ST vor Ort
Vieh: Anschluss Scheuren lässt weiter auf sich warten
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Ein Unternehmer kritisiert das langwierige Verfahren deutlich. Das Vorhaben würde mehr als eine Million Euro kosten.
Von Manuel Böhnke
Solingen. Jörg Püttbach findet deutliche Worte. „Es ist einfach nur enttäuschend“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter der BIA-Gruppe. Der Automobilzulieferer hat seinen Sitz im Gewerbegebiet Scheuren. Seit Jahren spricht sich Püttbach für Pläne aus, die Fläche an die Viehbachtalstraße anzubinden. Getan hat sich bislang nichts.
Der aktuelle Stand des Projektes stammt aus dem Herbst 2021. Seinerzeit informierte die Verwaltung über Abstimmungen mit Straßen NRW. Diese seien notwendig, erklärt Stadt-Sprecherin Sabine Rische, da der Landesbetrieb als Baulastträger verantwortlich ist. Die Stadt habe vergangenes Jahr überarbeitete Pläne vorgelegt, eine „abschließende Stellungnahme“ stehe aus.
Es ist vorgesehen, dass das Gewerbegebiet eine Zufahrt von der Norbertstraße auf die Viehbachtalstraße in Richtung Ohligs erhält. Mehr als eine Million Euro würden die Bauarbeiten kosten. Um den Anschluss zu realisieren, wäre es nötig, Flächen privater Eigentümer zu erwerben. „Es wurden Gespräche geführt mit dem Ergebnis, dass es eine grundsätzliche Verkaufsbereitschaft gibt“, sagt Rische.
Die Argumente für die Maßnahme liegen für Jörg Püttbach auf der Hand. Die Verkehrssituation würde sich nicht nur für die im Gewerbegebiet Beschäftigten, sondern auch für die dortigen Betriebe sowie die Anwohner entspannen. „Weniger Feinstaub, weniger CO2, geringere Belastung der Straßenbeläge. Diese Vorteile für alle sind längst bekannt, daher hat der Rat auch Gelder für die Planung freigegeben. Vor Jahren! Doch es passiert nahezu nichts“, erklärt der Unternehmer.
„Gibt es nicht wichtigere Projekte?“
Zudem bemängelt er: „Informationen zum Planungsstand gibt es keine. Wenn man nachfragt, bekommt man ausweichende Antworten. Wann wird endlich gebaut?“ Beantworten kann die Stadt diese Frage nicht. Ein Zeitplan sei nicht absehbar. Straßen NRW müsse den Plänen erst zustimmen, damit Planungsrecht geschaffen werden kann.
Alle Folgen der Serie „ST vor Ort“
„Nicht zuletzt an diesem Projekt zeigt sich, dass die Corona-Pandemie Planungs- und Abstimmungsprozesse deutlich erschwert“, erklärt Sabine Rische. Hintergrund: Im April 2019 sprach sich Straßen NRW gegen die vorgelegten Pläne aus. Die Stadt besserte nach und präsentierte im August 2020 eine überarbeitete Version – nachdem laut Rathaus-Angaben einige Gespräche coronabedingt abgesagt wurden. Bei dem Termin vor knapp zwei Jahren stimmte der Landesbetrieb grundsätzlich zu, gab der Verwaltung jedoch einige Hausaufgaben mit auf dem Weg. Die erneut überarbeitete Planung muss nun final abgenickt werden.
Kritik an dem langwierigen Prozess kommt auch aus der Politik. „Das ist nicht das einzige Projekt, das hängt“, betont Marc Westkämper (CDU). Der stellvertretende Bezirksbürgermeister von Ohligs, Aufderhöhe und Merscheid spricht sich für einen zeitnahen Anschluss Scheurens aus. Neben dem angedachten Kreisverkehr an der Bonner Straße und digitaler Ampelschaltung sei die Maßnahme wichtig, um den Verkehrsfluss im Solinger Westen zu verbessern.
„Gibt es nicht noch wichtigere Projekte?“, fragt dagegen Christian Busch. Der Chef des Modeunternehmens Walbusch, das wie BIA in Scheuren ansässig ist, verweist unter anderem auf die „schwierige Finanzlage auf allen Ebenen und die vielen aktuelle Herausforderung“. Zudem sei die Anbindung topographisch kein Selbstläufer. Busch gibt zu bedenken, dass die Viehbachtalstraße „nie an die A 3 angebunden“ werde und ein Anschluss Scheurens nur in westlicher Richtung möglich sei.
Der Unternehmer räumt ein, die positiven Wirkungen des Projekts nicht abschätzen zu können. Eine Notwendigkeit für das Vorhaben scheint seitens seiner Firma zumindest nicht zu bestehen: „Wir planen keine weiteren Baumaßnahmen in absehbarer Zeit, die zu höherem Verkehrsaufkommen führen würden.“
Serie
Eine Woche lang ging es in der Serie „ST vor Ort“ um Merscheid. Der Beitrag über die Anbindung des Gewerbegebiets Scheuren an die Viehbachtalstraße markiert den Schlusspunkt. Die Reihe geht jedoch weiter: Ab Montag steht Solingens nördlichster Stadtteil Gräfrath für eine Woche im Mittelpunkt. Thema wird unter anderem der Verkehr durch den historischen Ortskern.