Bildung

Nicht mehr Sitzenbleiber durch Corona

In der Corona-Zeit konnten statt zwei übergangsweise auch drei Fünfen auf dem Zeugnis ausgeglichen werden.
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In der Corona-Zeit konnten statt zwei übergangsweise auch drei Fünfen auf dem Zeugnis ausgeglichen werden.

Der Landestrend ist in Solingen nicht erkennbar. Mehr Kinder in langer Schuleingangsphase.

Von Simone Theyßen-Speich

Solingen. Im vergangenen Schuljahr gab es bundesweit 67 Prozent mehr Schülerinnen und Schüler, die die Klasse wiederholt haben, als im Jahr davor. In NRW betrug der Anstieg sogar 126 Prozent – von 15 417 auf 34 790. Das geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervor. In Solingen ist solch ein Anstieg an Sitzenbleibern hingegen nicht zu beobachten. „Genaue stadtweite Zahlen können wir allerdings nicht liefern, da es sich um innere Schulangelegenheiten handelt“, erklärt Stadt-Sprecherin Stefanie Mergehenn.

In den Solinger Schulen habe man allerdings rechtzeitig Maßnahmen ergriffen, um der Gefährdung der Versetzung frühzeitig entgegenzuwirken. „Es gibt natürlich Defizite bei einigen Schülern durch die Corona-Zeit und die Lockdowns, das ist spürbar. Wir haben aber alles versucht, um Wiederholungen zu verhindern“, erklärt Birgit Schoel, Leiterin der Realschule Vogelsang und als Nachfolgerin von Hans-Martin Rahe neue Vertreterin der Schulform im Schulleitersprecherrat.

An der Realschule Vogelsang hat man beispielsweise eine volle Stelle für zusätzliche Sprachförderung eingerichtet. „In kleinen Gruppen werden Schüler herausgegriffen, um zu trainieren, von der in Corona-Zeiten eingeschlichenen Alltagssprache wieder in die Unterrichtssprache zu kommen“, so Schoel. Formulierungen seien nach den Lockdowns nicht mehr so flüssig gewesen. Im Online-Unterricht hätten Schüler oft mehr zugehört, als selbst zu sprechen. Mehr Sitzenbleiber als sonst habe es im vergangenen Sommer nicht gegeben.

Das habe aber auch daran gelegen, dass in der Corona-Zeit die Versetzungsregeln gelockert waren. So konnte statt der sonst zwei Fünfen, die man, so es nicht zwei Hauptfächer betrifft, mit Dreien ausgleichen konnte, sogar eine dritte Fünf ausgeglichen werden. Und auch die „pädagogische Versetzung“, wenn diese etwa aus sozialen Gründen wichtig für das Kind sei, habe weiter gegolten. „Man darf das Gespenst des Sitzenbleibens aber nicht nur verteufeln, manchmal ist es Segen, wiederholen zu können, in Ruhe Dinge aufzuarbeiten und im neuen Klassenverband eine neue Chance zu erhalten“, so Schoel.

Auch Alexander Lübeck, Leiter des Humboldtgymnasiums und Sprecher für diese Schulform, konnte keine dramatische Entwicklung beim Sitzenbleiben an seiner Schule feststellen. Durch das Landesprogramm „Aufholen nach Corona“ habe man seit November 2021 verschiedene Maßnahmen zur fachlichen Förderung, Aufarbeitung von Lücken und Unterstützung des sozialen Miteinanders durchführen können. Das Thema finde sich insbesondere mit Blick auf Schulformwechsler regelmäßig in den Beratungen des Sprecherrates und der Regionalen Bildungskonferenz wieder.

Mehr Kinder in der längeren Schuleingangsphase

Auch in den Grundschulen sei das Sitzenbleiben nicht vermehrt vorgekommen, berichtet Sabine Riffi, Leiterin der Schule Uhlandstraße und Grundschulsprecherin. Defizite lägen weniger beim Lernstoff, als mehr im Sozialverhalten. „Es gibt aber leicht höhere Zahlen von Kindern, so zwei bis vier pro Schule, die die Schuleingangsphase, also die Klassen eins und zwei, in drei Jahren durchlaufen. Aber das ist ja im Schulsystem vorgesehen“, so Riffi. Da die Eingangsklassen extrem voll sind, sei es eine Herausforderung, diese zusätzlichen Kinder unterzubringen.  

Standpunkt von Simone Theyßen-Speich: Aufholen geht weiter

simone.theyssen-speich@solinger-tageblatt.de

Dass Kinder und Jugendliche in der Corona-Zeit die Hauptleidtragenden waren, wurde häufig zitiert. An welchen Stellen durch die Lockdowns mit geschlossenen Kitas und Schulen überall Defizite entstanden sind, kommt teilweise erst jetzt zutage.

Klar ist, dass Distanzunterricht nicht das liefern konnte, was in der Klassengemeinschaft möglich ist, vor allen Dingen nicht beim sozialen Miteinander. Hier merken gerade die Grundschulen, dass Kinder großen Nachholbedarf haben. Gut, dass die Solinger Schulen bei der Landesförderung „Aufholen nach Corona“ früh zugegriffen und viele Angebote umgesetzt haben. Manchmal war ein gemeinsamer Ausflug mit der Klasse wichtiger als eine Schulstunde.

Und das Aufholen geht weiter. Denn dass es in Solingen nicht mehr Sitzenbleiber gab, liegt auch daran, dass die Versetzungsregeln gelockert waren. Das bringt natürlich ein etwas verzerrtes Bild. Der eigentliche Bedarf an Hilfe in den Klassen und Schulen ist vermutlich weitaus größer.

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