Coronavirus
Personal folgt größtenteils der Impfpflicht
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Laut RKI liegt die 7-Tage-Inzidenz momentan noch über 1000. In den Solinger Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Arztpraxen sind folgen viele der Impfpflicht. Nur wenige nicht gegen Corona immunisierte Beschäftigte wurden dem Gesundheitsamt bislang gemeldet.
Von Kristin Dowe
Solingen. Viele arbeitsrechtliche Fragen rund um die einrichtungsbezogene Impfpflicht scheinen noch immer nicht vollständig geklärt zu sein. Und doch steigt inzwischen der Druck auf nicht immunisierte Beschäftigte in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Arztpraxen. Seit dem 15. März ist die Impfpflicht für das Personal im Gesundheitssektor nun in Kraft – das Solinger Gesundheitsamt hatte den betroffenen Einrichtungen zunächst eine Frist bis zum 4. April gewährt, ungeimpftes Personal über ein Meldeportal des Landes NRW der Behörde anzuzeigen. Grundsätzlich könne aber auch weiterhin gemeldet werden, betont Rathaussprecherin Sabine Rische. „Das Portal bleibt erst mal geöffnet.“
Corona-Ausfälle belasten die Kliniken
Laut Angaben der Stadt haben bislang 51 Einrichtungen in Solingen mit insgesamt 8709 Beschäftigten das Meldeportal genutzt. Von diesen haben 195 Personen bislang nicht den erforderlichen Impfnachweis erbracht.
Dieses Prüfen und Nachmelden ist auch wieder zusätzlicher Aufwand.
Und auch nach erfolgter Meldung muss ein ungeimpfter Mitarbeiter nicht gleich um seinen Job fürchten. Es greift zunächst ein mehrstufiges Prozedere: So fordert das Gesundheitsamt die betroffene Person zunächst auf, innerhalb von 14 Tagen den Impfnachweis vorzulegen. Tut sie dies nicht, folgt im nächsten Schritt eine Anhörung, bei der das Gesundheitsamt den Beschäftigten über das drohende Betretungsverbot seines Arbeitsplatzes aufklärt.
Innerhalb einer Frist von zwei Wochen kann sich der Mitarbeiter dazu äußern. „Erst danach und unter Würdigung aller Besonderheiten des Einzelfalles trifft das Gesundheitsamt eine Entscheidung über ein Betretungsverbot“, erläutert Rische. Dieses werde in Form einer Verfügung ausgesprochen.
Aktuelle Infos zum Corona-Virus in Solingen gibt es in unserm Blog
Einrichtungsbezogene Impfpflicht: Einige Impfgegner greifen zu kriminellen Methoden
Um sich der Impfung zu entziehen, schrecken einzelne Impfgegner offenbar auch vor kriminellen Methoden nicht zurück. So ging das Gesundheitsamt zuletzt Hinweisen auf gefälschte Kontraindikationen nach – dies sind Erklärungen, aus welchen medizinischen Gründen sich die betreffende Person nicht impfen lassen kann. Solche Täuschungsversuche würden konsequent an die Kriminalpolizei weitergeleitet, heißt es bei der Stadt. Auch komme es vor, dass eine Kontraindikation nicht ausreicht, um von der Impfpflicht befreit zu werden. „In diesen Fällen wird so verfahren, als läge kein Nachweis vor.“
Weil sich nach einer Corona-Erkrankung mit Blick auf den Genesenenstatus wieder die Vorzeichen für die Meldepflicht ändern, sind die Einrichtungen aus Sicht von Robert Sopella, Sprecher der Diakonie Bethanien, mit einem enormen Verwaltungsaufwand konfrontiert. So seien in den Solinger Pflegeeinrichtungen des Trägers derzeit 20 Mitarbeitende ungeimpft, von denen die Diakonie Bethanien 13 an das Gesundheitsamt gemeldet hat.
„Der Rest muss jedoch derzeit nicht gemeldet werden, da er nach einer Infektion als genesen gilt. Diese Mitarbeitenden müssen wir dann nachmelden, wenn der Genesenenstatus abläuft“, erklärt Sopella. „Dieses Prüfen und Nachmelden ist auch wieder ein zusätzlicher bürokratischer Aufwand, den wir in unseren Einrichtungen abfedern müssen – neben unserem eigentlichen Auftrag.“
Ironische Pointe für Sopella: Impfverweigerer, die eigentlich gemeldet werden müssten und dann an Corona erkranken, gelten vorübergehend als immunisiert und müssen dem Gesundheitsamt vorerst nicht angezeigt werden. „Nach Ablauf des Genesenenstatus muss der Beschäftigte dann wieder seine Immunisierung nachweisen und das Spiel beginnt von vorne.“ Derweil habe es auch in der Diakonie Bethanien einen Verdachtsfall für eine gefälschte Kontraindikation gegeben, den das Gesundheitsamt nun prüfen muss.
Im Städtischen Klinikum sind fast alle Beschäftigen geimpft
Bei einer Impfquote von fast 100 Prozent sieht man die gesetzlichen Vorgaben am Städtischen Klinikum gelassen. Von 1965 Beschäftigten seien dort lediglich 19 Personen aus unterschiedlichen Berufsgruppen nicht immunisiert. „Die Patientenversorgung und die Leistungsfähigkeit des Klinikums sind angesichts dieser Zahlen überhaupt nicht eingeschränkt“, betont Sprecherin Karin Morawietz.
Die Kplus Gruppe, der auch die St. Lukas Klinik angehört, verweist in ihren Einrichtungen auf eine Impfquote von mehr als 90 Prozent. Hinweise auf gefälschte medizinische Befreiungen habe es bislang zwar nicht gegeben, doch habe ein Großteil der ungeimpften Beschäftigten auch keine Kontraindikation vorgelegt, heißt es aus der Unternehmenskommunikation.
Arbeitsrecht
Dr. Svenja Kahlke, Fachanwältin für Arbeitsrecht, hat in ihrer Kanzlei in Höhscheid zahlreiche Anfragen sowohl von Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht zu verzeichnen. Bei arbeitsrechtlichen Konsequenzen müssten auch die zeitlichen Dimensionen berücksichtigt werden. „Bei einer Kündigung kann entscheidend sein, welche Regelung galt, als die Kündigung ausgesprochen wurde. Die Impfpflicht ist zunächst bis Ende des Jahres befristet – dann stellt sich die Frage, ob Entscheidungen rückwirkend geändert werden müssen“, so die Juristin.
Standpunkt
Ein Kommentar von Kristin Dowe
Zunächst ist es ein positives Zeichen, dass ein Großteil der Beschäftigten im Gesundheitsbereich der für sie geltenden Impfpflicht Folge leistet. Dennoch gibt es auch in Solingen einen harten Kern von Impfverweigerern, der es wohl auch auf eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung vor Gericht ankommen lassen wird. Was traurig genug ist, haben sich Menschen in der Medizin und Pflege doch eigentlich bereits mit ihrer Berufswahl zum Schutz anderer verpflichtet. Einerseits ist gerade die Pflege auf jede Arbeitskraft dringend angewiesen. Andererseits würden infizierte Mitarbeiter, die das Virus an ihren Arbeitsplatz tragen und etwa eine Pflegeeinrichtung zum Hotspot machen würden, das Gesundheitssystem teurer zu stehen kommen. Auch weil der Gesetzgeber längst noch nicht alle Fragen beantwortet hat, ist die einrichtungsbezogene Impfpflicht allenfalls ein unvollkommenes Instrument, um der Pandemie Herr zu werden. Sie ist aber das kleinere Übel.
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