Gräfrath und Höhscheid
Holzhäuser für Geflüchtete sollen in einem Jahr stehen
aktualisiert:
- 0 Kommentare
-
Feedback
schließen
- Weitere
Die Stadt muss schnell Platz für neue Flüchtlinge schaffen. Dass so viele Menschen in Deutschland Schutz suchen, ist nicht nur auf den Krieg in der Ukraine zurückzuführen.
Von Andreas Tews
Solingen. Bei der Schaffung neuer Flüchtlingsunterkünfte habe die Stadtverwaltung keine Zeit zu verlieren, berichtete Juliane Hilbricht. Darum strebt die Leiterin des Stadtdienstes Wohnen für die beiden geplanten Holzhäuser in Gräfrath und Höhscheid eine Fertigstellung für Ende dieses Jahres oder Anfang 2024 an, kündigte sie gegenüber der Politik an. Maximal sollen sie 12 Millionen Euro kosten. Der Rat hatte Mitte Dezember über die Vergabe an ein Bauunternehmen entschieden. Hilbricht berichtete jetzt, wie es weitergeht.
Im Rathaus rechnet man damit, dass die Stadt künftig mehrere Hundert Flüchtlinge mehr als bisher aufnehmen muss. Die Gräfrather Bezirksbürgermeisterin Ruth Fischer-Bieniek (Grüne) hatte in der Bezirksvertretung vergangene Woche die Zahl 400 genannt. Die steigende Zahl der Geflüchteten ist laut Hilbricht nicht nur auf den Krieg in der Ukraine zurückzuführen. Die Menschen kämen auch aus anderen Ländern, vor allem aus Syrien, Irak und Afghanistan.
Die Plätze in den Übergangsheimen sind nach einer Mitteilung des Rathauses inzwischen weitgehend belegt. Gleiches gelte für gemietete Ferienwohnungen und Hotels. Da aktuell keine weiteren Kapazitäten verfügbar seien, hat die Stadt Solingen im Dezember damit beginnen, das alte Finanzamt an der Goerdelerstraße (145 Plätze) und die alte Jugendherberge in Gräfrath (50 Plätze) für Geflüchtete zur Verfügung zu stellen.
„Wir haben es eilig.“
Um zu vermeiden, dass Turnhallen oder ähnliche Gebäude als Sammelunterkünfte genutzt werden müssen, will die Stadt jetzt andere Möglichkeiten für die Unterbringung Geflüchteter schaffen. Darum strebt das Rathaus den Bau zweier neuer Wohnhäuser in Holzständerbauweise an, die an der Nibelungenstraße und der Neuenkamper Straße (Höhe Bauermannskulle) Platz für jeweils 80 Menschen bieten sollen.
Dabei handelt es sich um zwei Standorte, für die vor einigen Jahren bereits Holzhäuser geplant waren, die aber schließlich doch nicht gebaut wurden. Eine neue Bauvoranfrage sei jetzt in Arbeit berichtete Hilbricht. Die werde identisch mit der sein, die vor Jahren genehmigt worden sei, kündigte sie an. Neue Anträge seien deswegen nötig, weil der alte positive Bescheid nicht mehr gültig sei.
Gegen die Unterkunft an der Nibelungenstraße hatten seinerzeit Anwohner geklagt, damit vor Gericht aber keinen Erfolg gehabt. Weil die Voraussetzungen die gleichen seien, geht Stadtdienstleiterin Hilbricht davon aus, dass eventuelle Klagen auch jetzt die beiden Bauprojekte nicht verhindern dürften.
Um Zeit zu gewinnen, wurde das Unternehmen, das den Zuschlag erhielt, nicht nur mit dem Bau der beiden Häuser beauftragt. Es soll auch die Anträge für die Baugenehmigungsverfahren stellen. Das städtische Gebäudemanagement sei mit laufenden Projekten zu stark ausgelastet, um dies im entsprechenden Tempo leisten zu können, sagte Hilbricht. Wann genau mit detaillierteren Planungen zu rechnen sei, konnte sie noch nicht mitteilen. Um keine Zeit zu verlieren, werde es für die nötigen Beschlüsse notfalls Sondersitzungen der politischen Gremien geben, erklärte sie. „Wir haben es eilig.“
An der Nibelungen- und der Neuenkamper Straße werden solche Holzhäuser gebaut, wie sie bereits an der Jaspers- und der Zietenstraße stehen. Mit diesen habe die Stadt gute Erfahrungen gemacht, erklärte Hilbricht. Beide Gebäude seien nach knapp sieben Jahren noch in einem guten Zustand. Zudem sind sie laut Stadtverwaltung nach wie vor fast voll belegt. 17 Plätze seien dort insgesamt frei, berichtete das Rathaus. Diese und die beiden neuen Gebäude werde die Stadt als Unterkünfte noch längere Zeit benötigen, sagte Hilbricht. Bei sinkendem Bedarf würden sie als letzte städtische Einrichtungen leergezogen.
Unterkünfte in Holzbauweise
Anlass: Als ab dem Jahr 2015 viele Flüchtlinge vor allem aus Syrien und Afghanistan kamen, ließ die Stadt als Unterkünfte zwei Wohnhäuser in Holzbauweise an der Jaspers- und der Zietenstraße bauen.
Größe: In 21 abgeschlossenen Wohneinheiten bieten diese pro Gebäude Platz für bis zu 80 Personen. Die Wohnungen sind 35 bis 48 Quadratmeter groß.
Nachnutzung: Wenn die Häuser nicht mehr als Unterkünfte benötigt werden, sei in Zukunft eine Nutzung als öffentlich geförderter Wohnraum oder als Kita möglich, berichtet das Rathaus.
Standpunkt von Andreas Tews: Teurer Krisenmodus
Erst kam die Finanzkrise, später die große Flüchtlingsbewegung aus Syrien, Corona reihte sich schließlich ein und jetzt auch noch der Ukraine-Krieg mit Inflation und Energiekrise. Und jedes dieser Ereignisse ist vor Ort in Solingen deutlich zu spüren. Die Stadt und ihre Menschen kommen aus dem Krisenmodus nicht heraus. Das ist nicht nur emotional anstrengend, sondern auch teuer.
So richtig und wichtig es auch ist, Menschen aufzunehmen, die vor Krieg und Verfolgung zu uns flüchten. Angesichts der bis zu 12 Millionen Euro, die die Stadt jetzt für zwei neue Holzhäuser investieren will, kann dem Steuerzahler schwindelig werden. Denn eines ist klar: Die Stadt wird wieder zumindest auf einem Teil der Kosten sitzenbleiben. Auf Dauer geht das nicht gut.
Bisher ist zwar eine Grundsteuererhöhung – anders als zum Beispiel in der Nachbarstadt Haan – nicht vorgesehen. Da sich der Bund und vor allem das Land bei den Krisenkosten einen schlanken Fuß machen, könnte die in wenigen Jahren aber auch in Solingen drohen.