Projekt

Warum einige Betriebe noch nicht ausbilden

Andreas Dummer (l.), Arzu Gül und Oliver Francke wollen KAUSA im Bergischen zum Erfolg verhelfen.
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Andreas Dummer (l.), Arzu Gül und Oliver Francke wollen KAUSA im Bergischen zum Erfolg verhelfen.

Projekt KAUSA nimmt Unternehmen mit ausländischen Inhabern in den Fokus.

Bergisches Land. Sie machen einen nicht unerheblichen Anteil der regionalen Wirtschaftsleistung aus: Unternehmen, die sich mehrheitlich oder vollständig im Besitz eines ausländischen Inhabers befinden. Mehr als 2100 davon gab es Anfang 2019 im bergischen Städtedreieck . Das Problem: Häufig weisen diese Betriebe eine unterdurchschnittliche Ausbildungsquote auf. „Dieses Potenzial möchten wir ausschöpfen“, betont Arzu Gül. Andreas Dummer und sie sind die beiden für Remscheid, Solingen und Wuppertal zuständigen KAUSA-Botschafter.

Das Akronym steht für „Koordinierungsstelle Ausbildung und Migration“. Fünf Stützpunkte für das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt gibt es in Nordrhein-Westfalen. Sie sind jeweils bei den Regionalagenturen angesiedelt. Die Organisation, die sich im Städtedreieck unter dem Dach der Bergischen Struktur- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft befindet, soll dazu beitragen, die Arbeitspolitik des Landes vor Ort umzusetzen.

KAUSA hat drei wesentliche Zielgruppen, führt Arzu Gül aus: migrantengeführte Unternehmen, die bislang nicht ausbilden, seit vielen Jahren keine Lehrlinge mehr hatte, sowie Betriebe, die zukünftig kontinuierlich ausbilden sollen. Dass es bei vielen Firmen noch Nachholbedarf gebe, habe vielfältige Gründe. Häufig bestehen falsche Erwartungen hinsichtlich Kosten und Aufwand. Hinzu kommen schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit sowie unerfüllte Voraussetzungen, um ausbilden zu können. „Das sind aber keine unüberwindbaren Hindernisse“, betont Gül.

Das bestätigt Andreas Dummer. Er möchte vor allem das Image der potenziellen Bewerber verbessern. „Die Jugend wird oft zu negativ dargestellt“, findet der 63-Jährige. Er wirbt für Perspektivwechsel und rät, nicht alle jungen Menschen nach einem unglücklichen Erlebnis in eine Schublade zu stecken.

Ein KAUSA-Schwerpunkt stelle dar, den Unternehmen hinsichtlich der zu erfüllenden Formalia zu helfen. Auch möchten Dummer und Gül sie zu Unterstützungs- und Förderangeboten informieren, in Kontakt mit Akteuren des Ausbildungssystems bringen und für Aktionen wie Schulbesuche und Berufsorientierungsmessen begeistern. „Unser System bietet unheimlich viele Möglichkeiten, die oft zu wenig bekannt sind“, betont Oliver Francke. Er leitet die hiesige Regionalagentur.

Diese Ziele spiegeln sich im Fünf-Phasen-Modell wider, das KAUSA zugrunde liegt: Zunächst gehe es darum, das System der dualen Ausbildung kennenzulernen und zu verstehen, ehe die Unternehmen die Fähigkeiten erwerben, selbst junge Menschen anlernen zu können. Es folgen das Gewinnen der Azubis, das Durchführen der Lehre und letztlich kontinuierliches, eigenständiges Ausbilden.

Gelingt das, könnte davon Signalwirkung ausgehen, hofft Arzu Gül: „Diese Unternehmen haben eine Vorbildfunktion. Sie spielen eine besondere Rolle für Beschäftigte mit Migrationshintergrund.“ Die Bandbreite sei groß. Es gehe nicht nur um Handel und Gastronomie, sondern auch um Branchen wie das produzierende Gewerbe.

Natürlich kümmern sich Betriebe wie diese bereits heute um Personal und Nachwuchs. Doch häufig laufe der Prozess eher informell ab, erläutert Arzu Gül. Familienmitglieder oder Bekannte packen mit an, ohne vorher eine anerkannte Ausbildung durchlaufen zu haben. Für die Betroffenen sei das Vorgehen problematisch, erschwert es in der Praxis den Wechsel zu anderen Arbeitgebern. Zudem verlieren Unternehmen und Wirtschaft dadurch Fachkräfte von morgen.

Im November 2022 haben Arzu Gül und Andreas Dummer ihre Arbeit aufgenommen. Derzeit bauen sie Kontakte zum Ausbildungsnetzwerk in der Region auf, führen Gespräche mit ersten Unternehmen. KAUSA läuft bis Mitte 2025. Ziel ist es, bis dahin in Zusammenarbeit mit den anderen Landesstellen Konzepte zu erarbeiten, von denen nicht nur die Wirtschaft im Bergischen Land profitiert.

Statistik

2019 haben die Industrie- und Handelskammern im Rheinland Zahl und Struktur ausländischer Unternehmen in der Region untersucht. Es ist die bislang aktuellste Auswertung zum Thema. Demnach war mehr als jede neunte Firma im erfassten Gebiet ausländisch geprägt. Unterschieden wurde zwischen im Handelsregister eingetragenen Unternehmen, die sich zu mindestens 50 Prozent im Besitz von im Ausland ansässigen Unternehmen befanden. Davon gab es Anfang 2019 im bergischen Städtedreieck 533, die meisten in chinesischer Hand. Hinzu kamen 1583 nicht im Handelsregister eingetragene Betriebe, deren Inhaber ausländischer Staatsangehöriger war. Die meisten von ihnen kamen aus der Türkei, Italien, Griechenland, Polen und Syrien.

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