Verkehr
Regionalexpress 47: Ernüchterung beim neuen Direktzug
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Störungsanfällige Fahrzeuge stoppen Regionalexpress 47 – Kritiker sehen Fehler im gesamten System Bahn.
Von Andreas Tews
Solingen. Der Ärger über den vor einigen Monaten neu eingeführten Regionalexpress 47 reißt nicht ab. Obwohl die Verbindung eigentlich seit Montag wieder im Stundentakt funktionieren sollte, fiel die Linie am Mittwoch komplett aus. Als Grund nennt der Betreiber Regiobahn, dass die eingesetzten Züge sehr störungsanfällig seien. Darum sei noch bis Mitte nächster Woche mit Einschränkungen zu rechnen.
Erschwerend kam am Mittwoch hinzu, dass auch etliche Züge der S-Bahn 7, auf die Reisende ausweichen wollten, erst verspätet fuhren. „So funktioniert die Verkehrswende nicht“, lautete die Kritik aus der Politik der am stärksten betroffenen Städte Remscheid und Solingen.
Vom RE 47 waren eigentlich Verbesserungen erwartet worden. Sein Vorteil ist, dass Pendler und Reisende, die aus Richtung Remscheid oder Solingen-Mitte kommen, ohne umzusteigen nach Düsseldorf fahren können. Seit seiner Einführung im Dezember 2022 häuften sich aber immer wieder die Ausfälle.
„Es ist und bleibt eine Tragödie.“
Die aktuelle Störung zieht sich bereits seit zehn Tagen hin. Eigentlich soll der Regionalexpress zwischen Remscheid-Lennep, Solingen und Düsseldorf statt einmal in der Stunde aber zumindest im zweistündigen Rhythmus pro Fahrtrichtung verkehren. Doch auch dies ist nach Beobachtungen von Zugreisenden nicht der Fall.
Ärgerlich für die Kunden ist außerdem, dass sie über die verschiedenen Fahrplanauskünfte widersprüchliche Angaben erhalten. Während am Mittwoch in den Kanälen der Deutschen Bahn alle Verbindung des RE 47 mit dem Vermerk „Zug fällt aus“ versehen waren, gab es in der App des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr (VRR) nur generell den Hinweis, dass die Direktzüge nach Düsseldorf und zurück ausfallen könnten.
„Leider ist die Fahrzeuglage weiterhin sehr angespannt“, berichtete Regiobahn-Sprecherin Sabine Hovermann am Mittwoch auf Anfrage unserer Redaktion. In den vergangenen Wochen seien zwar viele der ausgefallenen Fahrzeuge immer wieder instandgesetzt worden. Es seien aber immer wieder neue Störungen aufgetreten. Am Mittwochmorgen habe die Regiobahn zum Beispiel zwei Fahrzeuge komplett aus dem Betrieb genommen, weil bei ihnen der Verdacht auf einen defekten Turbolader bestehe.
Überhaupt erweisen sich die Fahrzeuge vom eingesetzten Typ Integral laut Hovermann im Betrieb als nicht zuverlässig. Diese Züge setzt die Regiobahn seit Jahren auch auf der S-Bahn-Linie S 28 zwischen Wuppertal, Mettmann, Düsseldorf und Kaarst ein. Auch dort kommt es aktuell immer wieder zu Störungen.
„Unser Werkstatt-Team arbeitet mit Hochdruck an der Reparatur der Fahrzeuge“, berichtet die Regiobahn-Sprecherin. Angesichts der vorhandenen Werkstattkapazität sei es aber „nicht immer möglich, eine ausreichende Zahl von Fahrzeugen für den Betrieb einzusetzen“. Und dies, obwohl eigentlich Ersatzfahrzeuge vorhanden seien. Nach ihrer Prognose werden die Züge noch bis Dienstag, 30. Mai, höchstens im Zwei-Stunden-Rhythmus fahren können. Ergänzend dazu würden Ersatzbusse eingesetzt.
„Das ist nicht schönzureden“, kritisiert David Schichel (Grüne). Der Vorsitzende des Remscheider Ausschusses für Mobilität beklagt, dass es für Zugausfälle immer wieder neue Entschuldigungen gebe. Als Gründe würden defekte Züge, Personalnot oder Schäden an der Infrastruktur angegeben. Für jedes einzelne Problem habe er zwar Verständnis, fügt aber an: „Irgendwann muss man beim VRR und bei den Betreibern aber sehen, dass man ein Städtedreieck mit 500 000 Einwohnern nicht einfach abhängen kann.“
„Es ist und bleibt eine Tragödie“, sagt auch sein Solinger Pendant Thilo Schnor (Grüne). Das Ziel müsse es eigentlich sein, möglichst viele Leute vom Auto in die Bahn zu bekommen. Schnors Urteil: „Bei so vielen Ausfällen bekommt man das aber nicht hin.“
Schichel fordert mehr Geld und schließlich auch mehr Personal für das Verkehrssystem Eisenbahn. „Eigentlich wissen das alle, aber es passiert nichts“, beklagt er. Für das Bergische Land muss es laut Schnor konkret das Ziel sein, sichere Verbindungen zu schaffen, die auch – anders als der RE 47 – an allen Haltepunkten halten.
S 1 fährt nicht
Wegen Arbeiten an Weichen fällt nächste Woche auch die S-Bahn 1 zwischen Solingen und Düsseldorf phasenweise aus. Dies gilt laut Deutscher Bahn von Donnerstag, 1., bis Samstag, 3. Juni, und von Montag, 5., bis Mittwoch, 7. Juni, jeweils von 0 bis 3.30 Uhr sowie ganztägig von Samstag, 3. Juni, 3.30 Uhr, bis Montag, 5. Juni, 0.30 Uhr.
Kommentar von Andreas Tews: Das System ist krank
Die schlechten Nachrichten zum Bahnverkehr im Bergischen Land reißen nicht ab. Seit Wochen ist es einmal mehr der Regionalexpress 47, dessen Züge so anfällig sind, dass die Linie nicht mehr fahrplanmäßig bedient werden kann. Vielen Pendlern in der Region fehlen somit wichtige Verbindungen, um zur Arbeit oder wieder zurück zu kommen.
Eine weitere schlechte Nachricht ist: Nur langfristig wird sich an den Zuständen im kranken System Eisenbahn etwas ändern. Denn selbst wenn beschlossen würde, dass ab sofort mehr in die Infrastruktur und das Personal investiert wird, würde sich dies erst in mehreren Jahren auswirken.
Dennoch ist es jetzt an der Zeit, die Missstände anzugehen. Sonst wird es auf absehbare Zeit nicht gelingen, viele Menschen vom Auto in die Bahnen zu locken. Denn vor allem bei Fahrten, die über Stadtgrenzen hinausgehen, sind die Verbindungen oft zu unattraktiv. Wenn sich dies mit mangelnder Verlässlichkeit paart, bleibt das Auto Verkehrsmittel Nummer eins.