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Wie lassen sich wilde Müllkippen in Solingen verhindern?
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„Schockierende Bilder“: Immer mehr Abfall wird unsachgemäß entsorgt.
Von Manuel Böhnke
Solingen. Die Zahlen sind alarmierend: 1092 wilde Müllkippen haben die Technischen Betriebe (TBS) im vergangenen Jahr beseitigt – so viele wie nie zuvor. 2017 waren es noch 548. Wie lässt sich das Problem eindämmen? Manuel Graf machte im Zentralen Betriebsausschuss in dieser Woche Vorschläge. Der Sachgebietsleiter brachte unter anderem ins Spiel, die Erreichbarkeit des Entsorgungszentrums Bärenloch sowie des Müllheizkraftwerks (MHKW) auszuweiten.
Als der Betrieb beider Anlaufstellen im April 2020 coronabedingt eingeschränkt war, erreichte die Zahl der wilden Kippen mit 154 binnen eines Monats einen neuen Höchststand. „Es besteht ein Zusammenhang zur Verfügbarkeit legaler Entsorgungsmöglichkeiten“, schlussfolgerte Manuel Graf. Die Öffnungszeiten von Bärenloch und MHKW stellen seinem Eindruck nach für Werktätige ein Hindernis dar. „Ich halte deshalb den Versuch, an bestimmten Tagen länger zu öffnen, für sinnvoll“, betonte Martin Wegner. Der Technische Leiter der TBS brachte einzelne Wochentage sowie den Samstagnachmittag ins Spiel.
Verstöße sollen wieder konsequenter verfolgt werden
Manuel Graf möchte zudem Orte in den Blick nehmen, an denen besonders häufig wilde Müllkippen entstehen. Das treffe auf Standorte von Altglascontainern zu, auf Wanderparkplätze, Außenbereiche und Gewerbegebiete ebenso. Dort landen gewerbliche Abfälle, teils giftige Substanzen, Reifen, Sperrgut. „Wo die soziale Kontrolle fehlt, bieten sich uns teilweise schockierende Bilder.“ Diese Hotspots zu identifizieren und dort gezielte Maßnahmen einzuleiten, könnte Teil der Lösung sein.
Graf brachte weitere Maßnahmen in die Diskussion ein. Denkbar wäre, ähnlich wie beim Grünschnittcontainer regionale Angebote zur Abfallentsorgung zu schaffen. Auch regte er an, die Höhe der vom Anlieferungsvolumen abhängigen Entsorgungsgebühren zu überprüfen und den Zeitraum zwischen Anmelden und Abholen von Sperrmüll möglichst gering zu halten.
Die TBS schlagen vor, den „Runden Tisch Stadtsauberkeit“ wieder ins Leben zu rufen, der „Dreck-Weg-Tag“ soll fortgeführt werden. Darüber hinaus möchte die Stadt ihr Meldewesen optimieren und Verstößen wieder verstärkt nachgehen. Dafür bestünden beim Kommunalen Ordnungsdienst nach Ende der Corona-Maßnahmen wieder mehr Kapazitäten. Die TBS und ihre Stadtbildwarte selbst dürfen keine Bußgelder verhängen. Die Aufgaben der beiden Beschäftigten: Präsenz zeigen, niedrigschwellig kontrollieren, auf legale Entsorgungsmöglichkeiten hinweisen. Denkbar sei, dafür weitere Stellen zu schaffen.
Die Politiker diskutierten weitere Ansätze. So kam der Vorschlag auf, verstärkt an den Schulen für das Thema zu sensibilisieren. Vor einigen Jahren habe man mit unterschiedlichen Maßnahmen die Öffentlichkeit auf das Problem hingewiesen, erinnerte sich Ralf Weeke. „Die Konzepte liegen noch in der Schublade.“ Der Kaufmännische Leiter der TBS schlug vor, diese zu reaktivieren und um Kampagnen in den sozialen Medien zu erweitern.
Standpunkt von Manuel Böhnke: Probleme liegen tiefer
Ist es noch zeitgemäß, dass das Entsorgungszentrum Bärenloch und das Müllheizkraftwerk unter der Woche um 15.45 beziehungsweise 16.30 Uhr schließen – und an Samstagen bereits mittags? Eher nicht. Insbesondere für Berufstätige stellen die Öffnungszeiten ein Hindernis dar. Vor diesem Hintergrund ist es eine gute Nachricht, dass die Technischen Betriebe darüber nachdenken, die Erreichbarkeit beider Anlaufstellen auszuweiten. Ob sich dieser Schritt, sollte er umgesetzt werden, in rückläufigen Zahlen wilder Müllkippen widerspiegeln wird, scheint allerdings zweifelhaft.
Welcher Normaldenkende käme schon auf die Idee, seinen Abfall oder Sperrmüll nachts im Wald zu entsorgen, weil das Müllheizkraftwerk bereits geschlossen hat? Wer so etwas tut, dem fehlt es nicht an legalen Entsorgungsmöglichkeiten, sondern an Anstand und Respekt gegenüber Natur, Umwelt und seinen Mitmenschen. Diese Werte zu vermitteln, ist eigentlich Aufgabe des Elternhauses. Wo das nicht gelingt, müssen Kindertagesstätten und Schulen einspringen.