Landgericht Wuppertal
Misshandlung eines Kindes: Prozess gegen einschlägig Vorbestraften platzt
- 0 Kommentare
-
Feedback
schließen
- Weitere
Das Verfahren muss später vermutlich neu begonnen werden, weil ein Mitglied des Gerichts erkrankt ist.
Von Dirk Lotze
Solingen. Ein Strafprozess um gewaltsame Kindesmisshandlung in Solingen hatte die Beteiligten und ihr Umfeld im Familien- und Bekanntenkreis aufgewühlt und aufs Höchste belastet. Nun platzte das Verfahren vor dem Landgericht Wuppertal und muss später voraussichtlich erneut begonnen werden. Grund ist die Erkrankung eines Mitglieds des Gerichts. Die Vorsitzende Richterin musste alle verbliebenen Termine in der Verhandlung absagen, die seit Mitte Dezember 2022 lief.
Im Saal stand zum Schutz des Jungen eine Sichtschutzwand
Der Angeklagte ist ein lediger kaufmännischer Angestellter. Der Mann verbüßt bereits vier Jahre Freiheitsstrafe für gewaltsame und demütigende Misshandlung eines anderen Kindes: Er hatte den Sohn einer früheren Lebensgefährtin geschlagen, an ein Treppenhaus-Geländer gefesselt und eingesperrt. Laut seinen Angaben sollte sein Verhalten der „Erziehung“ dienen und den Jungen bestrafen. Laut Feststellungen des Gerichts drückte er dem Kind mehrfach den Kopf in eine Toilettenschüssel und zog ab, während er sein Opfer beschimpfte – ebenfalls zur „Strafe“.
In dem neuen, nun abgebrochenen Verfahren müssen Geschehnisse vom Sommer 2021 um den Sohn einer späteren Lebenspartnerin aufgeklärt werden. Ihn soll der körperlich weit überlegene Angeklagte am Hals gepackt und gegen eine Wand und auf ein Sitzkissen gedrückt haben – womöglich weil er beim Frühstück nicht aufgegessen hatte. Um den Jungen zu schützen, ließen die Richterinnen und Richter eine Sichtschutzwand im Saal aufstellen: Er sollte keinen Blickkontakt zum Angeklagten aushalten müssen. In seiner Aussage berichtete er, er habe mehrere Tage Schmerzen am Hals gehabt. Die Mutter habe ihm nicht geholfen.
Offenbart hatte sich der Junge nach derzeitigem Stand drei Wochen nach dem Geschehen seinem Vater, als der ihn zum Wochenende zu sich holte. Der Mann berichtete, sein Sohn habe am ganzen Leib gezittert, während er sprach. Der Angeklagte hat die Vorwürfe weitgehend bestritten, wie auch die Anklagepunkte in seinem ersten Prozess. Er muss mit einer Verlängerung seiner Freiheitsstrafe rechnen, wenn das Landgericht ihn verurteilt. Zu einem späteren Neustart des Prozesses wird der Junge womöglich erneut im Zeugenstand aussagen müssen.
Richter müssen die Handlung lückenlos kennen
Notwendig werden Abbruch und Neustart des Prozesses durch das Gesetz: Die Verhandlung darf nur kurz unterbrochen werden, um den Zusammenhang zu sichern. Rechtsanwälte und Staatsanwälte können im Verfahren wechseln; Richterinnen und Richter hingegen müssen die gesamte Verhandlung lückenlos aus erster Hand kennen, um zu urteilen.
Einen neuen Termin für die Verhandlung gibt das Gericht später bekannt.