Arbeitgeberverband
Wirtschaftsförderung soll Lotse sein
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Arbeitgeberverband fordert besseren Kontakt zwischen Unternehmen und Verwaltung.
Von Manuel Böhnke
Solingen. Horst Gabriel möchte die Wirtschaftsförderung „auffrischen“. Dieses Ziel gab der Vorsitzende des Solinger Arbeitgeberverbandes (AGV) bei der Mitgliederversammlung am Dienstagabend im Kunstmuseum aus. Dabei gehe es nicht um Personen, sondern Strukturen, stellte das CDU-Ratsmitglied im ST-Gespräch klar. Ziel sei, dass die Wirtschaftsförderung ihrer „Lotsenfunktion“ wieder stärker nachkomme. Auf dem Weg dorthin möchte der AGV die Politik begleiten.
Gabriels Wort hat in dieser Frage Gewicht – seit Jahren sitzt der Unternehmer dem Aufsichtsrat der städtischen Tochtergesellschaft vor. Er erinnerte an den Ende 2022 gestorbenen Bernd Clemens. Der frühere Wirtschaftsförderer sei mit seinem großen Wissen über Betriebe und Verwaltung der perfekte Lotse gewesen. Bei Problemen habe er schnell zwischen beiden Seiten vermitteln können.
Heute, kritisierte Horst Gabriel, seien Ansprechpartner im Rathaus häufig schwierig erreichbar. Er sprach sich für einen Wandel aus, etwa über digitale Kommunikationskanäle wie Teams und Zoom. „Dann wäre auch die Stadtverwaltung ein bisschen aus ihrem Elfenbeinturm raus und wieder mehr Ansprechpartner.“ Die Wirtschaftsförderung sieht er dabei als Bindeglied. Das entspreche dem Wunsch vieler Firmen. Auch mit Henner Pasch, Präsident der Bergischen Industrie- und Handelskammer, habe er sich intensiv über das Thema ausgetauscht.
Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) nahm den Ball auf. „Lass uns gemeinsam die besten Ideen entwickeln. Es kann nicht zu viel Diskurs geben“, rief er Gabriel vor rund 100 Zuhörerinnen und Zuhörer aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung zu. Ziel müsse sein, alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen.
Überhaupt beschwor Kurzbach in seiner Ansprache Zusammenarbeit und Gemeinsinn. Dass sich weniger Arbeitgeber in Verbänden und weniger Arbeitnehmer in Gewerkschaften organisieren, sei aus wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Sicht eine negative Entwicklung. Es brauche Partnerschaften und Diskussionen, um Kompromisse zu finden, die Deutschland nach vorne zu bringen.
„Das ist unsere ureigenste soziale Aufgabe.“
Tim Kurzbach bemängelte zu viel Formalismus und überbordende Bürokratie. Zudem sprach er über die derzeitigen Krisen. Einige seien hausgemacht, beispielsweise der Fachkräftemangel: „Wir wussten, was auf uns zukommt.“ Wer Fehler mache, müsse sie ausbaden. Deshalb appellierte Kurzbach, die Ausbildungsbemühungen zu erhöhen. Dabei nahm Horst Gabriel die Unternehmerinnen und Unternehmer in die Pflicht. Die Bereitschaft, jungen Menschen eine Chance zu geben, sei noch immer zu gering. Dabei sei es gerade das duale System, das Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit sichere.
Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels erteilte der AGV-Vorsitzende Forderungen nach einer Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich eine klare Absage. Bereits jetzt hätten die Betriebe mit personellen Engpässen zu kämpfen. „Wie soll das erst werden?“ Einer Flexibilisierung der Arbeitszeiten stehe er dagegen positiv gegenüber.
Wie in den vergangenen Jahren ermutigte Horst Gabriel die anwesenden Unternehmerinnen und Unternehmer, sich um einen Glasfaseranschluss zu kümmern, um die Chancen der Digitalisierung wahrzunehmen. Er werde darüber hinaus weiterhin neue Gewerbeflächen anmahnen – dem Bedarf der hiesigen Wirtschaft entsprechend.
Horst Gabriel ermutigte dazu, neue Ideen nicht von vornherein schlechtzureden, sondern die Initiative zu ergreifen. Der AGV und seine knapp 50 Mitglieder möchten das tun. Der Vorsitzende kündigt an, dass der Verband plant, in eine neue Kindertagesstätte in Höhscheid zu investieren. Damit möchten die Verantwortlichen dem Mangel an Betreuungskräften, der vor allem die Mitte der Gesellschaft treffe, entgegenwirken. Letztlich gehe es auch darum, betonte AGV-Geschäftsführer Michael Schwunk, Fachkräften gute Bedingungen zu bieten. Gabriel befand: „Das ist unsere ureigenste soziale Aufgabe.“
Themenseite: Bergische Wirtschaft
Auch für die Villa Kieserling neben dem Industriehaus an der Neuenhofer Straße gebe es Pläne. Dort soll Raum für Veranstaltungen und Weiterbildungen entstehen.
Zurück nach Gräfrath: Für den kulturellen Teil der Mitgliederversammlung im Meistermann-Saal war die Orchesterakademie der Bergischen Symphoniker verantwortlich. Für ihr abwechslungsreiches Konzert erhielten die Stipendiatinnen und Stipendiaten viel Beifall.
Vorstand
Die Mitgliederversammlung des Arbeitgeberverbandes Solingen brachte keine Veränderungen im Vorstand hervor. Vorsitzender bleibt Horst Gabriel (Ernst Ludwig Emde GmbH), erste Stellvertreterin Nina Tubic (Zwilling J. A. Henckels AG), zweiter Stellvertreter Sam Jordan (Raumvision by msd Immobilien GmbH) und Schatzmeister Johannes G. Berger (Robert Berger Söhne). Neu in den Vorstandsrat gewählt wurde Jessica Scharlau (Accuride Wheels Solingen Gmbh).