Wir müssen uns wieder die Hand reichen
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Von Philipp Müller
In Tageszeitungen werden Fremdwörter vermieden, weil nicht für Menschen geschrieben wird, die sich gegenseitig auf die Schulter klopfen, weil sie das Wort „Euphemismus“ verstehen. Das brauchen wir aber heute und schalten kurz in den Volkshochschul-Modus. Euphemismus bezeichnet ein Wort, das als sprachlicher Ausdruck eine Person, einen Gegenstand oder einen Sachverhalt beschönigend, mildernd oder in verschleiernder Absicht bezeichnet. Warum müssen wir das mit der Irreführung wissen und gibt es Beispiele? Die Älteren erinnern sich. In den 1980ern sollte im bayerischen Wackersdorf eine Wiederaufbereitungsanlage für ausgediente Brennstäbe aus Atomkraftwerken gebaut werden. Das klang sperrig, also nahm man das Wort „Entsorgungspark“ dafür – hoffend, die Bevölkerung glaubt, die Brennstäbe würden da von allen Sorgen befreit durch einen grünen, parkähnlichen Wald marschieren – und eben nicht für eine Jahrtausende lange, strahlende Zukunft fit gemacht werden. Was hat das mit Solingen zu tun? Nichts. Auf den ersten Blick. Auf den zweiten schon. Montags nennen sich protestierende Demonstranten euphemistisch verschleiernd „Spaziergänger“ und reden von der Spaltung der Gesellschaft. Spaltung? Da kommt der Entsorgungspark ins Spiel. Moment! Da wünschen wir niemanden hin, wir reichen lieber die Hand!