Zentrum für verfolgte Künste
Solinger Wortfestival in Venedig eröffnet
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Das Zentrum für verfolgte Künste nutzt die Bühne der Biennale für Kunst.
Aus Venedig berichtet Philipp Müller
Solingen/ Venedig. Schummrig war das Licht im Palazzo Abrizzi mitten in Venedig. Kühl war es auch in dem Gebäude aus der Renaissance. Das war den Gästen des Zentrums für verfolgte Künste am Dienstagabend egal. Denn es galt das Wortfestival „L’chaim – auf ein Wort“ anzukündigen, das in die Gesellschaft hell strahlen soll. Birte Fritsch, die Kuratorin des Zentrums, sprach daher auch von einem Prolog. Dazu hatte sie in einem der Salons des Palazzos Olga Grjasnowa, eine Autorin jüdischen Glaubens, und Slyvia Löhrmann, die Generalsekretärin des Vereins „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“, als Gäste an ihrer Seite.
Löhrmann machte klar, worum es bei den drei Terminen am 10., 17. und 24. Mai im Solinger Zentrum gehen werde. Es gelte, heute klar aufzuzeigen, dass es in Deutschland längst wieder jüdisches Leben gibt. Das solle auch über das Wortfestival transportiert werden. Dabei haben die Autorinnen und Autoren, die das Zentrum geladen hat, trotzt ausländischer Wurzeln oft ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland.
„Die jüdische Kultur ist sehr divers.“
So wie Olga Grjasnowa. Sie wuchs in Baku auf. Neben Aserbaidschan gab es längere Auslandsaufenthalte in Polen, Russland, Israel und der Türkei. Heute lebt die 1984 geborene Schriftstellerin in Berlin. Sie sagte im Palazzo Abrizzi, dass es nicht so einfach sei, die heutige jüdische Kultur zu benennen. „Die jüdische Kultur ist sehr divers.“
Genau diese Diversität, also Breite in der gelebten Kultur, wolle das Festjahr zu 1700 Jahre jüdisches Leben aufzeigen, erklärte Sylvia Löhrmann. Gerade junge Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland wollten sich nicht auf die Opferrolle durch die zwischen 1933 und 1945 begangenen Gräueltaten reduzieren lassen. Sie strebten nach Gleichberechtigung und Anerkennung ihrer Lebensentwürfe durch die Gesellschaft. Das Festjahr, es ist bis Juni 2022 verlängert, wolle daher auf der einen Seite diese modernen Lebenseinstellungen aufzeigen und zugleich transparenter machen. Drittes Ziel sei und bleibe die Bekämpfung des Antisemitismus, betonte Löhrmann.
Der Prolog fand im Rahmen eines Besuchs einer großen Delegation des Zentrums in Venedig statt. Dort wird das Museum zur Zeit der Biennale 2024 die Kunst und die Person (von) Boris Lurie vorstellen. Jetzt beginne die Phase, in der sich das Zentrum darum bewerbe, damit zusätzlich Teil der Biennale im Rahmenprogramm zu werden, hatte der Zentrumsdirektor, Jürgen Kaumkötter, erklärt.
2024 ist das Zentrum im Auftrag der millionenschweren Boris-Lurie-Stiftung mit Sitz in New York tätig. Sie hatte Gäste zum Prolog des Wortfestivals in den Palazzo Abrizzi eingeladen. Genau solche Begegnungen soll es dann 2024 zwischen April und September geben, um das Zentrum bekannter zu machen.
Daher gab es am Dienstagabend auch eine weitere, inhaltliche Gesprächsrunde mit Fritsch. Dabei wurde der Katalog zur Ausstellung aus dem Jahr 2021 über Boris Lurie im Zentrum vorgestellt, der Basis für 2024 sein wird. Eckhart Gillen, Kunsthistoriker und Autor, hatt drei Jahre zu Lurie geforscht. Er ist sicher, dass das Zentrum mit Venedig den richtigen Weg gehe. Lurie wurde in Riga geboren, kam während der NS-Zeit in ein Nebenlager des KZ Buchenwald und emigrierte danach in die USA. Dort war er Teil der No-Art-Bewegung. Das zu zeigen, werde spannend, meinte Gillen.
Zentrum
Museum: Seit 2015 stellt das Zentrum für verfolgte Künste nicht nur Kunst und Literatur verfolgter und verfemter sowie ermordeter Künstlerinnen und Künstler aus. Es forscht außerdem dazu und baut sein internationales Netzwerk aus:
https://verfolgte-kuenste.com
Wortfestival: Termine, Teilnehmende und Tickets unter:
https://wortfestival.verfolgte-kuenste.com/