Abwasser
Stadt prüft Vorgehen bei Abwassergebühren
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Vorerst werden keine Bescheide mehr zu Abwassergebühren verschickt. Die Stadt reagiert damit auf ein Gerichtsurteil. Bürger könnten sogar Geld zurückbekommen.
Von Björn Boch
Solingen. Die Solinger Stadtverwaltung prüft aktuell, wie sie auf das Gerichtsurteil über zu hohe Abwassergebühren reagieren wird. Die sehr komplexe Begründung des Urteils liege erst seit Montagabend vor, erklärte Stadtsprecherin Sabine Rische auf Tageblatt-Anfrage. „Wir werden nun umfassend prüfen und auch weitere Experten wie Wirtschaftsprüfer und Juristen hinzuziehen.“
Erst danach könne sich die Stadt dazu äußern, wie die Gebührenkalkulation künftig aussehe. Rische kündigte aber an: „Weitere Bescheide werden erst nach Abschluss der Prüfung in angepasster Form versandt.“ Ralf Weeke, Kaufmännischer Leiter der Technischen Betriebe Solingen (TBS), erklärte am Donnerstagabend im Finanzausschuss, dass die TBS neue Gebührenbedarfsberechnungen nach den Sommerferien vorlegen wollen. Er rechnet mit einer Entlastung für die Bürger. Die Auswirkungen für jeden Einzelnen sowie auf die Bilanz der TBS und damit eventuell auf den städtischen Haushalt seien aber noch nicht abzusehen.
Von dem Urteil sind alle Kommunen in NRW betroffen: Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte Mitte Mai festgestellt, dass die Abwassergebühren über Jahre auf Basis einer falschen Grundlage berechnet worden seien.
Erst im November wurden die Gebühren für Abwasser und Müllabfuhr in Solingen erhöht
Zum einen kritisierten die Richter, dass die Gebühren die Kosten überstiegen – im Gegensatz zu Steuern dürfen die gesamten Einnahmen einer Gebühr nicht höher sein als die Kosten für ihre Erbringung. Zum anderen sei ein zu hoher Zinssatz berechnet worden.
Der Eigentümerverein Haus und Grund Solingen-Ohligs hatte zum Widerspruch gegen Bescheide geraten – ein solcher Widerspruch muss in der Regel binnen eines Monats erfolgen. „Mit vielen Bescheiden, die in diesem Jahr bisher verschickt wurden, wurde zunächst nur die Höhe der Abschläge mitgeteilt“, erklärte Stadtsprecherin Rische. Es werde geprüft, welchen Rechtscharakter diese Abschlagsbescheide haben. Anders verhalte es sich bei endgültigen Bescheiden: Sollte bereits ein solcher auf Basis des tatsächlichen Frischwasserverbrauches vorliegen, sei er nach Ablauf eines Monats rechtskräftig und könne nicht mehr geändert werden.
Zu hohe Zinsen sind nicht nur bei Abwassergebühren angesetzt worden.
Formalrechtlich sei das zwar richtig, erklärte Dr. Hans Reinold Horst, 1. Vorsitzender von Haus und Grund Solingen. Es werde aber zu Ungleichbehandlungen kommen, wenn manche Bescheide aus 2022 Bestand hätten und andere nicht. Im Sinne des Bürgerservices und der Abrechnungsgerechtigkeit bitte er die Stadt, die Bescheide ohne Rücksicht auf laufende Rechtsmittelfristen zu prüfen, die Abwassergebühren neu zu kalkulieren, neue Bescheide zu erstellen und Zahlungen in den Abschlägen zu verrechnen.
Das fordert auch die FDP. „Es wäre wünschenswert, wenn die Stadt das Urteil auch rückwirkend berücksichtigen wird, damit sich die Bürgerinnen und Bürger den Widerspruch beziehungsweise den Klageweg sparen können“, erklärte Jürgen Albermann, Fraktionsvorsitzender der Solinger FDP. Die zu hohen Zinsen, seien zudem nicht nur bei den Abwassergebühren angesetzt worden. Auf Anfrage seiner Fraktion sagte Weeke im Ausschuss, dass Auswirkungen im geringerem Ausmaß auch auf andere Gebühren möglich seien.
Auf ein weiteres Problem macht Haus und Grund Solingen-Ohligs aufmerksam: Der Verein appelliert an alle Kommunen, mit dem Versand auf keinen Fall abzuwarten, bis es neue Berechnungsregeln gibt: „Vermieter dürfen die Betriebskosten nur 12 Monate lang gegenüber Mietern abrechnen. Dazu brauchen sie die Gebührenbescheide“, so der Vorsitzende Max Schunke.