Weltverbrauchertag
Überschuldung: Experten warnen vor Kreditfallen
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Vermeintlich gute Angebote können den Weg in die Überschuldung bedeuten.
Solingen. Es hat mit Kreditkartenschulden begonnen. Binnen kurzer Zeit häufte die junge Frau 42 Gläubiger an. In manchen Fällen ging es um wenige Euro, doch Inkassokosten und Mahngebühren ließen die Summe steigen. Nun steht die Solingerin mit rund 3000 Euro in der Kreide – für die Bürgergeld-Empfängerin eine gewaltige Summe. Fälle wie dieser begegnen Dagmar Blum immer wieder. Den heutigen Weltverbrauchertag nimmt die Leiterin der Solinger Beratungsstelle der Verbraucherzentrale deshalb zum Anlass, vor Kreditfallen zu warnen.
Die Bedeutung des Themas steigt. „In der Schuldner- und Insolvenzberatung haben wir definitiv mehr zu tun“, bestätigt Blum. Betroffen seien aufgrund hoher Energiepreise und Inflation auch Menschen, die bislang finanziell über die Runden gekommen waren. Neue Fälle können die Experten am Werwolf wegen der hohen Nachfrage nur bedingt annehmen. Fragen zur Existenzsicherung werden weiterhin beantwortet. Dabei geht es um Aspekte wie Mietrückstände, Energiesperren sowie Pfändungsschutzkonto.
„Ist das Angebot zu gut, um wahr zu sein, ist es meist auch nicht wahr.“
In der aktuellen Situation sehen es manche als einzigen Ausweg, Geld aufzunehmen. Davor warnt Dagmar Blum: „Kredite als schnelle Lösung bei Geldproblemen sind oft ein Trugschluss.“ Vielfach verbergen sich hinter scheinbar guten Angeboten hohe Kosten. Zudem gebe es unseriöse Anbieter – sie offerieren „völlig sinnlose Verträge“ statt hilfreicher Darlehen.
Dagmar Blum rät, jede Kreditaufnahme sorgfältig abzuwägen. Wer die Möglichkeit hat, sollte die später fällige Rate vorab mindestens ein Jahr lang monatlich zurücklegen, um zu prüfen, ob er die Belastung stemmen kann. Braucht es kurzfristig Geld, besteht diese Option nicht. „In diesem Fall muss man sich gut über die Bedingungen informieren“, sagt die Verbraucherschützerin.
Denn vielfach locken Anbieter mit vermeintlich guten Konditionen, etwa für Klein- und Kurzzeitkredite. Diese versprechen – meist im Internet – niedrige Summen schnell zur Verfügung zu stellen, um Engpässe zu überbrücken. Das Problem: Neben dem hohen Zinssatz fallen immer wieder „optionale Zusatzleistungen“ an – mit teuren Folgen.
Nicht der einzige Fallstrick. Auch wenn Kreditvermittler betonen, „unbürokratische, problemlose Sofort-Kredite“ anzubieten, kann sich dahinter eine Falle verbergen. Denn häufig vertreiben diese keine Darlehen, sondern Verträge zur „Vermögensverwaltung“ oder „Finanzsanierung“. Für die Verbraucher fallen dabei hohe Kosten für wenig hilfreiche Leistungen an.
Sollte ein Kredit unumgänglich sein, plädiert Dagmar Blum dafür, zunächst das Gespräch mit der Hausbank zu suchen. Wenn diese das Darlehen verweigert, sei das ein Warnsignal. In diesen Fällen mache es keinen Sinn, auf Anbieter zurückzugreifen, die Kreditvergabe ohne Bonitätsprüfung versprechen. Hier sei Vorsicht geboten. „Ist das Angebot zu gut, um wahr zu sein, dann ist es meist auch nicht wahr“, sagt Dagmar Blum.
Produkte auf Raten zu kaufen, könne ebenso zur Kostenfalle werden, wie den Dispokredit regelmäßig auszureizen, um die Lebenshaltungskosten zu decken. Letzteres könnte angesichts aktueller Zinssätze von etwa zehn Prozent den Einstieg in die Überschuldung bedeuten.
Bei Geldsorgen führe kein Weg daran vorbei, sich frühzeitig Hilfe zu suchen – auch wenn das viele Betroffene Überwindung koste. Erster Schritt: Einnahmen und Ausgaben gegenüberstellen. Kommt dabei ein Minus heraus und sind keine Einsparungen möglich, sollten sich Betroffene an eine anerkannte Schuldnerberatung wenden. Die Experten helfen, ausstehende Zahlungen zu priorisieren und den Anspruch auf staatliche Leistungen zu prüfen.
Politische Forderung
Unter bestimmten Voraussetzungen können Zinssätze bei Privatkrediten rechtlich als sittenwidrig eingestuft werden. Diese Kategorie sei jedoch wenig greifbar, kritisiert Dagmar Blum. Die Verbraucherschützerin wünscht sich deshalb klarere gesetzliche Vorgaben – die Höhe von Kredit- sowie zusätzlichen Kosten sollte gedeckelt werden. Viele Informationen zu Kreditfallen hat die Verbraucherzentrale im Internet zusammengestellt.
verbraucherzentrale.nrw/kreditfallen