Stadtgrenze

Höhrath zieht es nach Wermelskirchen

Höhrath liegt an der Stadtgrenze zu Wermelskirchen.
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Höhrath liegt an der Stadtgrenze zu Wermelskirchen.

Nach einer Bürgerbefragung schlägt das Rathaus eine Verschiebung der Stadtgrenze vor.

Von Andreas Tews

Solingen. Auch 50 Jahre nach der Eingemeindung fühlt sich die Mehrheit der Höhrather und Angerscheider noch immer nicht als Solinger. Dies wurde bei einer Bürgerbefragung der Stadt Solingen deutlich. Die meisten Bewohner der Ortschaften nahe der Sengbachtalsperre sehen ihren Lebensmittelpunkt in Wermelskirchen und sprechen sich für eine Umgliederung zur Nachbarstadt aus. Darum empfiehlt das Rathaus, den bewohnten Teil von Höhrath und Angerscheid von Solingen nach Wermelskirchen zu verlegen.

Auch 50 Jahre nach der Eingemeindung fühlt sich die Mehrheit der Höhrather und Angerscheider noch immer nicht als Solinger.

Über diese Verschiebung der Stadtgrenze wird seit fast 40 Jahren diskutiert. Sie kam unter anderem deswegen nicht zustande, weil Solingen nicht auf das Wasser-Einzugsgebiet der Sengbachtalsperre verzichten will. Nach einer neuen Initiative von Höhrathern und Angerscheidern hatte die Bezirksvertretung Burg/Höhscheid vor zweieinhalb Jahren beschlossen, dass die Stadtverwaltung eine Umgliederung ergebnisoffen prüfen solle. Zu diesem Verfahren gehört die Bürgerbefragung, an der 76 der 107 angeschriebenen Anwohner der beiden Ortschaften ab 16 Jahren teilgenommen haben. Durch deren Ergebnisse könnte jetzt Bewegung in die Sache kommen.

„Wir müssen den Wünschen der Bürger Rechnung tragen.“

Paul Westeppe, Burg/Höhscheider Bezirksbürgermeister

Die große Mehrheit der Befragten gaben nicht nur an, dass sie eher in Wermelskirchen als in Solingen einkaufen gehen. Sie fahren auch zum Sport und zu anderen Freizeitaktivitäten in die Nachbarstadt und sehen ihre privaten Kontakte eher dort. Die Frage, ob sie eine Ausgliederung nach Wermelskirchen befürworten, beantworteten 63 Prozent der Befragten mit Ja. Allerdings wurden auch Bedenken geäußert, unter anderem in Bezug auf die künftige Anbindung an das Linienbusnetz. Von Wermelskirchen aus fährt nur ein Bürgerbus nach Höhrath.

Insgesamt sieht das Solinger Rathaus die rechtlichen Voraussetzungen für eine Ausgliederung erfüllt. Nach Angaben der Aufsichtsbehörden bei den Bezirksregierungen Düsseldorf und Köln soll eine Umgliederung dieser Art dem öffentlichen Wohl dienen. Dies sei gegeben. Allerdings gibt das Rathaus zu bedenken, dass eine Umgemeindung „erhebliche Anpassungsaufwände“ bei der Stadtverwaltung und beim Rheinisch-Bergischen Kreis nach sich ziehen werde. Dies gelte vor allem für den Bereich des Liegenschaftskatasters.

Aus Sicht des Burg/Höhscheider Bezirksbürgermeisters Paul Westeppe (CDU) war die Bürgerbefragung repräsentativ. Eine Umgliederung wäre nach seiner Einschätzung bisher beispiellos in der Solinger Nachkriegsgeschichte. Im Bereich Witzhelden habe es zwar einmal einen Gebietstausch gegeben. Damals seien aber keine bewohnten Gebiete betroffen gewesen. Für den aktuellen Fall gelte: „Wir müssen den Wünschen der Bürger Rechnung tragen.“ Darum habe die Bezirksvertretung die Angelegenheit an die Räte der beiden Städte übergeben.

In Höhrath und Angerscheid geht es um weniger als 200 Einwohner, die die Stadt wechseln würden. Somit sei dies eine Angelegenheit, in der sich die Städte einigen können, erklärt Westeppe unter Berufung auf die rechtliche Überprüfung durch die Stadtverwaltung. Würde die 200er-Marke überschritten wäre ein Gesetz notwendig, das der Landtag von Nordrhein-Westfalen beschließen müsste.

Wichtig ist aus Westeppes Sicht, dass sich Solingen die Einzugsgebiete der Trinkwassertalsperre sichert. Um dies zu gewährleisten, beschränkt die Stadtverwaltung die von ihr empfohlene Umgliederung auf die unmittelbaren Ortslagen. Dieser Teil werde für die Wasserversorgung nicht benötigt.

Folgt die Politik den Empfehlungen, müssen die Rathäuser die Bezirksregierungen informieren und die Bedingungen für eine Umgliederung aushandeln. Noch nicht beziffert sind zum Beispiel die Auswirkungen auf die Steuereinnahmen.  | Standpunkt

Umfrage

Bei der Bürgerbefragung ging es um die Bindungen der Betroffenen an Solingen und Wermelskirchen. Die Ergebnisse:

Täglicher Bedarf: Solingen: 13,8%; Wermelskirchen: 84,6%; anderer Ort: 1,5%.

Vereine: Solingen: 19,7%; Wermelskirchen: 73,8%; anderer Ort: 6,6%

Freizeitangebote: Solingen: 26,9%; Wermelskirchen: 68,7%; anderer Ort: 4,5%

Private Netzwerke: Solingen: 27,1%; Wermelskirchen: 61,4%, anderer Ort: 11,4%

Standpunkt von Andreas Tews: Es gibt kein zurück

andreas.tews@solinger-tageblatt.de

Der eigentliche Anlass war im Bezug auf Gesamt-Solingen eher klein. Einige Eltern aus Höhrath und Angerscheid beschwerten sich, dass sie für ihre Söhne und Töchter keine Kitaplätze in Wermelskirchen erhielten und deswegen ins weiter entfernte Solingen fahren müssen – weil ihre Orte zu Solingen gehören.

Eine unbürokratische Lösung wäre gewesen, zwischen den beiden Städten eine Sonderregelung für Höhrather und Angerscheider Kita- und Schulkinder zu finden. Da diese aber nicht in Sicht war, entwickelte sich eine Eigendynamik, durch die es schließlich zu der Bürgerbefragung kam.

Durch die Ergebnisse haben Rathäuser und Politik jetzt immerhin ein verlässliches Bild von der Stimmungslage in den beiden Ortschaften. Und die ist eindeutig.

Auch haben die Verantwortlichen mit der Bürgerbefragung Erwartungen geweckt, die sie jetzt erfüllen müssen. Darum gibt es kein Zurück mehr – auch wenn durch die Verschiebung der Stadtgrenze bei einem relativ kleinen Effekt viel Arbeit auf die Rathäuser zukommt.

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