Arbeitsmarkt
Können ältere Beschäftigte den Fachkräftemangel lindern?
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Zahl der Über-60-Jährigen auf dem Arbeitsmarkt steigt überproportional
Von Manuel Böhnke
Bergisches Land. In den Debatten um den Fachkräftemangel stehen vor allem junge Menschen im Fokus. Können auch ältere Erwerbstätige dazu beitragen, das Problem einzudämmen? Das scheint zumindest kurzfristig denkbar.
Laut Agentur für Arbeit Solingen-Wuppertal waren 2022 im Städtedreieck 35 609 Beschäftigte über 60 Jahre alt, davon 10 617 Minijobber. Das entspricht einem überproportionalen Plus von 58,5 Prozent seit 2011 – im selben Zeitraum stieg der Anteil der Gruppe an der Gesamtbevölkerung um 5,9 Prozent. Hinzu kamen 2022 rund 6000 Arbeitssuchende über 60 und 9626 Berufstätige, die die Regelaltersgrenze bereits überschritten hatten. Drei Viertel von ihnen waren geringfügig beschäftigt.
Für die Entwicklung sieht die Behörde mehrere Gründe. Einerseits gebe es wegen des Fachkräfte-Engpasses weniger Frührentenangebote. Vielmehr seien ältere Kräfte gesetzt, werden mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, Teilzeit- sowie Homeoffice-Angeboten gelockt. Für viele Betriebe sei das erstrebenswert, weiß Carmen Bartl-Zorn. Mit ihrer Erfahrung und Expertise seien langjährige Beschäftigte eine wichtige, schwer ersetzbare Ressource. „Sie können auch als Mentoren und Trainer für junge Arbeitnehmer dienen und ihr Wissen und ihre Fähigkeiten weitergeben“, erklärt die für Aus- und Weiterbildung zuständige Geschäftsführerin der Bergischen Industrie- und Handelskammer.
Es gibt unterschiedliche Motive, länger berufstätig zu bleiben
Für die erfahrenen Kräfte gebe es unterschiedliche Anreize, weiter berufstätig zu bleiben. Einige seien darauf angewiesen, um ihren Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Andere sehen ihren Job als „Quelle für soziale Interaktion“ und möchten einen Beitrag für die Gesellschaft leisten. Das stellt die Agentur für Arbeit ebenfalls fest. Sie verweist auf eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, wonach zwei Drittel der Beschäftigten jenseits der Regelarbeitsgrenze nicht wegen drohender finanzieller Engpässe aktiv bleiben, sondern aus Freude am Job. Auch die mentale Anforderung sowie das Gefühl, gebraucht zu werden, spielen eine Rolle.
Vor diesem Hintergrund sieht Carmen Bartl-Zorn die Gruppe durchaus als Faktor an, die steigende Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften zu decken – zumindest teilweise. Diese Möglichkeit sieht auch die Agentur für Arbeit. Es handele sich jedoch höchstens um kurzfristige Entspannung, „denn auch die älteren Arbeitswilligen werden zeitnah aus dem Berufsleben ausscheiden“. In vielen Bereichen fehle bereits heute Nachwuchs. Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, führe kein Weg daran vorbei, die duale Ausbildung zu stärken.