Strafzumessung

Strafmaß bei Sexualstraftaten: So beurteilt ein Richter die Unterschiede

Richter Arnim Kolat. Foto: Landgericht Wuppertal
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Richter Arnim Kolat.

Richter Arnim Kolat über Strafzumessung bei Sexualstraftaten.

Solingen. Über eine angemessene Strafzumessung wird insbesondere bei Sexualstraftaten in den sozialen Netzwerken oft hitzig diskutiert. Dies zeigte sich zuletzt auch anhand von zwei Solinger Fällen, deren Urteile vor dem Landgericht Wuppertal von vielen Lesern kontrovers aufgenommen wurden. In dem einen Fall handelte es sich um die einmalige Tat eines 34-jährigen Mannes, der ein 16-jähriges Mädchen vergewaltigt hatte, als dieses bei ihm übernachtete. Das Gericht verhängte eine Haftstrafe von sieben Jahren für den Täter.

Für ebenfalls großes Entsetzen sorgte der Fall eines 39-jährigen Mannes, der sich über Jahre in zahlreichen Fällen des sexuellen Missbrauchs an seinen beiden Kindern, eine 13-jährige Tochter und ein 10-jähriger Sohn, schuldig gemacht hatte. Zu den Vorwürfen hatte der Angeklagte umfängliche Angaben gemacht und so seinen Kindern eine Aussage bei Gericht erspart. Das Urteil: eine Haftstrafe von sechs Jahren und drei Monaten. Insbesondere beim Vergleich der beiden Fälle war für viele Leser das Verhältnis bei der Strafzumessung ins Wanken geraten, wie Diskussionen bei Facebook zeigten. Sie vermuteten einen „Kronzeugenrabatt“, den der Vater mit Blick auf das vergleichsweise milde Urteil erhalten hatte.

Davon könne allerdings keine Rede sein, macht Arnim Kolat, vormaliger Sprecher des Landgerichts Wuppertal, deutlich: „Einen Rabatt kann sich bei Gericht niemand erkaufen. Allerdings kann der Täter auch durch sein Verhalten bei Gericht dazu beitragen, dass die Tat insgesamt in einem günstigeren Licht erscheint. Beispielhaft ist hierfür, dass er ein umfassendes Geständnis ablegt. Das verkürzt nicht nur das Verfahren, sondern ist gerade auch für die Geschädigten von Bedeutung. Der Umstand, dass der Täter sich zu der Tat bekennt und seine Motive offenlegt, ist nämlich ein wichtiger Baustein dabei, die Sache zu verarbeiten und mit ihr abzuschließen. Dies gilt insbesondere für Opfer von Gewalt- oder Sexualstraftaten.“

Von Aufklärungshilfe im juristischen Sinne spreche das Gericht allerdings nur, wenn der Täter zur Aufklärung anderer Straftaten als seiner eigenen beiträgt. Dies könne im Urteil dann unter Umständen tatsächlich strafmildernd berücksichtigt werden.

Grundsätzlich sei es aber geradezu unmöglich, zwei Taten und deren Urteile miteinander zu vergleichen, da jeder Fall – und so auch die beiden genannten Beispiele aus Solingen – höchst individuell sei und eine Vielzahl von Faktoren bei der Urteilsbildung berücksichtigt werden müsse, so Kolat. So sei der gesetzlich festgelegte Strafrahmen immer Ausgangspunkt für die Strafzumessung, die etwa bei einer Vergewaltigung zwischen zwei und 15 Jahren Freiheitsstrafe liege. „Innerhalb dieses weit gefassten Rahmens muss das Gericht in jedem Einzelfall die Strafe tat- und schuldangemessen ermitteln.“

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