Umfrage
In den bergischen Unternehmen rumort es
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Privater Konsum, Energiepreise und Fachkräftemangel bereiten der Wirtschaft Sorgen.
Von Manuel Böhnke
Bergisches Land. Die nackten Zahlen machen durchaus Mut. 28 Prozent der Unternehmen im Städtedreieck schätzen ihre Situation als gut ein, 56 als befriedigend, 16 als schlecht. Damit steigt der Geschäftslageindex der Bergischen Industrie- und Handelskammer (IHK) im Vergleich zum Beginn des Jahres von 10 auf 12. Der Wert bildet die Differenz aus positiven und negativen Angaben ab. Und doch macht die gestrige Präsentation der Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage deutlich: In den hiesigen Betrieben rumort es.
„Wir sehen Licht und Schatten“, erklärt IHK-Präsident Henner Pasch. Zu kämpfen haben vor allem Branchen, die unmittelbar vom privaten Konsum abhängig sind. Dieser sei „dramatisch eingebrochen“. Das führt Pasch einerseits auf die Inflation zurück. Andererseits vermutet er, dass Immobilieneigentümer Rücklagen bilden, weil sie erwarten, aufgrund politischer Entscheidungen in die energetische Ausstattung ihres Gebäudes investieren zu müssen.
Vor diesem Hintergrund bleibt der Einzelhandel das Sorgenkind. Dort sei die Stimmung im Keller – lediglich jeder sechste Inhaber ist zufrieden, 44 Prozent vermelden Umsatzeinbußen. Dass sich ihre Situation verbessert, erwarten 16 Prozent. Auch im Großhandel und dem Gastgewerbe macht sich die verhaltene Nachfrage bemerkbar, wenngleich weniger deutlich. Im Verkehrsgewerbe hat sich die Lage leicht verbessert, Umsatz- und Ertragssituation bleiben jedoch kritisch.
Die Industrie ist überwiegend positiv gestimmt, wobei das Bild uneinheitlich ist. Knapp ein Drittel der Betriebe bezeichnet seine Lage als gut, 14 Prozent sind unzufrieden. Einige Unternehmen haben mit zurückgehenden Auftragseingängen zu kämpfen. Das betrifft vor allem konsumnahe Zweige wie die Schneidwaren- und Besteckindustrie sowie Textilunternehmen. Gut ist die Stimmung hingegen im Werkzeugbereich, wo laut IHK teilweise Vollauslastung herrscht.
Während jeder vierte Teilnehmer der Konjunkturumfrage befürchtet, dass sich die wirtschaftliche Situation in den kommenden zwölf Monaten verschlechtern wird, ist der Optimismus in der Dienstleistungswirtschaft deutlich höher. Vor allem bei IT-Unternehmen seien die Aussichten „ungebrochen positiv“.
Dass in den meisten Branchen Skepsis vorherrscht, liegt nicht zuletzt an der Kombination aus gedämpfter Nachfrage und hohen Kosten. Die Folge: negative Gewinnprognosen. „40 Prozent der Betriebe mussten in den ersten Monaten des Jahres Gewinneinbußen hinnehmen“, führte Henner Pasch aus. Das führe wiederum zu einer verhaltenen Investitionsbereitschaft – ein Problem angesichts Energiewende und Digitalisierung.
Die hohen Preise für Strom und Wärme beschäftigen alle Branchen. Etwa 80 Prozent der Industriebetriebe sehen sie als „gravierenden Risikofaktor“. Auf Dauer gefährde das die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Wirtschaft, mahnte Henner Pasch. IHK-Hauptgeschäftsführer Michael Wenge forderte: „Es muss aufhören, dass die Politik ständig neue Belastungsfaktoren findet.“
Fachkräftemangel gefährdet Qualität
Trumpf der hiesigen Betriebe bleibe die Qualität. Die gefährde jedoch der Fachkräftemangel. Mehr als die Hälfte der befragten Firmen zählt diesen zu den wichtigsten Geschäftsrisiken. „Es ist wirklich schlimm“, sagte Henner Pasch. Seine Fourtexx GmbH, ein IT-Unternehmen mit Sitz in Solingen, habe für 2023 fünf Ausbildungsstellen ausgeschrieben. Bislang besetzt: keine. In zahlreichen Firmen sei die Situation ähnlich. „Wir müssen damit rechnen, dass viele Plätze unbesetzt bleiben. Jeder davon bedeutet eine Fachkraft, die uns in der Zukunft fehlt“, skizzierte Carmen Bartl-Zorn als für Aus- und Weiterbildung zuständige IHK-Geschäftsführerin. Bislang seien sechs Prozent weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen worden als im Vorjahr.
Um sich den derzeitigen Herausforderungen zu stellen, braucht es den IHK-Verantwortlichen zufolge mehr Tempo, etwa beim Ausbau der Elektromobilität und beim Bearbeiten von Bauanträgen. Zudem forderte der für Standortpolitik, Verkehr, Öffentlichkeitsarbeit zuständige Geschäftsführer Thomas Wängler richtige Prioritäten bei Verkehrsprojekten. Im Vordergrund müsse die Instandhaltung bestehender Infrastruktur stehen. Es nütze nichts, neue Windkraftanlagen zu planen, wenn die Bauteile wegen maroder Autobahnbrücken nicht an ihrem Zielort ankommen.
Beteiligung
An der Konjunkturumfrage der Bergischen Industrie- und Handelskammer haben sich 540 Betriebe aus Remscheid, Solingen und Wuppertal beteiligt. Sie beschäftigen rund 27 300 Menschen.