Sicherheit
Hauptbahnhof erhält Videoüberwachung
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Laut Bahnangaben soll die Anlage Ende 2024 installiert werden. Ziel ist es, die Sicherheit am Hauptbahnhof zu erhöhen.
Von Kristin Dowe und Lucas Hackenberg
Solingen. Spätestens nach dem erschütternden Messerangriff in einem Regionalzug im schleswig-holsteinischen Brokstedt hat die Diskussion um die Sicherheit in Zügen und an Bahnhöfen wieder Fahrt aufgenommen. Hatte die NRW-Landesregierung bereits 2020 den Beschluss gefasst, landesweit rund 100 Bahnhöfe mit moderner Videotechnologie auszustatten, steht nun fest: Auch der Solinger Hauptbahnhof soll Ende 2024 eine solche Videoanlage erhalten. Landesweit investiert das NRW-Verkehrsministerium rund 10 Millionen Euro für die Maßnahme.
Die Auswahl der Bahnhöfe träfen Bahn und Bundespolizei gemeinsam „nach bahnbetrieblichen und polizeifachlichen Kriterien“, teilt ein Bahn-Sprecher mit. Dabei spielten Fahrgastfrequenz, die Anzahl von Zughalten und die polizeiliche Statistik eine zentrale Rolle. Details könne die Bahn aufgrund der laufenden Planung aber noch nicht nennen.
Auch in den Zügen selbst soll Videoüberwachung schon länger die soziale Kontrolle erhöhen und Straftaten reduzieren, wie die Transportunternehmen überwiegend mitteilen. So ist der von Vias Rail betriebene „Müngstener“, die S7, schon länger mit einer Anlage ausgestattet, Gleiches gilt für den Großteil der von der Regiobahn betriebenen Züge wie der RE 47. Der Anbieter National Express, der in Solingen die Linie RB 48 betreibt, hält sich mit Verweis auf sicherheitsbezogene Details bedeckt, die nur intern kommuniziert würden, heißt es.
Vias Rail verweist zudem auf die Schwierigkeit, vor dem Hintergrund des branchenübergreifenden Personalmangels, eine vollständige Begleitung aller Verbindungen zu ermöglichen. Grundsätzlich sei die Begleitquote verkehrsvertraglich geregelt und werde von dem Unternehmen erfüllt.
Zahlen bezüglich tätlicher Angriffe auf Fahrgäste oder Beschäftigte könne der S7-Betreiber nicht nennen. Prinzipiell sei es bei der Durchsetzung der Corona-Schutzverordnung in der Vergangenheit immer wieder zu „verbalen Attacken durch Reisende“ auf das Personal gekommen – ein Phänomen, mit dem die gesamte Branche während der Pandemie konfrontiert gewesen sei. „Entsprechend werden auch unsere Mitarbeitenden regelmäßig besonders im Konfliktmanagement geschult“, berichtet ein Vias-Sprecher.
„Jeder Übergriff wird konsequent zur Anzeige gebracht.“
Vermitteln, schlichten, deeskalieren – Weiterbildungen zu diesen Themen sind für alle angefragten Transportunternehmen ein wichtiges Instrument, um die Sicherheitssituation auf der Schiene und an den Bahnhöfen zu verbessern. So setzt die Regiobahn nach eigenen Angaben etwa ausgebildete Sicherheitsfachkräfte ein, die mindestens einmal im Jahr fortgebildet würden. „Unsere Kundenbetreuer und Triebfahrzeugführer werden zusätzlich, ebenfalls jährlich, im Deeskalationstraining unterwiesen und geschult“, betont die Leiterin des Verkehrsmanagements, Sabine Hovermann.
Zudem gebe es im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) „eine übergeordnete Zusammenarbeit der Sicherheitspartner“. Diese Kooperation ermögliche bei Bedarf auch eine kurzfristige Unterstützung und die Teams würden zudem präventiv eingesetzt. Auch die Regiobahn beobachte eine Zunahme von Gewalt gegen Beschäftigte, die sich durch die Corona-Pandemie verschärft habe, berichtet Sabine Hoverkamp weiter. „Meist bleibt es bei Beleidigungen, Bedrohungen und Rangeleien. Diese sind schon schlimm genug – vor allem, wenn man sie täglich erleben muss. Und die Hemmschwelle, übergriffig zu werden, sinkt immer mehr“, schildert die Prokuristin die Situation.
„Auch bei uns gab es in den vergangenen Monaten Übergriffe auf Mitarbeiter. Hier ist jeder einzelne Übergriff – auch wenn es aus Sicht des Täters „nur“ Bespucken oder eine Beleidigung war – einer zu viel und wird konsequent zur Anzeige gebracht.“
Hintergrund
Bahn: Bundesweit investiert die Bahn nach eigenen Angaben rund 180 Millionen Euro in die Sicherheit von Fahrgästen und Beschäftigten. Dabei arbeite sie eng mit den zuständigen Behörden von Bund und Ländern zusammen. Neben den circa 5500 Beamten der Bundespolizei bestreifen etwa 4300 Sicherheitskräfte der Bahn Züge und Bahnhöfe.
Remscheid: Auch der Hauptbahnhof von Solingens Nachbarstadt Remscheid wird im Rahmen des Landesprogramms Ende 2024 mit einer Anlage für Videoüberwachung ausgestattet.
Standpunkt von Kristin Dowe: Mehr soziale Kontrolle
So tragisch die Bluttat im schleswig-holsteinischen Brokstedt auch ist – zu hundert Prozent werden sich Straftaten in den sensiblen Bereichen von Zügen und Bahnhöfen auch mit den besten Sicherheitsmaßnahmen nie verhindern lassen. Bahn und Bundespolizei arbeiten aber daran, die Sicherheit von Fahrgästen und Bediensteten so gut wie möglich zu gewährleisten.
Für die Erhöhung der sozialen Kontrolle kann eine Videoüberwachung, wie sie der Solinger Hauptbahnhof künftig erhalten soll, einen wichtigen Beitrag leisten. Zwar wird die Technik mit Blick auf Datenschutzfragen immer ein zweischneidiges Schwert bleiben. Doch erleichtert sie die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden entscheidend, wenn es nötig ist – zudem darf das Bildmaterial auch nur kurzzeitig gespeichert werden.
Mit den anstehenden Umbauarbeiten arbeitet die Stadt ohnehin daran, den Hauptbahnhof von seinem schlechten Ruf als „Angstraum“ zu befreien. Eine Videoüberwachung dürfte da zum Sicherheitsgefühl vieler Menschen beitragen.