Konjunkturumfrage

Wirtschaft in Solingen geht es besser als erwartet

Was braucht es, damit sich die regionale Konjunktur in den kommenden zwölf Monaten positiv entwickelt?
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Getragen wird die gute Stimmung vor allem vom Großhandel, Teilen der Dienstleistungsbranche und insbesondere der Industrie.

IHK-Umfrage: Energiepreisbremse und Co. sorgen vor allem in der Industrie für bessere Stimmung. Zumindest wenn man die Werte im Vergleich zum Herbst betrachtet.

Von Sven Schlickowey

Bergisches Land. Allen Krisen zum trotz, die Lage der Wirtschaft im Bergischen hat sich nach Einschätzung der Unternehmen zuletzt eher verbessert. Bei der Konjunkturumfrage der IHK stieg der Geschäftslagenindex von 6 im Herbst auf nun 10, er errechnet sich aus der Differenz des Anteils der Firmen, die ihre Geschäftslage „gut“ einschätzen, und denen, die sie für „schlecht“ halten.

„Die Stimmung hat sich gebessert“, sagte deswegen auch IHK-Präsident Henner Pasch bei der Vorstellung der Ergebnisse. Wies aber auch darauf hin, dass das nicht zuletzt daran liege, dass die Stimmung bei der Umfrage im Herbst besonders schlecht gewesen sei. „Damals war die Unsicherheit sehr, sehr hoch.“ Maßnahmen wie die Energiepreisbremse hätten die Situation „im Verhältnis entspannt“. Die bergischen Unternehmen wüssten jetzt immerhin wieder, wie viel sie besser sein müssten, um ihren höheren Preis zu rechtfertigen. „Das ist ja zumindest mal ein Lichtblick.“

Getragen wird die gute Stimmung vor allem vom Großhandel, Teilen der Dienstleistungsbranche und insbesondere der Industrie. Deutlich schlechter schätzen Einzelhandel und Gastronomie ihre derzeitige Lage ein, gleiches gilt für Teile der Verkehrsbranche. Wie groß die Unterschiede innerhalb der Wirtschaft sind, zeigt sich, wenn man den Geschäftslagenindex für jede Stadt ausrechnet: In Wuppertal liegt er bei 7 und in Solingen bei 11, am höchsten ist er mit 18 im industrielastigen Remscheid.

Entwicklung der Geschäftslage im IHK-Bezirk.

Besser als erwartet lief es auch bei den Unternehmensgewinnen. Es habe „signifikant Sorgen“ vor Gewinneinbrüchen gegeben, so Pasch. Doch die seien mehrheitlich ausgeblieben, wohl auch weil viele noch laufende Verträge zum Beispiel mit Energielieferanten hatten. Auch hier müsse man abwarten, für 2022 gebe es aber Entwarnung. Wichtig für die Städte und ihre Steuereinnahmen. Und wichtig für die Investitionsneigung der Unternehmen.

Die sei insgesamt zurückhaltend, hat die IHK bei ihrer Umfragen herausgefunden. „Wenn investiert wird, dann in energetische Maßnahmen“, sagt Pasch. Laut Umfrage reagieren 45 Prozent der Industrieunternehmen im Städtedreieck mit Investitionen auf die hohen Energiepreise. Zehn Prozent greifen auf andere Energieträger zurück.

Die insgesamt guten Werte seien aber nur der „Stand jetzt“, betont Pasch. Für den weiteren Verlauf des Jahres sei man „durchaus pessimistisch“. Der Großhandel profitiere zum Beispiel noch von Überhängen aus dem Vorjahr, die weitere Entwicklung müsse man abwarten.

Das gilt auch für die Beschäftigungszahlen. „Es wird sich zeigen, wie stark der Mittelstand ist“, formuliert es Henner Pasch. Laut der aktuellen Umfrage rechnen 65 Prozent der Firmen damit, dass die Zahl ihrer Beschäftigten in den kommenden zwölf Monaten unverändert bleibt. Beim Rest halten sich die, die mit weniger, und die, die mit mehr Jobs rechnen, ziemlich die Waage.

Angesichts des eklatanten Fachkräftemangels könnten sich sogar Chancen bieten, meint der IHK-Präsident: „Viele Menschen stellen sich die Frage, in was für einer Firma sie arbeiten wollen.“ Da habe der inhabergeführte Mittelstand im Bergischen sicherlich Vorteile. Seine eigene Firma bekomme inzwischen zum Beispiel wieder mehr Bewerbungen, berichtet Pasch, im Hauptberuf Geschäftsführer des Solinger IT-Dienstleisters Fourtexx. Wohl auch eine Folge der Ankündigung großer Tech-Firmen, massenhaft Jobs zu streichen.

Hinzu komme, dass sich viele Auspendler inzwischen Jobs in der Region suchen, statt in die Metropolen zu fahren, hat Carmen Bartl-Zorn, für Aus- und Weiterbildung zuständige Geschäftsführerin der IHK, beobachtet: „Das hat ja auch etwas mit Lebensqualität zu tun.“

Hintergrund

Umfrage: An der Umfrage der IHK haben diesmal 555 Mitgliedsunternehmen teilgenommen, die rund 26 000 Beschäftigte haben. Darunter 289 aus Wuppertal, 147 aus Solingen und 117 aus Remscheid.

Fachkräftemangel: Im Kampf gegen den Fachkräftemangel veranstaltet die IHK am Freitag, 3. März, ein Bewerberdating in ihrer Hauptgeschäftsstelle, Heinrich-Kamp-Platz 2 in Wuppertal. Dort werden mehr als 80 Unternehmen Ausbildungsstellen anbieten.

Standpunkt von Sven Schlickowey: Frohe Weihnachten

sven.schlickowey@rga.de

Hätte die Tour de France eine Besser-als-erwartet-Wertung, würde er auch mitfahren, hat Volker Pispers mal gesagt. Von daher darf man die positiven Signale der IHK-Umfrage wohl nicht überbewerten. Es kam halt nicht ganz so schlimm wie befürchtet. Vor allem für die energieintensive bergische Industrie haben die Maßnahmen der Bundesregierung gewirkt. Branchen, die von Binnenkonsum abhängig sind, insbesondere Einzelhandel und Gastronomie, haben nicht so viel Glück. Hier steht uns noch die Quadratur des Kreises bevor, wir müssen die Kaufkraft der Menschen erhöhen, ohne eine Lohn-Preis-Spirale auszulösen.

Einmalzahlungen vom Arbeitgeber sind bei vielen Firmen kaum drin, vom Staat scheitern sie an der Bürokratie. Und landen teils auf Sparkonten. Was vielleicht am ehesten bliebe, wären Konsumgutscheine. Wenn die Bundesregierung jetzt damit anfängt, gibt das vielleicht zu Weihnachten etwas.

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