Erfahrungsbericht
Junge Solinger helfen Geflüchteten auf Lesbos
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Celia Matthaei und Max Urbitsch absolvierten nach dem Abitur einen Freiwilligendienst.
Von Celia Matthaei und Max Urbitsch
Solingen/Lesbos. Als im September 2020 das Flüchtlingslager Camp Moria auf der griechischen Insel Lesbos brannte, herrschte weltweites Interesse an der katastrophalen Situation der Geflüchteten an Europas Außengrenze. Im Camp waren zeitweise mehr als 20.000 Menschen untergebracht.
Nachdem das Camp durch den Brand vollständig zerstört war, mussten die Menschen notgedrungen auf der Straße leben, bis ein provisorisches neues Camp errichtet wurde. In diesem war die Situation zu Beginn teils noch katastrophaler.
Deshalb haben wir bereits im Dezember 2020 eine Spendenaktion an unserem Gymnasium, der August-Dicke-Schule, organisiert. Nachdem wir unser Abitur 2021 absolviert hatten, haben wir beschlossen, auf Lesbos zu helfen.
Eine Hilfsorganisation zu finden, stellte sich jedoch zunächst als schwieriger heraus, als wir es uns vorgestellt hatten. Oftmals wird nur Fachpersonal gesucht. Glücklicherweise sind wir über private Kontakte auf die griechische Organisation „Siniparxi“ (zu Deutsch: Koexistenz) aufmerksam geworden, welche auch von Solingern finanziell unterstützt wurde. Wir waren die ersten ausländischen Volontäre bei Siniparxi und haben unseren Aufenthalt privat organisiert. Über Siniparxi wurde uns eine Wohnmöglichkeit in der Hauptstadt der Insel, Mytilini, vermittelt.
Die wichtigste Aufgabe der Organisation ist die Ausgabe von Lebensmitteln und Hygieneartikeln an Geflüchtete. Darüber hinaus sammelt Siniparxi Kleiderspenden, organisiert Ausflüge für Geflüchtete und versucht, weiter auf die prekäre Situation der Geflüchteten aufmerksam zu machen.
Im Camp gaben sie Kindern Englischunterricht
Als wir im Oktober 2021 dazu stießen, haben wir uns an allen Aufgaben der Organisation beteiligt. Besonders das Packen von Lebensmitteltüten und die Ausgabe derer am Camp war ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit. Wir engagierten uns auch schnell bei „RAD Music International“, einer weiteren Organisation. Diese wurde von Geflüchteten gegründet und beschäftigt sich vor allem mit dem kulturellen Austausch zwischen Geflüchteten, Einheimischen und Volontären. Außerdem engagiert sie sich im Bereich der musikalischen und sprachlichen Bildung für geflüchtete Kinder. So haben wir schnell ein Angebot für Englischunterricht für Kinder aus dem Camp etabliert. Eine andere lokale Hilfsorganisation bot psychosoziale Unterstützung für geflüchtete Frauen in Form von wöchentlichen Seminaren an, an denen Celia teilnahm.
Natürlich haben wir während unseres Freiwilligendienstes die Auswirkungen der Corona-Pandemie gespürt. So haben strikte Regeln der Regierung unsere Arbeit erschwert und der nötige Abstand war oftmals nicht einzuhalten – vor allem bei unserem Unterricht mit den Kindern.
Aufgrund des engen Kontakts mit Geflüchteten gab es viele bewegende Momente. Wir wurden von den anderen Mitarbeitenden schnell ins Team aufgenommen. Wir haben Ausflüge unternommen, regelmäßig gemeinsam getanzt und mehrfach zusammen gekocht und gegessen. Es sind tiefgreifende Freundschaften entstanden. Durch das Zusammentreffen verschiedenster Kulturen, der Sprachbarrieren und der Unberechenbarkeit der Situation war es aber auch oftmals herausfordernd.
Die Erfahrungen auf Lesbos haben die Abiturienten langfristig geprägt
Während wir auf der Insel täglich versucht haben, Geflüchteten zu helfen, ist es für uns nun einfacher, die Lage in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Uns ist das Ausmaß der Problematik so erst richtig bewusst geworden. Darunter fallen die teils immer noch unmenschlichen Bedingungen, unter denen die Menschen im Camp leben müssen, die Intransparenz der Asylverfahren und der fehlende Plan für Geflüchtete ohne Chancen auf Asyl.
Persönlich befinden wir uns aktuell in einer Phase der Orientierung mit Praktika, Arbeit, Reisen, eventuell anderen Freiwilligendiensten und einem anstehenden Studium. Doch die Verbundenheit mit unseren neuen Freunden und die Erfahrungen auf Lesbos begleiten uns immer noch. Wir werden weiterhin versuchen, auf die prekäre Lage der Geflüchteten an Europas Außengrenzen aufmerksam zu machen und sicher nach Lesbos zurückkehren.
Solingen hilft
Der Verein „Solingen hilft“ engagiert sich seit Jahren vor allem für Geflüchtete auf Lesbos. Der Vorsitzende Dr. Christoph Zenses reist regelmäßig ins Camp, um vor Ort als Mediziner zu arbeiten und Spenden auf die Insel zu bringen.