Abschied
Erinnerungen an Mevlüde Genç begleiten die Trauerfeier
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Viele Gäste der Trauerfeier kannten Mevlüde Genç persönlich und berichteten von ihren Erinnerungen an die Verstorbene. Wie beispielsweise der Bundestagsabgeordnete Jürgen Hardt (CDU), der das Ehepaar Genç einst in einem Berliner Hotel abholte. Plötzlich waren alle umgeben von Fans und Kameras.
Von Philipp Müller
Solingen. Bei der Trauerfeier für Mevlüde Genç mit rund 1000 Gästen an der Unteren Wernerstraße wurde vor allem ihre Rolle als Friedensbotschafterin gewürdigt. Doch bei den Gästen, die sie persönlich kannten und erlebt hatten, kamen natürlich auch Erinnerungen an Begegnungen mit der Verstorbenen hoch. Die unterscheiden sich dann doch deutlich von dem Bild der in der Öffentlichkeit zwar freundlich aber oft reserviert schauenden Solingerin. Sie hatte neben ihrer Warmherzigkeit und Offenheit offenbar auch viel Sinn für Humor.
So berichtete am Rande des Trauergebets der ehemalige Solinger Oberbürgermeister Norbert Feith (CDU) von einer Reise im Jahr 2013. Aus Anlass des 20. Jahrestages des Solinger Brandanschlags, bei dem Mevlüde und Durmus Genç zwei Töchter, zwei Enkelinnen und eine Nichte durch die Tat von vier Solinger Neonazis verloren hatten, begleitete er die Familie in Mevlüde Gençs türkische Geburtsstadt Mercimek. Nachdem sie gemeinsam das Grab der Töchter von Mevlüde und Durms Genç besucht hatten, habe sie für die Gäste gekocht. Eigentlich sei Ramadan gewesen, aber die herzliche Gastgeberin bat mit folgendem Satz zu Tisch: „Ihr seid keine Moslems und wir sind alte Leute. Lasst uns essen.“
Mit dem FC Bayern München im Hotel
Doch auch in Solingen empfing sie gerne Gäste. So erzählte der Direktor des Zentrums für verfolgte Künste, Jürgen Kaumkötter, dass er Familie Genç davon berichten durfte, wie sein Museum die Erinnerungskultur für die durch die Nazis verfolgten und ermordeten Künstlergenerationen gestaltet. Zum Abschied habe er seine Visitenkarte überreicht und die Friedensbotschafterin habe ihn mit dem Ellenbogen in die Seite geknufft – was Kaumkötter als herzliche und ehrlich gemeinte Anerkennung für seine Arbeit verstand.
Eine andere Anekdote berichtete der CDU-Bundestagsabgeordnete Jürgen Hardt. Mevlüde Genç sei 2012 Mitglied der Bundesversammlung zur Wahl von Bundespräsident Joachim Gauck gewesen. „Ich habe Mevlüde und ihren Mann Durmus in ihrem Hotel auf der Berliner Friedrichstraße abgeholt, um sie in den Reichstag zu begleiten. Zeitgleich verließ die Mannschaft von Bayern München das Hotel. Dicht gedrängt standen zahlreiche Kameraleute und Fans im Foyer. Mevlüde und Durmus genossen es sichtlich, zusammen mit den Bayern-Stars das Hotel zu verlassen und zwischen Thomas Müller und Manuel Neuer gefeiert zu werden.“ Hardt ist sich sicher: „Mancher Fan wird sich gefragt haben, welche Rolle Mevlüde und Durmus denn im Team der Bayern-Spitzenmannschaft spielten.“
In den Stunden nach dem Tod von Mevlüde Genç empfing die Familie zahlreiche Trauergäste in ihrem Haus. Darunter auch die langjährige, frühere Integrationsbeauftragte der Stadt Solingen, Anne Wehkamp. Was sie erzählte, steht sicher stellvertretend für viele Geschichten, wenn es darum geht, welchen Eindruck die Menschen von Mevlüde Gençs Herzlichkeit hatten. Die Frauen, die der rituellen Waschung des Leichnams der Verstorbenen beiwohnten, hätten ihr berichtet: „Sie hatte ein Lächeln im Gesicht.“
Trauerfeier: 1000 Gäste geben Mevlüde Genç ein letztes Geleit