Innenstadt

Solingen-Mitte: Was der Handel zum Leben braucht

Gut besucht, aber keinesfalls voll, so zeigte sich die Solinger City am Samstag. Der Handelsverband spricht von einem Umsatz von maximal 60 Prozent gegenüber 2019. Foto: Christian Beier
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Auch wenn oft die Leerstände im Fokus stehen: Geschäftstreibende halten dem Standort die Treue.

Geschäftsleute erzählen von der aktuellen Situation in der Innenstadt.

Von Simone Theyßen-Speich

Solingen. Tradition, treue Kunden und Optimismus halten sie am Standort – und ein bisschen „Trotzdem“-Gefühl. Auch wenn beim Blick auf die Solinger Innenstadt und die Hauptstraße oft die Leerstände im Fokus stehen: Geschäftstreibende halten dem Standort die Treue – oder haben sich in den vergangenen Jahren neu dazu entschlossen. Dem ST erzählen sie, warum – und was sie sich zur Attraktivierung der City wünschen würden.

Michael Jaspert ist seit vielen Jahren Niederlassungsleiter von Fielmann an der Hauptstraße.

Michael Jaspert, Niederlassungsleiter von Fielmann: Er glaubt an den Standort Hauptstraße. „Seit 1989 sind wir in Solingen, 2004 wurden die zwei Filialen zu einem großen Geschäft zusammengelegt“, erinnert er sich. Auch der jüngste Umbau und die große Investition beweisen, dass Fielmann eine Zukunft in Solingen sieht. „Natürlich wäre weniger Leerstand wünschenswert, aber es gibt positive Entwicklungen. Unser Nachbar Telekom renoviert auch und will bleiben“, so Jaspert. Es müsse allen klar sein, dass es eine reine Einkaufsstraße nicht mehr geben wird. Gut sei eine Mischung aus Handel, Gastronomie und Wohnungen. „Viele sehen immer nur die Probleme in der City. Aber nicht, wie viel Positives im Hintergrund läuft.“

Susanne Lange ist Store Managerin des Juweliergeschäfts Leiber am Stein.

Susanne Lange, Store Managerin bei Juwelier Leiber:Sie kennt die City seit Jahrzehnten. 1988 hat sie in dem Geschäft, das eine 180-jährige Tradition als „Haus mit dem Glockenspiel“ in Solingen hat, ihre Ausbildung begonnen. „Vor 35 Jahren gab es keine Leerstände. Heute sieht es ringsum teilweise trostlos aus“, so Lange. Weil die Laufkundschaft fehle, habe Juwelier Leiber sich als Trauring-Studio spezialisiert. „Man muss einen besonderen Grund haben, für den die Kunden kommen.“ Natürlich wäre es super, wenn die Hauptstraße wieder belebt würde. „Wir tun alles, um die Tradition des Geschäfts aufrecht zu erhalten“, erklärt sie mit Blick auf die Geschäftsinhaber, das Ehepaar Köster.

Angelika Menge vom Studio Tattoo-Kunstwerk an der Unteren Hauptstraße ist mit der dortigen Situation nicht glücklich.

Angelika Menge, Studio Tattoo-Kunstwerk: Sie ist seit fünf Jahren an der unteren Hauptstraße, die besonders zu kämpfen hat. „Das Geschäft läuft gut, aber wir sind nur noch da, weil wir noch keinen anderen Standort gefunden haben“, gibt die Geschäftsführerin zu. Für ihre Kunden, die oft von weit her kämen, würde sie sich ein ansprechenderes Umfeld wünschen.

„Richtung Südpark, zwischen den anderen Künstlern, das würde uns gefallen.“ Mit der aktuellen Situation der unteren Hauptstraße ist die Geschäftsfrau nicht glücklich. „Wenn ich abends allein das Geschäft verlasse, fühle ich mich hier nicht sehr wohl.“

Heike Nippes, Geschäftsführerin im Schuhhaus Hugenbroch, kann auf eine 161-jährige Unternehmensgeschichte blicken.

Heike Nippes, Schuhhaus Hugenbruch: „Wir sind noch da und wir bleiben da“ – Heike Nippes strahlt Optimismus aus. Seit 161 Jahren gibt es das Geschäft, seit 54 Jahren am gleichen Standort am Ufergarten. „Wir haben viele Stammkunden und durch Wanderschuhe auch neue junge Kunden“, so die Geschäftsfrau. „Manchmal kommen Kunden in den Laden, die überrascht sind, dass hier ein Schuhgeschäft ist“, gesteht sie. Langfristig zu planen, das sei schwierig geworden. „Früher hat man 50 Prozent des Umsatzes am Samstag gemacht – solche Regeln gelten nicht mehr. Heute muss man flexibler sein.“ In Solingen insgesamt sieht sie durchaus Einkaufspotenzial. „Das Problem ist, dass alles dezentral ist. Lägen die schönen Geschäfte aus Mitte, Ohligs, Gräfrath und Wald alle zusammen, hätten wir eine tolle Einkaufsmeile.“

Nicole von Mueller ist eine von zwei Geschäftsführerinnen von PapaPaja und Mockx am Ufergarten.

Nicole von Mueller, Papa Paja und Mockx: Gemeinsam mit Kathrin Graf hat sich Nicole von Mueller am Ufergarten einen Traum erfüllt. Sie sind seit zwölf Jahren am Standort und fühlen sich durch das Ärztehaus gut eingebettet. Junge Familien und Großeltern, die Kleidung oder Accessoires suchen oder einen „Geburtskorb“ bestücken möchten, seien die Hauptkundschaft. Der Großteil der Damen- und Kinderkleidung ist selbst genäht. Über die Lage haben sich die Geschäftsführerinnen öfter Gedanken gemacht, möchten aber bleiben. „Die Parkplätze am Ufergarten sind wichtig. Schade ist, dass wegen des Umbaus derzeit der Sparkassen-Parkplatz wegfällt“, so von Mueller. Sorge macht ihr, dass Laufkundschaft oft vom Hofgarten in die Linkgasse einbiege, der Ufergarten außen vor sei. „Zudem ist das Klientel abends etwas schwierig.“ Nicole von Mueller würde sich Feste wie das Ohligser Frühlingserwachen in Mitte wünschen – „Veranstaltungen, wo der gemütliche Einkauf im Mittelpunkt steht“.

Claudia Korp ist Geschäftsführerin im Cramers Kaffee + Co am Fronhof. Leider fehle es an Laufkundschaft.

Claudia Korp, Cramers Kaffee + Co: Um kulinarisches Verweilen geht es im Cramers Kaffee + Co auf dem Fronhof. Geschäftsführerin Claudia Korp leitet das Geschäft seit knapp zwei Jahren mit ihrem Stiefsohn. „Zwischendurch haben wir in der Corona-Zeit schon mal gedacht: Was haben wir getan?“, gesteht sie. Aber das Café und die Möglichkeit, mit den Gästen ins Gespräch zu kommen, machen ihr viel Spaß. Bei den teils älteren Stammkunden gebe es einige, die jeden Tag zum Mittagstisch oder zum Kaffee kämen. Die meisten von ihnen suchten das Café gezielt auf. „Laufkundschaft gibt es leider zu wenig, da würde ich mir wieder mehr Geschäfte in der Nachbarschaft wünschen“, so Claudia Korp. „Die Besucherzahl ist oft sehr unterschiedlich. Das ist und bleibt spannend“, so Claudia Korp. „Aber wir haben einen langen Atem.“

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