Cobra
Tanztheater 55+ macht Macbeth zur blutrünstigen Show
- 0 Kommentare
-
Feedback
schließen
- Weitere
Tanztheater 55+ bot eine Aufführung zum Nachdenken. Auf jeden Fall lieferte sie viel Diskussionsstoff zu einem nie enden wollenden Thema.
Von Jonathan Hamm
Solingen. Neu ist das Drama, das am Freitagabend im Theater und Konzerthaus Solingen aufgeführt worden ist, nicht. Forscher vermuten, dass William Shakespeare „Macbeth“ zu Beginn des 17. Jahrhunderts fertiggestellt hat. Doch auch knapp 400 Jahre später hat die Geschichte nichts an Aktualität eingebüßt. Das das Tanztheater 55+ „Meine Zeit – ein Raubtier“ führte es jetzt im Pina-Bausch-Saal als eine Produktion der Solinger Cobra auf.
Das Stück bestand aus einer Mischung von Tanz- und Spielszenen und verdeutlichte den Zuschauern den schmalen Grat zwischen Harmonie und Hektik, Schreien und Stille. Eine Stunde lang zog der neu interpretierte Klassiker die Zuschauer in seinen Bann.
„Das Theaterstück ist für die augenblickliche Zeit sehr bezeichnend“, erklärte Schauspielerin Almut Urban am Rande der Aufführung. Macht, Tod und Gewalt – die Themen, die in „Macbeth“ behandelt werden, seien zeitlos. „Es geschieht immer wieder“, sagte sie.
Unter der Leitung von Marcus Grolle und Renate Kemperdick setze sich das Tanztheater 55+ auf der Bühne mit den Komplexen Machtstreben, Unterdrückung und Gewalt auseinander. Dabei wurde das Drama Shakespeares als künstlerische Inspiration genutzt, um es auf seine aktuelle politische Bedeutung zu untersuchen. Passender hätte der Zeitpunkt der Darbietung nicht gewählt sein können.
„Heute ist ein entscheidender Tag“, stellte Almut Urban fest, denn der Tag der Aufführung markierte auch den ersten Jahrestag des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. „Es ändert sich einfach nichts“, bedauerte Schauspielerin Margit Germeshausen. Die blutrünstige und brutale Geschichte eines überehrgeizigen und machtgierigen Menschen sei zeitlos. Daher sei es das Ziel des Projektes mit seinen 22 Schauspielerinnen und Schauspielern im Alter von 55 bis 73 Jahren, ein Plädoyer für Respekt, Diversität und Frieden zu sein.
Beklemmende Parolen und Bilder zeigen auf Ukraine-Krieg
Diese Stellungnahme gegen Krieg und Gewalt war allgegenwärtig: schwarze Kleidung, in Kunstblut getauchte Hände und blutrote LED-Stäbe. Der Pina-Bausch-Saal wurde in ein dunkles Ambiente gehüllt und eine düstere Stimmung erzeugt. Eine Videoleinwand und eine immer wiederkehrende maschinenartige Geräuschkulisse vervollständigten das Ambiente.
Die Bewegungen der Schauspieler waren roboterartig, ruckartig und rauschartig. Die gebrüllten Parolen wie: „Heil“, „Sieg“ und „Krieg“ wirkten dabei beklemmend vertraut – und aktuell.
Als der Applaus verebbte, begann das Gemurmel: Viel gab es zu diskutieren. „Toll“, „imponierend“ und „sehr blutrünstig“ waren die Reaktionen zweier Zuschauerinnen.