Verkehr

Wann kommt das neue Linienbusnetz?

Der Graf-Wilhelm-Platz ist ein wichtiger Knotenpunkt im Solinger Linienbusnetz. Für eine deutliche Erweiterung des Angebotes müsste er umgebaut werden.
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Der Graf-Wilhelm-Platz ist ein wichtiger Knotenpunkt im Solinger Linienbusnetz. Für eine deutliche Erweiterung des Angebotes müsste er umgebaut werden.

Kürzere Takte, neue Verbindungen, größere Busse und eine attraktivere Infrastruktur: Der neue Nahverkehrsplan ist so gut wie beschlossen. Wann sich was ändern könnte.

Von Andreas Tews

Solingen. Kürzere Takte, neue Verbindungen, größere Busse und eine attraktivere Infrastruktur sollen dazu beitragen, dass sich die Fahrgastzahlen in den Solinger Linienbussen bis 2030 verdoppeln. So sieht es der vom Stadtrat beschlossene Nahverkehrsplan vor. Ob dieses Ziel zeitlich realistisch ist, bezweifeln unter anderem Verkehrspolitiker der CDU. Die Grünen hingegen wollen an den ehrgeizigen Plänen festhalten. Entsprechend vorsichtig äußern sich angesichts dieser politischen Auseinandersetzungen die Fachleute im Rathaus.

„Der Nahverkehrsplan ist kein scharfes Schwert“, erklärt die zuständige Abteilungsleiterin Viviane Stölting. Er sei zunächst nur eine „planerische Willenserklärung“ und zeige, wo der Weg hinführen solle. Konkreter werde es demnächst mit dem Öffentlichen Dienstleistungsauftrag, den die Stadt dem Verkehrsbetrieb der Stadtwerke für die kommenden 15 Jahre erteilen will. Darin werde unter anderem geregelt, wann der Frühverkehr neu organisiert oder das Liniennetz umgestellt werde. Diesen Auftrag wird die Politik wohl im Juni beschließen. Gelten soll er ab Anfang 2024. Was sich zu welchem Zeitpunkt ändern werde, ist noch nicht abzusehen.

Neuer Nahverkehrsplan: Spagat zwischen Nachhaltigkeitsstrategie und realen Möglichkeiten

Mit diesen Überlegungen werde man nach den Osterferien beginnen, sagt Stölting. Sie räumt ein: Dies werde ein Spagat zwischen den Zielen der Nachhaltigkeitsstrategie, die eine deutliche Stärkung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) fordert, und den realen Möglichkeiten. Skeptiker in der Politik halten den Nahverkehrsplan bei der derzeitigen finanziellen Ausstattung des ÖPNV für kaum umsetzbar.

Nahverkehr: Das könnte als Erstes umgesetzt werden

Für realistisch hält es Stölting, dass als erstes solche Veränderungen umgesetzt werden, für die keine großen Investitionen in neue Fahrzeuge oder die Infrastruktur nötig seien. Hierzu zählt sie unter anderem den Ohligser Cityring und die im Nahverkehrsplan angedachte Südtangente. Beides solle zwar eigentlich mit einem Ausbau der Haltestellen einhergehen. Möglich wären diese Fahrplanänderungen aber zunächst auch mit der vorhandenen Infrastruktur.

Wahrscheinlicher sei, dass sich zum 1. Januar 2024 einiges bei der Angebotsqualität verbessern werde. Pläne dafür gab es laut Stölting bereits vor dem Ratsbeschluss zum Nahverkehrsplan. Unter anderem betreffe dies die Sauberkeit in den Bussen. Außerdem werde bei der Pünktlichkeit genauer registriert, wo es Probleme gebe. Daraus sollen dann Verbesserungen abgeleitet werden.

Wann hingegen die im Nahverkehrsplan angeführten Doppelgelenkbusse kommen, die Platz für mehr Fahrgäste bieten, sei noch offen, räumte Stölting ein. Dies sei einer der Punkte, der mit größeren Investitionen verbunden sei. Diese Fahrzeuge müssen nicht nur gekauft werden. Für sie müsse unter anderem auch der zentrale Busbahnhof auf dem Graf-Wilhelm-Platz umgebaut werden.

Ganz oben auf der Prioritätenliste des Nahverkehrsplans steht die Schaffung eines „Premiumbusnetzes“

Ganz oben auf der Prioritätenliste des Nahverkehrsplans steht auch die Schaffung eines „Premiumbusnetzes“. Dies besagt, dass die Linien 681 und 682 künftig tagsüber im Fünf-Minuten-Takt und insgesamt im 24-Stunden-Betrieb verkehren sollen. Auf einer Osttangente sollen die Busse zwischen Gräfrath und Krahenhöhe tagsüber im Fünf-Minuten-Takt fahren. Stölting erklärt: Bei der Prioritätenliste hätten sich die externen Planer vor allem daran orientiert, welche Bedeutung die Vorschläge für das Busnetz hätten und welche Wirkung mit ihnen zu erzielen sei. Doch selbst in dem ehrgeizigen Planwerk werden diese Veränderungen nur als mittelfristig umsetzbar eingestuft.

Das bedeutet: Was im Nahverkehrsplan als wichtig eingestuft wird, könnte trotzdem wegen der Rahmenbedingungen erst später umgesetzt werden. Ein Plan B besagt, den Ausbau des Busliniennetzes bis 2035 zu strecken. 

Strategie und Planung

Nachhaltigkeitsstrategie: Die Nachhaltigkeitsstrategie soll in Bereichen wie Klimaschutz, Wirtschaft und soziale Gerechtigkeit als Leitfaden dafür dienen, dass die Stadt die Zukunft aktiv gestaltet und nicht von der Substanz lebt. Ein Ziel ist, den Anteil des Busverkehrs am Personenverkehrsaufkommen bis 2030 von 15 auf 30 Prozent zu verdoppeln.

Nahverkehrsplan: Daran haben sich die Autoren des Nahverkehrsplans orientiert. Sie halten es für nötig, die jährliche Leistung der Linienbusse von 4,4 Millionen auf 10,9 Millionen Kilometer zu steigern.

Kommentar von Andreas Tews: Anspruch und Realität

andreas.tews@solinger-tageblatt.de

Die Vorgabe der Stadt an die Planer war klar: Sie sollten zeigen, was zu tun ist, um das Fahrgastaufkommen im Solinger Buslinienverkehr zu verdoppeln. Von Bezahlbarkeit war keine Rede. Entsprechend sieht das Ergebnis aus: Doppelgelenkbusse sollen in einem „Premiumnetz“ rund um die Uhr durch die Stadt fahren und die Haltestellen der Hauptlinien tagsüber im Fünf-Minuten-Takt anfahren.

Die Kosten summieren sich allein in der ersten Umsetzungsphase auf 4,9 Millionen Euro – pro Jahr. Woher das Geld in Zeiten kommen soll, in denen die Stadt schon 3 Millionen zuschießen muss, um den Status quo zu halten, ist ein Rätsel. Anspruch und Realität klaffen weit auseinander.

Die Stadt und der Verkehrsbetrieb werden einen Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs nicht alleine stemmen können. Wenn es der Bund und das Land mit der Verkehrswende ernst meinen, reicht es nicht, öffentlichkeitswirksam ein „Deutschlandticket“ einzuführen. Wichtiger ist, das Angebot zu verbessern und dies auch durchzufinanzieren.

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