Mummstraße
Gesundheitskiosk soll im Sommer öffnen
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Angebot für unbürokratische Hilfe und Vermittlung – auch Impfzentrum zieht ins Gesundheitshaus an der Mummstraße.
Von Simone Theyßen-Speich
Solingen. Der Begriff Gesundheitskiosk macht deutlich, was hinter dem neuen Angebot stehen wird: Niederschwellig soll das Angebot sein für alle, die Hilfe im Gesundheitssystem brauchen. Eher Café-Charakter als Behörde soll es ausstrahlen, das soll auch durch das Einrichtungsdesign und die Laufwege erreicht werden. Seit drei Jahren arbeitet Dr. Stephan Kochen, niedergelassener Internist und medizinischer Geschäftsführer des Solinger Ärztenetzwerks Solimed, gemeinsam mit der AOK Rheinland/Hamburg an dem Konzept. Im Sommer soll der Solinger Gesundheitskiosk im neuen Gesundheitshaus an der Mummstraße öffnen.
Dort wird ebenfalls das städtische Impfzentrum einziehen, das derzeit noch im ehemaligen P&C-Gebäude untergebracht ist. Schutzimpfungen, Impfberatung, Feststellung des Impfstatus oder Beratung für Reiseimpfungen wird das Gesundheitsamt im Impfzentrum anbieten. „Das Angebot ist keine Konkurrenz, sondern eine Ergänzung zu den niedergelassenen Ärzten“, betont Dr. Kochen. „Die Corona-Impfungen mit ihren Formularen bedeuten für die Praxen immer noch einen großen Aufwand.“ Abgerechnet werden die für die Bürger kostenlosen Impfungen direkt mit den Krankenkassen. „Die Stadt hat mit den Kassen verhandelt, um direkt abrechnen zu können.“
Unbürokratisch – so wird es im Gesundheitshaus nicht nur beim Impfen zugehen. Denn gerade auch der dort entstehende Gesundheitskiosk möchte sich an Menschen richten, die in den Praxen sonst nicht gut angebunden sind. „Das können Sprach- oder Verständnisprobleme sein, aber auch Unkenntnis in Gesundheitsfragen“, beschreibt Kochen. In vielen Familien werde Gesundheitswissen nicht mehr selbstverständlich weitergegeben. „Viele wissen nicht, dass Wadenwickel gegen Fieber helfen, dass Tetanusimpfungen alle zehn Jahre aufgefrischt werden müssen oder wie man einen Antrag für eine Kur stellt“, nennt Kochen Beispiele.
Zum Glück habe die Stadt erkannt, dass der Bedarf groß ist. „Aufgrund der großzügigen Förderung durch die Krankenkassen AOK Rheinland/Hamburg und Bergische Krankenkasse sowie die Stadt ist das Pionierprojekt in Solingen erst möglich geworden“, betont Kochen, der mit Solimed den Gesundheitskiosk auf den Weg gebracht hat und weiter begleiten wird.
Gesundheitskiosk koordiniert und vermittelt
Die Fachkräfte im Gesundheitskiosk, die derzeit gesucht werden, bieten keine medizinischen Behandlungen wie Verbandswechsel, Spritzen oder Ähnliches an, stellt Dr. Kochen klar. Der Gesundheitskiosk, der allen, die in der Stadt sind und Hilfe brauchen, kostenlos zur Verfügung steht, koordiniert und vermittelt. Wie nehme ich Kontakt zur Rentenversicherung auf? Wer hilft mir, wenn der Schimmel in der Wohnung mich krank macht? Wo gibt es eine passende Therapie? Bei all diesen Fragen soll Betroffenen geholfen werden. Solimed stellt dafür das große und gut funktionierende Solinger Netzwerk, bestehend aus Ärzten, Behörden, Wohlfahrtsverbänden, Selbsthilfegruppen, Stadtteilzentren und Krankenkassen zur Verfügung.
Jetzt gehe es darum, das wichtige Angebot in der Bevölkerung bekannt zu machen. „Wir würden uns auch sehr freuen, wenn sich neben der AOK Rheinland/Hamburg und der Bergischen Krankenkasse, die derzeit als Partnerkassen die überwiegenden Projektkosten tragen, weitere Krankenkassen beteiligten und so ermöglichten, das Leistungsangebot zu erweitern“, so der Mediziner. Denn Gesundheit und Wohlbefinden und damit auch soziale Teilhabe für alle Menschen in Solingen zu verbessern, müsse ein stadtweites Anliegen sein.
Fachkräfte für den Gesundheitskiosk
Personal: Die AOK Rheinland/Hamburg und die Bergische Krankenkasse finanzieren unter anderem das Personal. Gesucht werden Mitarbeitende aus dem medizinischen Bereich (MFA, Pflegepersonal), gerne auch mit Studium der Gesundheitsökonomie. Das zukünftige Team wird in einer ausführlichen Ausbildung geschult. Interessierte können sich während der Übergangszeit bis zur Eröffnung über den Solimed-Kontakt bewerben. solimed.de
Anforderung: Die Aufgabe ist die, die früher durch die Gemeindeschwester abgedeckt war, also Fachkunde in medizinischem Bereich und sozialer Arbeit.
Kommentar von Simone Theyßen-Speich: Ein Lotse im System
Unser Gesundheitssystem ist gut, eines der besten der Welt. Aber das hat auch seinen Preis. Umso tragischer, wenn ein Teil der Bevölkerung aus Unkenntnis nicht daran teilnimmt. Das ist schlecht für die betroffenen Menschen und deren Gesundheit. Das bedeutet aber auch falsch geleitete Patienten – und damit zusätzliche Kosten.
Etwa wenn die Notaufnahme aufgesucht wird, wo auch der Hausarzt helfen könnte. Wenn nach einer Behandlung Reha oder Kur nicht genutzt werden und der Behandlungserfolg dadurch gefährdet wird. Oder wenn Krankheiten mangels Prophylaxe oder Behandlung verschleppt und somit schlimmer werden – und die Behandlung aufwendiger.
Information kann da – wie so oft im Leben – vorab helfen. Diese Lotsen- und Vermittlerrolle soll zukünftig das Team im Gesundheitskiosk übernehmen. Ihn in der City zu öffnen, ist sinnvoll. Die Postleitzahl-Erfassung beim Corona-Impfen hat gezeigt, dass die Menschen in Mitte prozentual einen geringeren Bezug zum Gesundheitssystem haben.