Engagement
So setzen Solinger Vereine Geldauflagen ein
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Gemeinnützige Einrichtungen werden von Gerichten unterschiedlich bedacht.
Von Kristin Dowe
Solingen. In der Justiz sind Geldauflagen ein probates Mittel, um die Voraussetzungen für die Einstellung eines Strafverfahrens zu schaffen. Auch werden solche Geldstrafen häufig im Rahmen von Bewährungsaufsichtsverfahren verhängt. Rund 40 000 Euro an Geldauflagen flossen im Schnitt 2022 infolge von Entscheidungen des Amtsgerichts Solingen an gemeinnützige Organisationen. Der Betrag sei in den vergangenen Jahren schwankend gewesen, erklärt Direktor Markus Asperger.
„Naturgemäß werden bei der bisherigen Praxis nicht alle gemeinnützigen Einrichtungen gleichmäßig bedacht. Große Organisationen, die allgemein bekannt sind oder gut für sich werben können, sind gegenüber kleinen oder unbekannten Organisationen sicherlich tendenziell im Vorteil.“ So sei die Frage, wer die Entscheidung über Geldauflagen treffen solle, in der Vergangenheit häufig Gegenstand rechtspolitischer Diskussionen gewesen, so Asperger. Prinzipiell suche die Staatsanwaltschaft die Organisation aus, sofern sie das Ermittlungsverfahren führt, während dies bei gerichtlichen Verfahren die zuständige Richterin oder der Richter entscheide.
Einrichtungen können Gelder nicht fest einplanen
Das Recherchezentrum Correctiv hat die Empfänger von Geldauflagen für die Jahre 2007 bis 2021 nach Städten ausgewertet. In der Klingenstadt erhielt der Solinger Ortsverband des Deutschen Kinderschutzbundes demnach mit 111 390 Euro den größten Anteil im genannten Zeitraum – gefolgt vom Kinderhospizdienst im Caritasverband Solingen-Wuppertal mit 46 195 Euro und dem Verein für körper- und mehrfachbehinderte Menschen Solingen mit 37 450 Euro.
Fest einkalkuliert würden die Zuwendungen aus Geldauflagen beim Kinderschutzbund nicht, versichert die Vorsitzende des Solinger Ortsverbandes Ruth Karschewsky-Klingenberg. Das Geld werde für unterschiedlichste soziale Zwecke eingesetzt – von Hausaufgabenbetreuung im Offenen Ganztag an Schulen über Weihnachtsgeschenke für Kinder im Rahmen von begleiteten Umgängen bis hin zu Büchern, Schreib- und Bastelmaterial für Kursangebote.
Auch beim DRK-Kreisverband Solingen sehe man diese Einkünfte eher als unverhoffte, willkommene Finanzspritze denn als fest einkalkulierbare Größe an, berichtet dessen Geschäftsführer Dr. Thorsten Böth. In den vergangenen zehn Jahren seien es im Schnitt circa 1000 Euro im Jahr gewesen – 2022 ging der Kreisverband dagegen leer aus. „Wir würden uns freuen, hier in einem höheren Maße eine Unterstützung zu erhalten“, so Böth. „Hinzu kommt, dass wir ohnehin die Justiz schon sehr unterstützen. Die Strafvollstreckungsbehörden können nämlich einer verurteilten Person gestatten, eine uneinbringliche Geldstrafe durch freie Arbeit zu tilgen. Hier arbeitet das DRK Solingen als Anlaufstelle seit Jahren mit den Justizbehörden in Solingen und Wuppertal eng zusammen, indem auferlegte Arbeitsstunden in unserem Kreisverband abgeleistet werden können.“
In der Betreuung der Verurteilten sehe das DRK Solingen „eine wichtige soziale und pädagogische Aufgabe“, die viel Zeit und Personal koste und vom DRK selbst finanziert werden müsse. Unter anderem flössen Einkünfte aus Geldauflagen in die Kleiderkammer oder in die Aufrechterhaltung der ehrenamtlichen Aufgaben in Solingen.
Auch für Dr. Stephanie Weber, Sprecherin der Lebenshilfe Solingen, „dürfte es gerne etwas mehr sein“. So habe der Verein Lebenshilfe Solingen in den vergangenen fünf Jahren im Mittel 1350 Euro im Jahr erhalten, bei den Werkstätten seien es knapp 1000 Euro gewesen. So könnten die Gelder maximal eine kleine Finanzierungshilfe etwa für Sportangebote des Vereins oder Sommerfeste leisten.
Derweil richte sich die Höhe der Auflagen nach der Schwere der Schuld des Angeklagten – gesetzlich vorgegebene Kriterien bezüglich der Auswahl der bedachten Einrichtungen gebe es nicht, ergänzt Markus Asperger. „Sie müssen lediglich gemeinnützig sein.“ Können die Beteiligten sich nicht auf dieses Prozedere einigen, müsse das Verfahren fortgesetzt werden.
Insgesamt habe sich die Praxis bewährt, befindet der Amtsgerichtsdirektor: „Ich bin überzeugt, dass die richterlichen Kolleginnen und Kollegen bei der Auswahl der Geldauflagenempfänger sehr verantwortungsbewusst und gewissenhaft vorgehen.“
Hintergrund
Neben der Staatsanwaltschaft oder den Richterinnen und Richtern dürfen auch andere Beteiligte des Verfahrens Vorschläge zur Höhe einer Geldauflage machen. Eine Liste der von Corectiv zusammengestellten Solinger Einrichtungen und ihren Einkünften aus Geldauflagen von 2007 bis 2021 gibt es online.
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