Sicherheitsbehörden sind aufmerksam

Verfahren gegen 36-Jährigen: Solinger Neonazi kämpft in der Ukraine

Auf der Website von „Der dritte Weg“ gibt der Solinger ein Interview über seinen angeblichen Kampf in der Ukraine.
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Auf der Website von „Der dritte Weg“ gibt der Solinger ein Interview über seinen angeblichen Kampf in der Ukraine.

36-Jähriger ist Anhänger der rechten Splitterpartei „Der dritte Weg“. Staatsanwaltschaft Wuppertal beobachtet den Fall.

Von Kristin Dowe

Solingen. In martialischer Pose blickt Stephan K. in die Kamera, im Hintergrund an der Wand prangt demonstrativ ein Sturmgewehr. Auf einem anderen Foto, mutmaßlich aufgenommen in der Ukraine, sieht man den 36-Jährigen ausgestattet mit Proviant und Kampfausrüstung. Der Solinger ist laut Erkenntnissen des nordrhein-westfälischen Innenministeriums der einzige Rechtsextreme aus NRW, der sich dem Kampf gegen Russland in der Ukraine angeschlossen hat und dort derzeit gegen Putins Truppen kämpft. K. gilt als Anhänger der rechten Splitterpartei „Der dritte Weg“, auf deren Homepage er ein Interview zu seinen Beweggründen für den Schritt gibt.

Er habe nicht dabei zusehen wollen, „wie Putin dieses wundervolle Land überfällt“, gibt er sich auf der Seite edelmütig. Der russische Rechtsextremist Denis Nikitin – dieser soll laut „Spiegel“-Recherchen eine feste Größe in der Kölner Hooliganszene gewesen sein – habe ihn motiviert, sich an den Kämpfen zu beteiligen. Angeblich mit dem Flixbus brach der Solinger nach Kiew auf und befindet sich laut Ministeriumsangaben aktuell noch immer in der Ukraine.

36-Jähriger soll Symbolder SS verwendet haben

„Die Entwicklung wird von den Sicherheitsbehörden aufmerksam verfolgt und es wird fortlaufend geprüft, ob die betreffende Person möglicherweise Straftaten verübt“, teilt Maurizio Gemmer, Sprecher des NRW-Innenministeriums, auf ST-Nachfrage mit. Aktuell gebe es in Nordrhein-Westfalen eine „niedrige einstellige Zahl an Rechtsextremisten, die seit Kriegsbeginn in die Ukraine reisen, um Hilfslieferungen zu transportieren oder Berichte in sozialen Medien zu veröffentlichen“. Der Solinger Fall sei an die Staatsanwaltschaft Wuppertal zur rechtlichen Prüfung übermittelt worden.

Der Behörde liegt ein Verfahren gegen den 36-Jährigen wegen „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen“ vor, berichtet Wolf-Tilman Baumert, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wuppertal. „Der Beschuldigte soll über sein Facebook-Profil unter anderem Fotos veröffentlicht haben, die ihn als Mitglied des rechtsextremen Netzwerks Misanthropic Division zeigen. Hierbei soll auch mehrfach das Totenkopfsymbol der SS verwendet worden sein.“ Weil der Verdächtige sich zurzeit außer Landes befindet, sei das Verfahren vorläufig eingestellt worden, werde aber in jedem Fall weiter verfolgt, versichert Baumert. Darüber hinaus ermittle die Polizei wegen „Anwerbens für fremden Wehrdienst“ gegen den Mann. Er soll in Deutschland zum bewaffneten Kampf gegen Russland aufgerufen haben – was ebenfalls strafbar ist.

Derweil gilt die rechte Szene im Ukraine-Krieg als gespalten: Während laut Einschätzung von Experten ein Großteil zu Russland hält, positioniert sich unter anderem „Der dritte Weg“ aufseiten der Ukraine und ruft zu Kämpfen gegen Russland auf.

Bundesinnenministerium will verhindern, dass deutsche Extremisten sich am Krieg beteiligen

Der Politik gefällt das gar nicht. So hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zu Beginn des Krieges verkündet, deutsche Extremisten davon abhalten zu wollen, sich an kriegerischen Aktionen zu beteiligen. Zwar ist dies völkerrechtlich nicht verboten, doch dürften die Sicherheitsbehörden deutsche Extremisten, die möglicherweise im Ausland eine militärische Ausbildung genossen haben, umso aufmerksamer im Auge behalten. Auch Stephan K. berichtet auf den Seiten der Partei unverhohlen darüber, dass er zwar keinen Wehrdienst geleistet habe, „jedoch habe ich durch Kontakte die Möglichkeit gehabt, mit verschiedenen Schusswaffen zu schießen“.

Das Bundesinnenministerium erhebe aus solchen Gründen Daten über deutsche Staatsangehörige mit „Bezug zu Extremismus oder politisch motivierter Kriminalität“, teilt dieses mit. Voraussetzung sei eine „Ausreiseabsicht oder der Verdacht einer Teilnahme an Kampfhandlungen“. In solchen Fällen würden Maßnahmen ergriffen, um eine Ausreise zu verhindern.

Ob dies im Fall des Solingers schlicht nicht gelungen ist, oder ob für solche Restriktionen die Voraussetzungen nicht vorlagen, lässt Faesers Ministerium offen. „Nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls werden insbesondere Ausreiseuntersagungen sowie passentziehende Maßnahmen geprüft und bei Bestehen der gesetzlichen Voraussetzungen umgesetzt“, heißt es. Darüber hinaus könnten verdächtigen Personen Meldeauflagen oder Ansprachen gemacht werden.

Hintergrund

Zahlen: Dem Bundesinnenministerium waren bis zum 14. März 27 Personen bekannt, die zu Kampfzwecken in die Ukraine ausgereist sind oder offenbar beabsichtigten, dies zu tun. Bei einer „mittleren einstelligen Anzahl an Personen“ gebe es Erkenntnisse, dass diese tatsächlich an Kampfhandlungen teilgenommen haben oder zurzeit noch teilnehmen.

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