Prozess

Volkswagen muss 17 000 Euro an Solinger zahlen

Ein Vergleich konnte gestern am Landgericht Wuppertal nicht erzielt werden.
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Landgericht Wuppertal.

ST-Leser Horst Henke klagte im Zuge des Diesel-Abgasskandals gegen den Konzern und bekam Recht.

Von Kristin Dowe

Solingen. Für Horst Henke ist das Urteil des Landgerichts Wuppertal ein Zeichen später Gerechtigkeit: Mehr als 17 000 Euro zuzüglich Zinsen muss die Volkswagen AG an den Solinger im Zuge des Diesel-Abgasskandals zahlen und den Kaufvertrag für seinen 2013 erworbenen VW Tiguan rückabwickeln. „Nach sechs Jahren rechtsmissbräuchlicher Zermürbungstaktik durch VW ist dieses Urteil erfrischend klar in der Sprache“, freut sich Henke, denn tatsächlich ist in der Begründung des Gerichts von „arglistiger Täuschung“ die Rede – dem Kläger sei „in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt worden“, heißt es darin.

Wie Zehntausende andere VW-Kunden hatten auch Henke und seine Frau mit dem SUV damals ein Fahrzeug erworben, in dem die illegale Abschalteinrichtung verbaut war. So verfügte auch der Tiguan über die berüchtigte Software, die zwischen dem Testmodus des Autos beim Tüv und der Fahrt auf offener Straße unterscheiden konnte. Durch die Technik wurde im tatsächlichen Straßenbetrieb die Filterung deaktiviert und somit deutlich mehr Schadstoffe in die Luft geblasen als gesetzlich zulässig.

Das Angebot, ein Software-Update bei dem Wagen vornehmen zu lassen, nahm Henke zwar an. „Aber das ändert ja nichts daran, dass man mich betrogen hat.“ Die Sache auf sich beruhen zu lassen, kam für ihn nicht infrage. Gleich mehrfach hätte der ehemalige Geschäftsführer des Städtischen Klinikums die Möglichkeit gehabt, einem Vergleich mit VW zuzustimmen – eine Option, die für ihn sicherlich der bequemere Weg gewesen wäre und für den sich die Mehrheit der Betroffenen entscheiden dürfte. „Es ging mir aber nicht in erster Linie ums Geld, ich wollte ein Urteil. VW soll wissen, dass sie mit dieser rechtsmissbräuchlichen Zermürbungstaktik nicht bei jedem durchkommen!“

ST-Leser strengte Einzelklage gegen VW an

Im ersten Schritt hatte er sich einer Sammelklage der Inkassodienstleisterin Financialright angeschlossen, die zunächst scheiterte. Das Unternehmen riet ihm daraufhin, sich einer von der Verbraucherzentrale geführten Musterfeststellungsklage gegen VW anzuschließen, die sich schlussendlich ebenfalls auf einen Vergleich mit dem Automobilkonzern einigte. Bei einer Zahlung von circa 5600 Euro seitens VW an ihn hätte er den Wagen behalten können. Was er ablehnte.

Um doch noch ein Urteil zu erhalten, musste Horst Henke den Weg einer Einzelklage beschreiten. „Ich habe VW schriftlich mitgeteilt, dass ich einem Vergleich nur dann zustimme, wenn er so hoch wäre wie drei Tagessätze der Betriebsrente von Dr. Winterkorn.“

Was den ST-Leser besonders ärgert: Bis zuletzt leugnete die Vorstandsebene von Volkswagen hartnäckig, von der jahrelangen gesetzeswidrigen Manipulation überhaupt gewusst zu haben. Mit dieser Behauptung hatte die Konzernspitze stets versucht, für die Schäden nicht haftbar gemacht werden zu können. Das Gericht teilte Henkes Sicht der Dinge: Es sei davon auszugehen, „dass die Beklagte gewusst hat, dass sie nicht gesetzeskonforme Produkte entwickelt und in den Umlauf gebracht hat“ – potenzielle Käufer seien vorsätzlich nicht aufgeklärt worden, um ein Wettbewerbsurteil zu erschleichen.

Seinen Tiguan hat Horst Henke inzwischen abgegeben, eine Nutzungsgebühr für die gefahrenen Kilometer wurde mit seinen Ansprüchen gegen VW verrechnet. „Damit kann ich gut leben.“

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