29. Hospiztag
Was tun, wenn ein Mensch nur noch sterben will?
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Um den Umgang mit dem Todeswunsch von Sterbenskranken drehte sich der Hospiztag des Palliativen Hospiz-Vereins. Es ging um die aktuelle Rechtslage, Hilflosigkeit, Möglichkeiten.
Von Jutta Schreiber-Lenz
Solingen. Tod, Trauer, und würdevolle Sterbebegleitung: Seit 30 Jahren holt der Palliative Hospiz-Verein diese Themen in die Mitte der Gesellschaft. „Wir denken immer in Möglichkeiten, die der betroffene Menschen mit lebensbegrenzender Erkrankung trotz des nahenden Todes hat“, sagt PHoS-Vorsitzende Cordula Scheffels: „Und versuchen, ihm die verbleibende Zeit so angenehm und schön wie möglich zu gestalten.“
Es waren Cordula Scheffels Begrüßungsworte zum 29. Hospiztag in Solingen. Nach zwei Jahren Pandemie-Pause bzw. dem Ausweichen in die Ohligser Kirche an der Wittenbergstraße, hatte der Palliative Hospizverein wieder mit großer Resonanz in die Bethanien-Kapelle eingeladen.
Kein Tabu mehr fürs Hospiz ist das Thema, um das sich der Hospiztag drehte: „Umgang mit Todeswunsch“. Prof. Dr. Raymond Voltz, Direktor des Zentrums für Palliativmedizin der Uni Köln, referierte dazu. Es schloss sich eine Fragerunde an.
In einer dichten und inhaltlich sehr intensiven Dreiviertelstunde zeigte der Experte auf, wie schwierig der Umgang mit Todeswunsch ist:
Wie ungenau die derzeitige Gesetzeslage ist.
Wie viele Fragen an der Basis im Umgang mit totkranken Menschen offen bleiben.
Und wie gerne sich vor Ort viele „wegducken“, weil sie sich von der Größe dieses Themas völlig überfordert fühlen.
Zwar gebe es pro forma Regularien - wie die, dass die Assistenz zum Suizid straffrei bliebe. „Aber dass das zum Beispiel bedeutet, dass sich Einrichtungen wie Hospize und Kliniken künftig konkret zu positionieren müssen - und dann in der Praxis natürlich trotzdem kein Mitarbeiter „verdonnert“ werden kann, diese Hilfe auch durchzuführen -, führt aktuell vor Ort oft zu Hilflosigkeit und möglicherweise dann zu Ausflüchten“, so Voltz. Der Satz im Gesetzestext, dass diese Assistenz aber „nicht zur Normalität werden soll“, sei an Ungenauigkeit kaum zu überbieten.
Sterbehilfe: Nur wenige wünschen wirklich Sterbe-Assistenz
Prof. Voltz´ Fazit als Hinweis an die anwesenden Haupt- und Ehrenamtler im palliativen Bereich: „Bauen Sie Strukturen auf, stellen Sie sich im Team dem Thema, und haben Sie vor allem viel Toleranz untereinander.“
Die interessiert-lebhafte Frage- und Statement-Runde nach seinen Ausführungen machte zwar deutlich, dass sich maximal 1 Prozent der Sterbenskranken trotz zunächst gegenteiliger Äußerung am Ende wirklich Sterbe-Assistenz wünschen. Voltz: „Für die Menschen, die dieses eine Prozent bilden, bedeutet Würde eben auch, ernstgenommen zu werden in ihrem ehrlichen Todeswunsch. Da braucht es echte Angebote und keinen Verschiebebahnhof von Zuständigkeiten.“
Vorher hatten auch Oberbürgermeiste Tim Kurzbach, Franz-Josef Schönauen, Unternehmer und selbstbeschriebener „Automobiler“ als diesjähriger Hospiztag-Schirmherr sowie Pastorin Friederike Meißner vom Begleitenden Dienst in Bethanien Grußworte und tiefgängige Gedanken mit dem Auditorium geteilt.
Sie alle drückten ihre Dankbarkeit für das von PHoS geklebte „Licht“ in die Gesellschaft hinein aus. Für Tim Kurzbach ist es Erinnerung und Mahnung, dass man die alltäglichen Tagessorgen sehr hoch hänge - „zwischenmenschliche Wärme und gegenseitige Fürsorge, die Kraft bis in den Tod hinein gibe aber zu gering schätzt“.
„Nicht erst im Angesicht des Todes Wärme und liebevolles Miteinander praktizieren“
Dr. Harald Bannies, einmal mehr Moderator der Veranstaltung, wünschte sich, dass man nicht erst Angesicht des Todes diese Wärme und das liebevolles Miteiander praktiziere. Auch Prof. Dr. Raymond Voltz merkte an, dass „im Gesundheitswesen zwar eingesetzte operative und diagnostische Technik bezahlt werden, aufklärende und begleitende ärztliche Gespräche aber kaum bis gar nicht“.
Hintergrund: Palliatives Hospiz Solingen
Seit 30 Jahren widmet das Palliative Hospiz Solingen seine Aufmerksamkeit sterbenden Menschen und deren Angehörigen. Fachlich qualifizierte Ehrenamtliche und Hauptamtliche begleiten Sterbende und ihre Angehörigen mit dem Ziel der Erhaltung und Verbesserung der Lebensqualität in der Zeit des Abschiednehmens, sei es ambulant oder im stationären Hospiz-Haus: www.hospiz-solingen.de.