Mein Blick auf die Woche in Solingen

Ein Missverständnis, aus dem alle lernen können

bjoern.boch@solinger-tageblatt.de
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Die Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG) Ohligs will dringend weitermachen, kann es aber zumindest bis Sommer nicht. Grund sind gesetzliche Fristen und Abläufe. Das ist bedauerlich. Die Engagierten aus Ohligs und die Stadt müssen aus dem Fall lernen, findet ST-Lokalchef Björn Boch.

Oft in jüngster Zeit blickten die Solinger mit einer Mischung aus Neid und Bewunderung gen Westen. In „Boomtown Ohligs“ schien alles zu funktionieren: Viele neue Menschen ziehen dorthin. Privates wie öffentliches Geld wird investiert. Und flankiert wird das von Engagierten, die den Stadtteil voranbringen wollen. Es wirkte wie eine Blaupause für Stadtentwicklung – in Zeiten, in denen Stadtentwicklung so schwierig ist.

Nun hat die Euphorie Dämpfer bekommen. Weil sich die schlechten Nachrichten häufen. Die Arbeiten an Marktplatz und Düsseldorfer Straße dauern länger und werden teurer als geplant, das Dürpelfest wurde deshalb abgesagt. Die Markthändler kämpfen mit drastischen Umsatzeinbußen, die Auswirkungen auf den Einzelhandel sind noch nicht absehbar. Und eine Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG), die in dieser kritischen Zeit unterstützen könnte, ist ausgebremst. Weil die Bürokratie zugeschlagen hat.

Ja, eine gesetzliche ISG ist kompliziert. Das ist richtig so, weil private Eigentümerinnen und Eigentümer sogar gegen ihren Willen zu Zahlungen verpflichtet werden können. Das will gut begründet sein. Aber das wurde es vor fünf Jahren – beim Start. Leider behandelt das ISG-Gesetz eine Verlängerung faktisch wie eine Neugründung. Also alles von vorne?

Jein. Immerhin beim Vertragswerk zwischen Stadt und ISG kann wohl vieles bleiben. Und der Maßnahmenkatalog für die kommenden fünf Jahre ist fertig – er war Grundlage der Eigentümerbefragung. Fast hätte es noch für einen Beschluss im Rat am Donnerstag gereicht. Dem standen gesetzliche Fristen entgegen.

Natürlich muss sich die ISG fragen lassen – und fragt sich das auch selbstkritisch –, ob sie sich rechtzeitig um alle Maßnahmen für die Fortsetzung gekümmert hat. Die Verwaltung kann glaubhaft nachweisen, die ISG engmaschig betreut zu haben. Allerdings dürfen die Verantwortlichen bei der Stadt nicht unterschätzen, wie verschieden die Welten sind, in denen sich die Akteure bewegen. Was für Fachleute selbstverständlich ist, muss für Laien noch lange nicht verständlich sein.

Die Verzögerungen bei der ISG taugen nicht zum Skandal, sondern sind ein kommunikatives Missverständnis. Dennoch können alle daraus lernen. Noch im September 2022, bei einem offiziellen Pressetermin mit der Stadt, hoffte die ISG, dass es bis Jahresende grünes Licht für die zweite Phase geben kann. Das blieb unwidersprochen. Am Ende steht nun Frustration auf beiden Seiten, die eine weitere Zusammenarbeit nicht negativ beeinflussen darf.

Die Kommune macht keine Gesetze, muss sie aber umsetzen – selbst in der Stadtverwaltung sprechen viele von „ausbaden“. Wenn der Rat im Juni zustimmt, wovon auszugehen ist, dann sind seit dem finalen Konzept der „ISG 2.0“ bis zum Beschluss neun Monate vergangen. Das darf nicht das neue „Deutschland-Tempo“ sein, das der Bundeskanzler verkündet hat. Und die Klingenstadt muss alles ihr Mögliche tun, damit es auch nicht das „Solingen-Tempo“ ist.

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