Bei Remscheider Betrieb

Ab Sommer soll der erste Azubi einen Beruf lernen, den es noch gar nicht gibt

Victoria Pauli und ihr Werkstattteam: Bald soll noch ein Azubi zum Caravan- und Reisemobiltechnik dazukommen.
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Victoria Pauli und ihr Werkstattteam: Bald soll noch ein Azubi zum Caravan- und Reisemobiltechnik dazukommen.

Remscheider Autohaus Pauli möchte ab Sommer Caravan- und Reisemobiltechniker ausbilden.

Von Sven Schlickowey

Remscheid. Victoria Pauli schickt ihre Kunden gerne in ein Abenteuer. Die Wohnmobile, die sie mit ihrem Team in Remscheid verkauft, versprechen Freiheit und ein Zuhause für unterwegs, egal, wohin man kommt. Nun stürzt sich Victoria Pauli selber in einer Art Abenteuer, sie möchte in einem Beruf ausbilden, den noch gar nicht gibt. Vielleicht schon ab diesem, spätestens aber ab nächsten Sommer soll beim Autohaus Pauli der erste Azubi Caravan- und Reisemobiltechnik lernen.

„Das wird spannend“, sagt die Geschäftsführerin. „Aktuell wissen wir noch nicht einmal genau, was in der Ausbildungsordnung stehen wird.“ Selbst welche Berufsschule der zukünftige Lehrling mal besuchen soll, stehe noch nicht fest: „Es soll vier Schulen bundesweit geben, das läuft dann wohl auf Blockunterricht hinaus.“ Doch sicher sei das, knapp fünf Monate vor dem Ausbildungsstart, noch nicht. „Das ist alles noch im Aufbau.“

Trotz aller Unwägbarkeiten möchte die Firma Pauli zu den ersten Ausbildungsbetrieben für den neuen Beruf gehören. Einfach weil der Bedarf da sei, wie Victoria Pauli sagt. Die Branche boomt, die Nachfrage ist groß - doch bisher kann kein Ausbildungsberuf den spezifischen Bedarf abdecken. Campingmobile sind mehr als „nur“ Autos. Neben Motor, Getriebe und Fahrwerk gibt es Aufbauten aus glasfaserverstärktem Kunststoff, Möbel aus Holz, Küchen mit Gas-Herd, Entertainment- und Sanitärtechnik. Viele Wohnmobile verfügen inzwischen über Solaranlagen, Wlan und Sat-TV. Alles Dinge, die zum Beispiel in einer Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker gewöhnlich kaum eine Rolle spielen.

Deswegen beschäftigt das Autohaus Pauli auch Schreiner, Elektriker und Karosseriebauer. Und die Kfz-Azubis lernen neben ihren eigentlichen Ausbildungsinhalten auch die Reparatur der Aufbauten und der Technik darin. Das mache die Ausbildung abwechslungsreicher aber eben auch komplexer, gibt Victoria Pauli zu bedenken. „Wir sagen das zukünftigen Azubis schon immer beim Einstellungsgespräch.“ Trotzdem habe mindestens ein Auszubildender deswegen den Betrieb gewechselt.

Probleme, die man nicht nur in Remscheid, sondern in der ganzen Branche kennt. Deswegen hatten die Fachverbände lange für den neuen Beruf gestritten, der schlussendlich als zusätzliche Fachrichtung der Ausbildung zum Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker etabliert wurde. „Während der dreieinhalbjährigen Ausbildung wirst du zu einem echten Allroundtalent“, wirbt der Caravaning Industrie Verband (CIVD): Fachkräfte für Reparatur, Instandhaltung, Fahrzeugnachrüstung und -umrüstung seien sehr gefragt. „Mit deiner Spezialisierung stehen dir also alle Karrieretüren weit offen.“

Doch vorher liegt der Teufel wie so oft im Detail. Zum Beispiel weil es für eine neue Ausbildung naturgemäß noch keine Ausbilder gibt, die sie selber absolviert haben. Im Autohaus Pauli werde den Job vor allem Roman Ungefug übernehmen, der als Kfz-Meister bereits die Mechatroniker-Azubis ausbildet, erklärt Victoria Pauli. „Dafür erhalten wir eine Ausnahmegenehmigung.“ Zudem werde man einen Mitarbeiter einbinden, der als gelernter Schreiner eine Weiterbildung zur Fachkraft für Caravantechnik absolviert hat und sich deswegen mit Außenwänden, Möbeln und Ähnlichem auskennt.

Victoria Pauli setzt große Hoffnungen in die neue Ausbildung, mit den dann fertigen Caravan- und Reisemobiltechnikern werde man den Service weiter ausbauen, sagt sie: „Das ist mega wichtig.“ Vor allem mit Blick auf die Zukunft. Gut möglich, dass der derzeitige Boom – in den vergangenen drei Jahren wurden in Deutschland fast 300 000 Reisemobile und Caravans zugelassen, so viele wie noch nie zuvor – nicht ewig anhält. Und wenn die Nachfrage zurückgeht, werden vor allem die Betriebe überleben, die mehr können als nur verkaufen.

Hintergrund

Die Fachrichtung Caravan- und Reisemobiltechnik in der Ausbildung zum Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker/in wird ab August 2023 angeboten. Die Regelausbildungszeit wird 3,5 Jahre betragen. Als Zugangsvoraussetzung gilt ein Hauptschulabschluss.

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