Stiftung

Kuchenverkauf im Botanischen Garten: Aus trifft Verein schwer

Am Wochenende waren Helfer im Botanischen Garten im Einsatz. Vorgaben müssen erfüllt werden – so muss unter anderem ein abwischbarer Fußboden verlegt werden. Die Gesamtkosten belaufen sich auf etwa 15 000 Euro.
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Am Wochenende waren Helfer im Botanischen Garten im Einsatz. Vorgaben müssen erfüllt werden – so muss unter anderem ein abwischbarer Fußboden verlegt werden. Die Gesamtkosten belaufen sich auf etwa 15 000 Euro.

EU-Verordnung: Tausende Euro werden dem Botanischen Garten fehlen. Müssen Besucher bald Eintritt zahlen?

Von Björn Boch

Solingen. Das Ende des Kuchenverkaufs in seiner bisherigen Form trifft die Stiftung Botanischer Garten Solingen schwer. „Das sind einige Tausend Euro, die uns fehlen werden“, sagt Matthias Nitsche, stellvertretender Vorsitzender und Pressesprecher. 40 bis 60 Kuchen seien an guten Tagen im Sommer verkauft worden, das mit Abstand beliebteste Angebot vor Eis, Kaffee, Waffeln und Würstchen. Die Kuchen, die von Vereinsmitgliedern ehrenamtlich gebacken wurden, „waren unsere Haupteinnahme-Quelle“, so Nitsche.

Das fehlende Geld muss nun woanders herkommen. Eintritt für den Garten nehmen, das wollen Nitsche und die Stiftung eigentlich nicht. „Im allerschlimmsten Fall könnte das die letzte Möglichkeit sein. Das ist eine theoretische Überlegung, da es gegen den Vereinsgedanken ist. Wir müssen uns aber etwas einfallen lassen.“

Wie berichtet, ist der Kuchenverkauf durch die Stadt untersagt worden, weil er gegen eine EU-Verordnung zur Lebensmittelhygiene verstößt. Bei einer Kontrolle durch das Bergische Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt (BVLA) wurden sowohl der Verkauf vor Ort als auch die Kuchenherstellung bemängelt.

Botanischer Garten in Solingen: Kiosk wird behandelt wie ein professionelles Café

Zwar wird beides ehrenamtlich von Teilen der rund 500 Mitglieder der Stiftung übernommen. Der Kiosk gilt aber als Gewerbebetrieb. „Wir werden behandelt wie ein professionelles Café“, erklärt Nitsche.

Der Stadt seien da die Hände gebunden, erklärt der zuständige Dezernent Jan Welzel (CDU). Die Verordnung mache ausdrücklich keinen Unterschied zwischen kommerziellem Betrieb und Ehrenamt. Vielmehr werde „auf das Inverkehrbringen und damit die größere Gefahrenlage abgestellt“.

Heißt: Weil regelmäßig große Mengen Kuchen verkauft werden, gelten strengere Regeln als etwa für ein Vereins- oder Schulfest, ergänzt Dr. Dagmar Senczek, Leiterin des BVLA. Dem stehe die ehrenamtliche Sicht entgegen, die mit viel Engagement die eigenen Vereinszwecke fördern wolle. Welzel: „Dieser Konflikt lässt sich nicht leugnen.“

Schon lange seien laut Nitsche viele Regeln zu beachten gewesen. So werden Kuchen nach ihrem Inhalt deklariert oder Torten nur in einer eigenen Kühlung angeboten. Die Verkäuferinnen und Verkäufer müssen jährlich Hygieneschulungen nachweisen. Nun würden zudem Gesundheitszeugnisse verlangt – und eine Herstellung des Kuchens in Küchen, die dem Standard in Gewerbebetrieben entsprechen.

Das sei unvorstellbar für Ehrenamtler, die am Wochenende zu Hause Kuchen gebacken und in den Garten gebracht haben. „Einige Kuchen haben wir auch abgeholt. Für uns backen viele Ältere. Die können nicht verstehen, warum sie das nicht mehr machen dürfen“, erklärt Nitsche. Das Amt habe sich Mühe gegeben und leider keine Lösung gefunden. Verhältnismäßig findet Nitsche die Vorschriften aber nicht.

Das Gesetz stammt aus dem Jahr 2004. Warum aber tritt das Problem erst jetzt auf? Bei früheren Kontrollen seien BVLA-Mitarbeiter offenbar davon ausgegangen, dass bei den Kuchen analog zum Waffelteig verfahren werde: Dieser Teig wird von einem Betrieb, der alle Auflagen erfüllt, gesponsert angeliefert. Bis auf den Kuchen dürfe weiter verkauft und es dürften Waffeln vor Ort gebacken werden. Auch dafür gibt es neue Auflagen. „Die sind mit dem Verein abgestimmt worden“, betont Welzel.

Botanischer Garten in Solingen: Preise und Geschmack der Kuchen ändern sich

Der Verein arbeitet derzeit intensiv daran, dass ein Verkauf am so wichtigen Osterwochenende stattfinden kann. Ein Handwaschbecken mit kaltem und heißem Wasser sei schon angebracht worden. Ein neuer Fußboden, der abwischbar ist, muss noch verlegt werden. Allein die Gesamtkosten dieser Maßnahmen belaufen sich auf etwa 15 000 Euro.

Keine Lösung gibt es für die heimischen Kuchenbäcker. So habe die Stadt zwar angeboten, dass der Verein freitags in der Küche der Gesamtschule Höhscheid backen könne – von 16 bis 21 Uhr, nicht an Freitagen in den Ferien und vor Brückentagen. Nitsche: „Da fällt ungefähr die Hälfte der Freitage in unserer Saison aus. Außerdem ist es etwas anderes, ob ich zwischendurch zu Hause einen Kuchen backe oder ob ich das woanders tun muss.“

Auch andere Vorschläge, die das BVLA gemacht hat, etwa eine Neueinrichtung der Spülküche für eine Übergangszeit bis zu einem Küchenneubau, waren aus Vereinssicht nicht zu realisieren – unter anderem wegen des Aufwands bei Brand- und Denkmalschutz und verpflichtender Aktenlagerung.

Aktuell ist daher geplant, dass ein Großhändler künftig Kuchen liefert. Dabei bleiben zwei Nachteile: Zum einen muss der Kuchen viel teurer verkauft werden, wobei der Verein aufgrund der Kosten trotzdem weniger einnehmen wird. Zum anderen geht ein Kern verloren: „Unser Angebot war auch so beliebt, weil der Kuchen wirklich wie bei Mutter oder Großmutter geschmeckt hat“, so Nitsche.

Langfristig kann sich die Stiftung vorstellen, das Sukkulentenhaus, in dem ohnehin Platzmangel herrscht, neu zu bauen. Die Pläne könnten dann neben einem barrierefreien, grünen Klassenzimmer auch den Bau einer zugelassenen Küche beinhalten. „Das kostet aber viel Geld und Zeit. Selbst mit Hilfe der Stadt und finanzieller Unterstützung werden wir dafür vier bis fünf Jahre brauchen.“

Tropenhaus öffnet nach Sanierung

Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet.
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet. © Peter Meuter
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet.
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet. © Peter Meuter
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet.
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet. © Peter Meuter
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet.
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet. © Peter Meuter
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet.
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet. © Peter Meuter
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet.
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet. © Peter Meuter
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet.
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet. © Peter Meuter
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet.
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet. © Peter Meuter
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet.
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet. © Peter Meuter
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet.
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet. © Peter Meuter
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet.
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet. © Peter Meuter
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet.
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet. © Peter Meuter
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet.
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet. © Peter Meuter
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet.
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet. © Peter Meuter
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet.
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet. © Peter Meuter
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet.
Das neue Tropenhaus im Botanischen Garten wurde Ende Februar eröffnet. © Peter Meuter

Verein

Stiftung: Die Stiftung Botanischer Garten Solingen kümmert sich um Erhalt und Betrieb des Gartens am Vogelsang.

Kosten: Die Stiftung zahlt jährlich 45 000 Euro Pacht an die Stadt, dazu kommen 15 000 Euro Energiekosten, Versicherungen und Reparaturen. Mitgliedsbeiträge reichen nicht aus zur Finanzierung.

Hilfe: Wer möchte, kann den Botanischen Garten als Mitglied, Baumpate oder Sponsor unterstützen. Infos: Tel. (02 12) 2 47 47 11, per E-Mail oder online.

botanischer-garten-solingen.de
E-Mail: info@botanischergartensolingen.de

Standpunkt von Björn Boch: Bitterer Beigeschmack

bjoern.boch@solinger-tageblatt.de

Der Fall des Kuchenverkaufs im Botanischen Garten steht für vieles, das für unsere Gesellschaft leider typisch ist. Für Verordnungen, die entweder zu grob sind, weil sie Ausnahmen unfair behandeln, oder die zu viele Ausnahmen zulassen. Für Gesetze, die auf hoher Ebene entwickelt werden, vor Ort aber zu Problemen bei der Umsetzung führen. Für Kontrollen, die im Prinzip begrüßt werden, im konkreten Fall aber zu großem Unmut führen können. Für das Bedürfnis, alles absichern zu wollen, und sei es Schaden durch selbst gebackenen Kuchen.

Das Lebensmittelüberwachungsamt hat sich offenbar redlich bemüht, das betont die Stiftung Botanischer Garten. Allein, eine Lösung ist bislang nicht gefunden.

Das Ergebnis hat einen bitteren Beigeschmack: Eine klamme Stadt wie Solingen kann Angebote wie den Botanischen Garten längst nicht mehr finanzieren. Im Gegenteil: Die Stiftung zahlt sogar Geld an die Stadt. Die wiederum musste es dem Verein nun erschweren, dieses Geld aufzubringen.

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