Solinger Fahrlehrer zu den Gründen

Führerschein: Immer mehr Fahrschüler fallen in Solingen durch

Fahrlehrer Michael Pfannkuchen und sein Sohn Jonas setzen in der Fahrschule auf moderne Methoden auch im Theorieunterricht.
+
Fahrlehrer Michael Pfannkuchen und sein Sohn Jonas setzen in der Fahrschule auf moderne Methoden auch im Theorieunterricht.

Oft wird fehlende Konzentrationsfähigkeit bei den Fahrschülern vermutet. Zwei Solinger Fahrlehrer sehen andere Ursachen.

Von David Bieber

Solingen. Werden Fahrschülerinnen und Fahrschüler im Straßenverkehr immer unaufmerksamer? Diese Debatte hat bundesweit gerade Konjunktur. So sagte kürzlich etwa der Vize-Vorsitzende der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände, Kurt Bartels: „Der junge Mensch, der heute in die Fahrschule kommt, hat eine ganz andere Verkehrswahrnehmung als noch vor 20 Jahren – nämlich eine geringere.“ Grund soll unter anderem die vermehrte Smartphone-Nutzung der jungen Menschen sein, die mittlerweile ihren kompletten Lebensalltag bestimmt – und die Konzentrationsfähigkeit mindert.

Dass Solingens Fahrschülerinnen und Fahrschüler sich deshalb immer schwerer tun beim Erwerb des Führerscheins, können zwei erfahrene Solinger Fahrerlehrer so pauschal nicht bestätigen. Allerdings stimmen sie zu, dass das Verkehrsaufkommen und die Menge an Regeln generell, insbesondere in Solingen, stark zugenommen hat.

Fahrlehrer Markus Harscheidt in seinem Simulator. Er ist überzeugt: „Ich kann die Menschen von 1980 oder 2000 nicht wie die heutige Jugend beschulen.“

Allein mit dem Aufkommen der E-Roller und E-Bikes sowie der Pop-up-Radwege sei das „Feld schon breiter“ und der Verkehr anspruchsvoller geworden. Sind infolgedessen auch die Prüfungen schwerer geworden? Nein, meint Markus Harscheidt, Fahrlehrer seit 1999 und seit 2002 Inhaber einer Fahrschule in der Klingenstadt. Sein Kollege Michael Pfannkuchen von der gleichnamigen Fahrschule weist allerdings auf einen weiteren Aspekt hin. „Allein, weil die Prüfungen mittlerweile zehn Minuten länger dauern, ist es schwieriger geworden. Die Schüler müssen bei mehr Verkehr und weiteren Regeln länger aufmerksam sein.“

Michael Pfannkuchen, seit 2008 selbstständiger Fahrlehrer in Solingen, glaubt daher, dass die vermehrte Smartphone-Nutzung tatsächlich einen negativen Einfluss hat. Und bemerkt kritisch: „Schauen Sie mal in ein Auto, ob die Kinder auf die Straße schauen. Nein, sie gucken auf ihr Smartphone. Sie lernen nicht mehr am Modell, wie es früher gang und gäbe war.“ Deshalb hätten junge Menschen nicht mehr die natürliche Affinität zum Verkehrsgeschehen.

Diesem neuen Nutzungsverhalten der jungen Fahrschüler müssten auch die Fahrschulen und Fahrlehrer Rechnung tragen. Und sich gewissermaßen auf das neue Lernverhalten einstellen. Harscheidt: „Ich kann die Menschen von 1980 oder 2000 nicht wie die heutige Jugend beschulen. Wir setzen auf Simulatoren und Apps.“ Dennoch bleibt die Führerscheinprüfung eine Übungssache, die sehr viel mit Fleiß zu tun hat. Das habe sich nicht geändert. „Der Fahrlehrer sollte sicherstellen, dass die Vorbereitung für beide Prüfungsteile gut ist und dies immer wieder kontrollieren. Aber natürlich müssen auch die Schüler eigenständig lernen“, erklärt Harscheidt.

Insgesamt gesehen steigt seit Jahren die Durchfallquote bei Führerscheinprüfungen an. Der Tüv-Verband hatte zuletzt unter Berufung auf Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes berichtet, dass im Vorjahr 37 Prozent der Theorie-Prüfungen nicht bestanden worden seien – nach 29 Prozent im Jahr 2013. Bei der praktischen Prüfung für die Pkw-Führerscheinklasse B habe die Durchfallquote im vergangenen Jahr 43 Prozent betragen.

Michael Pfannkuchen ist noch ein Aspekt in diesem Zusammenhang wichtig. Die Fahrschüler von heute seien seinen Erfahrungen nach nicht schlechter oder dümmer als früher – auch, wenn die insgesamt relativ hohe Durchfallquote und geringere Aufmerksamkeitsspanne dies vermuten lassen. Sie seien vielmehr „überbeansprucht“ von den gegenwärtigen Krisen.

„Man darf nicht vergessen, welchem Stress und welchen Anstrengungen die jungen Menschen in den vergangenen Jahren ausgesetzt waren. Erst die Corona-Pandemie, seit einem Jahr der Ukraine-Krieg und nun explodierende Preise und hohe Energiekosten. Dazu die permanente Sorge um den Klimawandel, die insbesondere junge Menschen stark belastet.“

All das zeige sich in der Fahrschule und letztlich auch beim Lernen. Viele könnten die anstrengende Realität nicht ausblenden und den Fokus auf das Lernen für die Theorie richten. „Das belastet sie natürlich, das wird beim Blick auf die nackten Zahlen aber gerne vergessen“, sagt Pfannkuchen.

Prüfung

Theorie: Der Gesetzgeber sieht vor, dass die Schüler vor der Theorieprüfung die Vorprüfungen in der Fahrschule bestehen müssen. Erst nach diesen Vorprüfungen dürfen die Fahrschulen den benötigten Ausbildungsnachweis freischalten.

Unsere News per Mail

Nach der Registrierung erhalten Sie eine E-Mail mit einem Bestätigungslink. Erst mit Anklicken dieses Links ist die Anmeldung abgeschlossen. Ihre Einwilligung zum Erhalt des Newsletters können Sie jederzeit über einen Link am Ende jeder E-Mail widerrufen.

Die mit Stern (*) markierten Felder sind Pflichtfelder.

Meistgelesen

Tote bei Wohnhausbrand in Aufderhöhe
Tote bei Wohnhausbrand in Aufderhöhe
Tote bei Wohnhausbrand in Aufderhöhe
Das kostet eine Kugel Eis in Solingen
Das kostet eine Kugel Eis in Solingen
Das kostet eine Kugel Eis in Solingen
In Solingen fehlen 500 OGS-Plätze
In Solingen fehlen 500 OGS-Plätze
In Solingen fehlen 500 OGS-Plätze
Löschfahrzeug drohte umzukippen
Löschfahrzeug drohte umzukippen
Löschfahrzeug drohte umzukippen

Kommentare