Ukraine-Krieg
Solinger Familie bangt um Angehörige in der Ukraine
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Alexandra Dinger und ihre Kinder halten ständig Kontakt nach Ternopil.
Von Philipp Müller
Solingen. Über den Messengerdienst Viber hält Alexandra Dinger ständig Kontakt in die Ukraine. „Am 24. Februar hat mir morgens um 5 Uhr mein Bruder geschrieben, dass der Krieg anfängt.“ Ihr Vater, ihre Mutter, viele Cousins mit ihren Familien leben in Ternopil in der Nähe der westukrainischen Stadt Lwiw. Im Sommer reiste Alexandra Dinger mit ihrem Mann und den fünf Kindern gerne in die alte Heimat. Die bedrohen jetzt russische Soldaten.
Krieg in der Ukraine: So können Sie jetzt helfen
Kontakt hat sie auch nach Mariupol, die vom russischen Militär eingeschlossene Hafenstadt am Schwarzen Meer, und in die Hauptstadt Kiew. Die Eindrücke, die sie erreichen, gleichen sich. Es herrsche Zuversicht, Präsident Putin und seine Truppen besiegen zu können. An Flucht etwa nach Deutschland oder Solingen denken offenbar die wenigsten. „Mein Vater schafft das mit 80 Jahren auch nicht mehr“, sagt Alexandra Dinger sichtlich bedrückt.
Ternopil ist mit 225 000 Einwohnern etwas größer als Solingen. Alexandra Dinger berichtet, was sie erfahren hat: Die Bevölkerung baut die Stadt jetzt zu einer Festung aus. Überall gibt es Check-Points. In einem Haus hat die Polizei 20 mutmaßliche russische Saboteure festgenommen. „Die sind überall im Land“, habe man ihr gesagt. Die Männer stehen in Schlangen vor den Büros, in denen das ukrainische Militär diese nach der Mobilmachung rekrutiert. Frauen würden Tarnnetze herstellen und Lebensmittel verpacken, die dann an die umkämpfte Front in der Ost-Ukraine geliefert werden.
Alles sei in einem Ausnahmezustand – der sei aber nicht von Verzweiflung geprägt. Den Willen der Bevölkerung solle man nicht unterschätzen. „Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion war die Unabhängigkeit der Ukraine ein Festtag.“
Die Töchter Anna und Daria erzählen auf dem Sofa bei Großmutter Gunda Dinger, dass Jugendliche von Fremden Nachrichten erhalten, sie sollen Dächer mit einer reflektierenden Farbe bemalen. Als Lohn winken umgerechnet 20 Euro. Aus Naivität hätten das einige auch gemacht – und so Ziele für die russischen Angreifer markiert. Überprüfen können sie das nicht, halten es aber auch nicht für eine Falschmeldung.
Ich finde es stark, dass die Deutschen so viel helfen.
„Ich finde es stark, dass die Deutschen so viel helfen“, sagt Alexandra Dinger. Auch sie will Flüchtlingen beistehen, wenn sie in Solingen ankommen. Die eigenen Sorgen sind dann dabei. Der Blick geht aufs Handy. Sind neue Nachrichten da?