinnvoller. Tausch: „Wir dürfen uns nicht darauf beschränken, was heute möglich ist.“ Solarlicht werde zukünftig global den größten Teil des Energiebedarfs decken müssen.
Aus Sicht von Dr. Karin Arnold macht der Einsatz von E-Fuels im allgemeinen Autoverkehr keinen Sinn. Da spreche die Wissenschaft überwiegend mit einer Stimme. Arnold hat Maschinenbau mit Schwerpunkt Energietechnik studiert und ist am Wuppertal Institut Co-Leiterin des Forschungsbereichs Systeme und Infrastrukturen in der Abteilung „Zukünftige Energie- und Industriesysteme“. Bei der Herstellung der E-Fuels werde „zu viel Energie aufgewendet“.
Bezahlbare erneuerbare Energien sind nicht unendlich verfügbar.
Für klimaneutrale E-Fuels müsste der Strom aus erneuerbaren Energien stammen. Dazu seien entsprechende Anlagen notwendig. „Bezahlbare erneuerbare Energien sind nicht unendlich verfügbar“, unterstreicht sie. Daher müsse auf Effizienz geachtet werden. „Wir müssen sehr genau schauen, wie man Energieträger so bereitstellt, dass man möglichst wenig Energie aufwenden muss.“
E-Fuels seien dabei „hinten in der Kette“. Solche flüssigen Energieträger seien nur dort sinnvoll, „wo ich viel Leistung und Antrieb benötige“. Das treffe auf den Schwerlastverkehr und den Luftverkehr zu. „Im Autoverkehr, bei Bussen und leichten Nutzfahrzeugen haben E-Fuels nichts zu suchen.“