Klinikum
Neue Chefärztin ist Expertin für Onkologie
aktualisiert:
- 0 Kommentare
-
Feedback
schließen
- Weitere
Dr. Séverine Iborra übernimmt das Ruder in der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Klinikum.
Von Kristin Dowe
Solingen. Die Freude über diese Personalie ist Dr. Martin Eversmeyer, Geschäftsführer des Städtischen Klinikums, deutlich anzumerken: Die Gynäkologin Dr. Séverine Iborra ist neue Chefärztin der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Städtischen Klinikum und folgt damit Dr. Robert Manfred Hilscher, der die Leitung zuvor innehatte. „Frau Dr. Iborra war von Anfang an meine Wunschkandidatin“, sagt Eversmeyer offen. Nachdem ein erster Anlauf gescheitert sei, die Gynäkologin mit französischen Wurzeln von ihrer alten Wirkungsstätte an der Uniklinik Aachen nach Solingen zu holen, habe er sie schließlich doch noch überzeugen können. Darüber hinaus freue er sich, mit Iborra nun die dritte Chefärztin im ansonsten noch männlich geprägten, 16-köpfigen Chefarzt-Kollegium begrüßen zu können. „Kurz vor Weihnachten habe ich sie gefragt: 'Sind Sie jetzt so weit?'“.
„Es soll nicht irgendwann nur noch Solinger geben, die gar nicht in Solingen geboren wurden.“
War sie. Am Montag hatte Iborra ihren ersten Arbeitstag am Klinikum und wurde von Eversmeyer und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Kai Sturmfels mit einem großen Blumenstrauß willkommen geheißen. Die Gynäkologin deckt ein breites medizinisches Spektrum ab – ihre Schwerpunkte liegen im Bereich der gynäkologischen Onkologie sowie Dysplasie. Spezialistin ist die Medizinerin auch für das noch weitgehend unerforschte Krankheitsbild der Endometriose – ein Phänomen, das bei der weiblichen Periode mit starken Schmerzen einhergeht und noch immer häufig verkannt wird. „Es gibt viele Frauen, die unter Beschwerden bei der Menstruation leiden. Deshalb ist das eine sehr wichtige Sprechstunde“, macht Iborra deutlich.
Derweil gilt die wirtschaftliche Situation der Geburtskliniken bundesweit als angespannt. Auch die Solinger Abteilung bilde da keine Ausnahme – das Defizit liege bei circa 300 000 Euro im Jahr, so Dr. Eversmeyer. Dennoch sehe er die Klinik auch zahlenmäßig auf einem guten Kurs: „Wir haben etwa 1200 Geburten und 2000 Fälle im Jahr – Tendenz steigend.“ Gleichzeitig sei klar: „Sie können keine Geburtshilfe unter 1000 Geburten führen.“
Die Versorgungssicherheit bei der Geburtshilfe sei in Solingen trotz der wirtschaftlichen Herausforderungen keineswegs gefährdet, betont Kai Sturmfels: „Es ist für uns auch ein politisches Bekenntnis, da eine Bestandsgarantie zu geben. Es soll nicht irgendwann nur noch Solinger geben, die gar nicht in Solingen geboren wurden.“ Das Defizit wolle man auch mit dem neuen Angebot der onkologischen Gynäkologie ausgleichen. Der Radius der Solinger Geburtsstation dehne sich inzwischen über die Stadtgrenzen bis beispielsweise nach Düsseldorf aus und solle weiter ausgebaut werden.
Der Run auf die besten Köpfe in der Medizin sei groß, denn gute Chefärztinnen und -ärzte würden in vielen Häusern händeringend gesucht. Ein Ende des Chefarzt-Systems zugunsten eines „Kollegialsystems“, wie es kürzlich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB, siehe unten) gefordert hatte, weisen die Klinikumsvertreter als illusorisch zurück. „Die Patienten haben einen Anspruch darauf, von einem Chefarzt behandelt zu werden“, so Sturmfels. „Die Abteilung muss ein Gesicht haben beziehungsweise jemanden, der höhere Expertise besitzt.“ Und in erstklassig ausgebildete Fachkräfte müsse dementsprechend investiert werden. Die Kritik des DGB gehe an der Realität vorbei.
So gehöre es für die Chefärztinnen und -ärzte heute ganz selbstverständlich zum Anforderungsprofil, sich auch um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu kümmern und die Kollegen in flachen Hierarchien in die Arbeit miteinzubinden. Eversmeyer: „Da hat sich bei der jüngeren Generation schon viel getan.“
Betriebsrat will auch über obere Lohngruppen diskutieren
Von Björn Boch
Der Betriebsrat des Städtischen Klinikums Solingen zeigt sich offen für eine Debatte über das Chefarztsystem in Bezug auf die künftige Finanzierung der Leistungen. „Den Ansatz des Deutschen Gewerkschaftsbunds, auch über die Gehaltsstruktur der oberen Lohngruppen diskutieren zu wollen, sehen wir positiv, da in schwierigen Zeiten doch alle zusammenstehen sollten“, erklärt die Betriebsratsvorsitzende Anke Jahncke auf Anfrage.
Vorige Woche – wir berichteten – hatte der DGB–Stadtverbandsvorsitzende Peter Horn SPD, CDU und FDP scharf für die Gründung einer Servicegesellschaft kritisiert. In dieser sollen Mitarbeitende künftig einen schlechteren Tarifvertrag bekommen. Damit würden die unteren Gehaltsgruppen „die Zeche für die Misswirtschaft der Vergangenheit zahlen“. Ein DGB-Gegenvorschlag: das Chefarzt-System abschaffen und in ein Kollegialsystem verwandeln. Das sei effektiver und billiger.
Der Betriebsrat erneuerte zudem seine Kritik an der Gründung der Service-GmbH. „Die Kürzung der Gehälter der unteren Lohngruppen wird das Klinikum nicht retten“, so Jahncke. Leider gehe die Politik „den einfachsten Weg“. Laut Betriebsrat müssten vielmehr Prozesse bearbeitet werden. Jahncke: „Damit können wir Veränderungen vornehmen, die Geld sparen und zu Entlastungen führen.“
Debatte um Geld aus dem städtischen Haushalt
Ein weiterer Vorschlag des DGB: Das Städtische Klinikum solle künftig Geld aus dem Haushalt bekommen. Horn: „Gesundheit kostet nun mal Geld und eine gute Versorgung für Ort ist oft überlebenswichtig.“ Kai Sturmfels, CDU-Ratsmitglied und Aufsichtsratsvorsitzender des Klinikums, zeigt sich für den Vorschlag zwar offen. „Wir müssen aber diskutieren, wo das Geld herkommen soll.“ Im Zweifel würde dies Steuererhöhungen bedeuten, die es aber zu vermeiden gelte.
Die FDP lehnt den Vorschlag strikt ab. Das Klinikum müsse „eigene Anstrengungen zur Konsolidierung leisten“. Der Haushalt sei selbst notleidend, was eher schlimmer werde. „Wer vorschlägt, der Haushalt könne das Klinikum finanzieren, irrt gewaltig und stellt sich nicht der Realität“, so der Vorsitzende der FDP-Fraktion Jürgen Albermann.
Hintergrund
Vita: Dr. Séverine Iborra war zuletzt als Geschäftsführende Oberärztin und Personaloberärztin in der Geburtsmedizin der RWTH Aachen tätig. Sie studierte in Lyon und Freiburg.
Zuschuss: Das NRW-Gesundheitsministerium unterstützt 38 Krankenhäuser mit Geburtshilfen mit insgesamt 25 Millionen Euro. Der Bund stellt diese Mittel als Überbrückungsfinanzierung bis zu seiner großen Reform der Krankenhausfinanzierung 2024 zur Verfügung. Solingen geht dabei leer aus.