Zustellerin

Fast 50 Jahre im Einsatz für das Tageblatt

Christiane Balogun mit ihrer Hündin Leila. 48 Jahre und 9 Monate trug Balogun die Tageszeitung aus – unter anderem rund um die Wittkuller Straße.
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Christiane Balogun mit ihrer Hündin Leila. 48 Jahre und 9 Monate trug Balogun die Tageszeitung aus – unter anderem rund um die Wittkuller Straße.

Christiane Balogun hat als Zustellerin viel erlebt – von Stürmen über Schnee bis zu wunderbaren Sonnenaufgängen. Bewerbungen für Minijobs als Zusteller beim ST sind immer möglich.

Von Jutta Schreiber-Lenz

Solingen. 48 Jahre und 9 Monate – so lange war Christiane Balogun für das Solinger Tageblatt und die Leserinnen und Leser unterwegs. Fast 50 Jahre, in denen sie täglich für die B. Boll Mediengruppe die Tageszeitung und später zusätzlich auch das Wochenblatt „Das Solinger“ austrug. Und in all den Jahren verbuchte sie so gut wie keine Ausfälle – zum Beispiel wegen des Wetters. „Ein einziges Mal nur bin ich umgekehrt und wieder nach Hause gegangen“, sagt sie. „Aber das ist lange her, das muss in den frühen 90ern gewesen sein.“

Selbst der Sturm „Kyrill“ konnte sie in ihrem Pflichtbewusstsein nicht stoppen. „Der war grenzwertig“, erinnert sich Balogun. Und muss dann doch schmunzeln, als sie an den Gartentisch denkt, der um die Ecke gesaust kam. Passiert ist weder ihr noch ihrer Hündin Stella etwas. 14 Jahre lang begleitete der Schäferhund-Mischling sie bei Wind, Regen und Sonne auf ihrer täglichen Runde durch ihren Bezirk in Wald.

„Manchmal war mir schon ein wenig unheimlich“, sagt sie ehrlich. Unangenehme Zwischenfälle habe es aber nie gegeben. „Klar, wenn es in Strömen regnete, musste ich mir oft einen innerlichen Ruck geben, aber gut eingepackt in Jacke, Hose und Kapuze ging das. Wenn ich dann mal draußen war, war es okay“.

Auch der jüngste Wintereinbruch rief bei Christiane Balogun viele Erinnerungen wach. An frühe Stunden, in denen sich die Zeitungszustellerin mit Wägelchen durch zum Teil kniehohen Schnee kämpfen musste. „Manchmal fuhr der Bus nicht, den ich hätte nehmen müssen, um von meinem Zuhause nach Wald in meinen Bezirk zu kommen“, erzählt die lebhafte Mitsechzigerin. „Dann bin ich halt zu Fuß dorthin gestapft.“

Auf der anderen Seite der Medaille stehen „die wunderbare Stille und der besondere Blick auf die schlafende Stadt, die klaren Sternenhimmel sowie die wunderbaren Sonnenaufgänge im Sommer“, schwärmt Balogun. All das waren intensive Erlebnisse, die sie mit ihrem vierbeinigen Begleiter geteilt und genossen hat.

„Stella liebte die tägliche Runde“, sagt sie. Als Angsthund über „Tiere in Not“ vermittelt, war es genau richtig, dass sie die Welt bei ihren Ausflügen ins Freie sozusagen für sich hatte – ohne viel Verkehr und Geschäftigkeit. „Wenn wir in Wald aus dem Bus stiegen, um die Zeitungen abzuholen, hat sie immer zweimal fröhlich und laut in die Dunkelheit hinein gebellt. So als wollte sie sagen: Juhu, da sind wir!“

„Das war aufregend, weil ich mich erstmal orientieren musste.“

Christiane Balogun über ihre Anfänge mit Zustellbuch

Christiane Balogun war 18 Jahre jung, als ihr 1974 ein Bekannter den Tipp gab, dass das Tageblatt Zusteller suchte. „Ich habe mich gemeldet, bin genommen worden und habe angefangen – damals noch von Haan aus, wo ich wohnte“, erinnert sie sich. Ab ungefähr 14 Uhr ging es damals los, das Tageblatt war noch eine Mittagszeitung. Fertig war sie spätestens um 17 Uhr mit rund 150 Adressen, die sie zu bedienen hatte. „Akribisch mit einem Buch, wo alle Abonnenten drin standen, bin ich losmarschiert. Das war aufregend, weil ich mich erstmal orientieren musste. Nicht alle Briefkästen sind ja gut erkennbar an der Straße angebracht. Für so manche musste ich in Hinterhöfe hinein oder durch Toreinfahrten.“

Jahre später, als alleinerziehende Mutter einer Tochter, nahm sie die Kleine oft mit. „Im Kinderwagen-Korb die Zeitungen, sind wir dann losgezogen,“, erzählt sie fröhlich. „Meine Kleine hatte viel Freude an diesen Ausflügen, auch weil sie manchmal Süßigkeiten von Passanten geschenkt bekam.“ Für die Kindergarten-Zeit musste dann eine Einrichtung gesucht werden, die auch nachmittags betreute. Zu der damaligen Zeit nicht so einfach, aber es klappte. Längst hatte Christiane Balogun Routine beim Austragen entwickelt, längst brauchte sie keine Adressen-Liste mehr.

Manchmal hat sie den einen oder anderen ST-Leser getroffen. Es gab freundliche „Hallos“, manchmal auch ein paar Sätze mehr. Regelmäßig fand sie Umschläge mit einem Feiertagsgruß zu Weihnachten an den Briefkastenklappen. „Dann habe ich meinerseits ein schriftliches Dankeschön eingeworfen.“ Unterschrieben mit „Ihre Zustellerin und Stella“.

Anfang der 90er Jahre kam dann der Wechsel von der Nachmittagszeitung zum Morgenblatt. Eine Umstellung natürlich, für sie aber kein Grund, über ein Aufhören nachzudenken. Also stellte sie den Wecker auf 2.30 Uhr und entwickelte eine neue Tagesstruktur. Vorgabe war, alle Zeitungen bis 5.30 Uhr in die Leserbriefkästen zu bringen. „Zum Frühstück mit meiner Tochter war ich pünktlich zurück. „Und wenn die dann zur Schule marschierte, hab ich mich noch mal für zwei bis drei Stunden hingelegt.“

Bei aller Begeisterung für den Job sei im vergangenen Jahr dann doch der Entschluss gereift, aufzuhören. Nicht nur weil Leila, die Nachfolgerin ihrer treuen, verstorbenen Stella, mit dem täglichen, frühmorgendlichen Rausmüssen nicht zurechtkam, so dass ihr Frauchen alleine loszog. Sie gönnt sich nun ein „Ausschlafen“ bis 4.30 Uhr. Länger schaffe sie nicht, verrät sie augenzwinkernd. „Die Gewohnheit.“

Verdienst: Seit 1. Oktober 2022 liegt der Mindestlohn bei 12 Euro pro Stunde. Die Entgeltgrenze für sogenannte Minijobs wurde auf 520 Euro im Monat angehoben.

Kontakt: Wollen Sie Zusteller werden oder kennen jemanden, der einen Nebenjob sucht? Bewerbungen sind unter Tel. (02 12) 2990 oder auch schnell und einfach online möglich: www.zvg-solingen.de

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