Energiekrise

Die Stadt fährt die Beleuchtung hoch

Nicht nur am Rathaus am Walter-Scheel-Platz wird es bald heller. Viele städtische Gebäude werden wieder beleuchtet.
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Nicht nur am Rathaus am Walter-Scheel-Platz wird es bald heller. Viele städtische Gebäude werden wieder beleuchtet.

Verordnung läuft aus, das Anstrahlen von Gebäuden ist wieder erlaubt: Wie es an Theater, Rathaus und Solinger Geschäften weitergeht.

Von Philipp Müller
und Björn Boch

Solingen. Die städtischen Gebäude werden ab Mitte April wieder länger angestrahlt. So soll beispielsweise am Theater und Konzerthaus länger das Licht brennen. Von innen werden von 18 bis 8 Uhr die Stützen der Fenster beleuchtet. Im gleichen Zeitraum soll das Klingenmuseum wieder von außen angestrahlt werden.

Der Bund hatte im September 2022 die „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung“ erlassen. Dabei gab es Beschränkungen von Reklamelichtern und beim Anstrahlen von Gebäuden vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise. Am Samstag, 15. April, endet die Verordnung, die in Solingen für Probleme gesorgt hatte.

Deutlich sichtbarer wird das Rathaus am Walter-Scheel-Platz. Es soll mittels Steuerung über Dämmerungsschalter und Zeitschaltuhr je nach Jahreszeit zwischen 18 und 23 Uhr und zwischen 5 und 8 Uhr angestrahlt werden.

In Sachen Einsparung von Energie gehe es nicht nur um Licht in den Abendstunden, so Stadtsprecher Thomas Kraft. Das lasse sich auch nicht quantifizieren. Kraft verweist auf generelle Spareffekte über den Winter. So waren einige städtische Gebäude von Weihnachten bis ins neue Jahr ganz geschlossen worden, was auch für Kritik gesorgt hatte.

Wie viel Energie hat die Stadt mit ihren Maßnahmen eingespart?

Die Stadt habe witterungsbereinigt im letzten Quartal 2022 – im Vergleich zum Vorjahreszeitraum – über alle Gebäude 23 Prozent oder 3,5 Millionen Kilowattstunden Heizenergie, rund 350 000 Euro, eingespart. Die Verwaltungsgebäude hätten mit 35 Prozent (0,4 Millionen kWh/40 000 Euro) ein gutes Ergebnis erzielt. Der Stromverbrauch sei über alle Gebäude um circa 10 Prozent (243 000 kWh/35 000 Euro) zurückgegangen.

Die Verordnung läuft aus - wie reagiert der Handel?

Geht es nach Detlef Ammann, dem Chef des Werbe- und Interessenrings Solinger Innenstadt (W.I.R.), bleibt es in und an den Geschäften in Mitte bei der Sparbeleuchtung des Winters. Wie viel Energie tatsächlich eingespart worden ist, könnten die Händler nicht auf den Euro genau beziffern, erklärt Ammann. Der W.I.R.-Vorsitzende rät aber dazu, die Beleuchtung nicht wieder hochzufahren: „Die Menschen haben kaum gemerkt, dass weniger Reklame geleuchtet hat.“

Für die Clemens-Galerien sagt Sprecherin Ria Bosserhoff: „ Die Außenbeleuchtung wurde aufgrund der Verordnung angepasst und wird so weitergeführt. Die komplette Weihnachtsbeleuchtung wurde auf LED umgestellt.“ Eine konkrete Angabe über den Umfang der daraus resultierenden Energieeinsparung lasse sich noch nicht ableiten.

In Ohligs werde sich nicht viel ändern, erklärt Brigitte Kiekenap von der Ohligser Werbegemeinschaft (OWG). Die meiste Beleuchtung sei aus ihrer Sicht für die Sicherheit der Fußgängerzone notwendig und habe deshalb nie ausgeschaltet werden müssen. „Da die meisten inzwischen LED-Leuchten haben, wäre die Ersparnis ohnehin marginal.“

Für Wald kann Rainer Francke vom Walder Werbering mögliche Einspareffekte nicht beziffern. Der Buchhändler richtet den Blick auf andere Aspekte: „Ich glaube, dass die Einschränkungen eher Ausdruck von Solidarität waren und von der Sorge um Engpässe bestimmt.“

Wie Ammann berichtet Francke von der nicht einfachen Situation im Einzelhandel: „Die Stimmung, die seit dem Ukraine-Krieg generell weniger optimistisch scheint und Ausdruck in einer gewissen Kaufzurückhaltung findet, wird von vielen Faktoren bestimmt. Von daher ist es sicher besser, wenn Normalität zurückkommt. Das könnte die Stimmung verbessern.“ Daher rät er ab dem 15. April zu mehr Licht an und in den Geschäften. „Wenn in der wärmeren Jahreszeit Menschen länger unterwegs sind, ist Licht sicher nicht schädlich.“

Gräfrath

Am früheren Gräfrather Rathaus, dem Standort von Kunstmuseum und Zentrum für verfolgte Künste, konnte Außenbeleuchtung zunächst nicht abgeschaltet werden, da der Zuständige nicht gefunden wurde (ST berichtete). Aktuell brennt Licht an der Treppe vor den Museen – aus Sicherheitsgründen. Mehr Beleuchtung ist nicht geplant.

Standpunkt von Björn Boch: Genau prüfen

bjoern.boch@solinger-tageblatt.de

Licht, das wissen Experten, hat viele Facetten. Neben dem Stromverbrauch geht es auch um Sicherheit: um tatsächliche, etwa in Bezug auf Stolperfallen, aber auch um gefühlte. Denn Menschen, die nichts Böses im Schilde führen, fühlen sich im Hellen wohler. Dazu kommt Sichtbarkeit – Köln etwa hat mitgeteilt, das der Dom natürlich wieder beleuchtet werde. Aus der Domstadt kommt eine andere, bemerkenswerte Entscheidung: Mehr als 130 Gebäude bleiben im Dunkeln. Es sei das falsche Signal, die Stadt wieder so hell erstrahlen zu lassen, als sei der Krieg in der Ukraine beendet. Und als gäbe es Energie im Überfluss und keine Klimakrise, die dazu zwinge, sparsam mit Ressourcen umzugehen.

Auch die Stadt Solingen ist gut beraten zu prüfen – unter allen genannten Aspekten – welche Gebäude wirklich einer Beleuchtung bedürfen. Und falls diese notwendig ist, sicherzustellen, dass sie so sparsam ist wie nur irgend möglich. Diese Krise ist noch nicht vorbei. Das gilt wohl leider auch für den kommenden Herbst.

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