Negativpreis „Plagiarius“
Darum wird Produktpiraterie komplexer
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Das Museum im Südpark in Solingen stellt die diesjährigen Träger des Negativpreises „Plagiarius“ aus.
Von Manuel Böhnke
Solingen. Fälscher, Identitätsdiebe, Betreiber von Fake-Shops im Internet – die Spielarten der Produkt- und Markenpiraterie werden komplexer. Das zeigt sich auch an den diesjährigen Trägern des Negativpreises „Plagiarius“. Sie sind ab sofort im gleichnamigen Museum im Südpark zu sehen.
Zum 47. Mal hat die Aktion Plagiarius die Auszeichnung an Hersteller und Händler dreister Plagiate und Fälschungen vergeben. „Wir wollen für die Schäden, die dadurch entstehen, sensibilisieren“, erklärt Christine Lacroix, Pressesprecherin der Aktion Plagiarius.
Experte schätzten das Volumen des internationalen Handels mit Fälschungen 2019 auf 412 Milliarden Euro. Die vom Zoll beschlagnahmte Ware sei nur die Spitze des Eisbergs. Der Schaden sei nicht nur wirtschaftlicher Natur. Nicht immer, jedoch häufig seien die Qualität minderwertig, die Plagiate potenziell gefährlich.
„Die Entwicklung neuer Produkte ist kostenintensiv“, betont Christine Lacroix. Umso ärgerlicher sei es, wenn Dritte Ideen klauen. Die Item Industrietechnik GmbH kann davon ein Lied singen. „Wir sind stolz auf unsere Innovationskraft“, betont Marketing-Leiterin Kathrin Kirschner. Mehr als 80 Mitarbeiter beschäftigt Item in Aufderhöhe in der Produkt- und Softwareentwicklung, jährlich kommen mehr als 100 neue Artikel auf den Markt.
„Plagiarius“: Dreiste Fälscher erhalten Negativpreis




Auch die Reihe D30 LPS stammt aus dem Hause Item. Die Fath GmbH hat einige der Bauteile abgekupfert – nicht zum ersten Mal. Seit Jahren bedient sich die Firma aus dem bayerischen Spalt der Aktion Plagiarius zufolge am geistigen Eigentum der Solinger. Dafür gibt es nun den Sonderpreis „Faulster Serientäter“. Item verfolgt eine Systematik, bei der mögliche Patentverletzungen geprüft werden. Bei Verstößen werden weitere Schritte in Betracht gezogen. Im vorliegenden Fall präsentiert sich Kirschner selbstbewusst: „Wir sind das Original.“
Vielen jungen Menschen fehlt Problembewusstsein
Die Aktion Plagiarius konfrontiert alle Beschuldigten mit dem Vorwurf der Produkt- und Markenpiraterie. Fath zeigte sich davon unbeeindruckt. Der erste Platz des diesjährigen Wettbewerbs reagierte einsichtig und kündigte an, die abgeschaute Version des Wandregal-Sytems „LINK“ der Hamburger Firma Studio Hausen vom Markt zu nehmen.
Dabei handelte es sich ebenso um einen Konflikt zwischen zwei deutschen Firmen wie beim dritten Platz: Die OBD Diagnostic Tools aus Fellbach kopierte Komponenten zur Fahrzeug-Diagnose von Mercedes-Benz. Rang zwei geht an einen türkischen Hersteller, der Gläser des deutschen Unternehmens Koziol abgekupfert hat. Ein polnischer Betrieb erhält den Sonderpreis „Fälschung“ dafür, dass er eine Navigations-SD-Karte der Volkswagen AG nachgeahmt hat. Nach Fernost geht der Sonderpreis „Identitätsklau“: Ein Chinese hat die Website der Klingenberger Firma Wika kopiert und als deren chinesischer Internetauftritt ausgegeben.
Christine Lacroix bemängelt, dass die Strafen für Produkt- und Markenpiraten zu lasch seien. Gleichzeitig bereitet ihr Sorge, dass vielen jungen Menschen offensichtlich das Problembewusstsein fehlt. Dem „Jugendbarometer 2022 zum geistigen Eigentum“ zufolge gaben 37 Prozent der Europäer zwischen 15 und 24 Jahren an, bereits vorsätzlich Fälschungen gekauft haben. Es gebe Influencer, die solche Artikel bewerben. Lacroix: „Es entsteht keine Wertschätzung für Produkte, wenn ich ihren Wert nicht kenne.“
Museum
Das Museum Plagiarius hat freitags von 9.30 bis 13 und von 13.30 bis 17 Uhr sowie samstags und sonntags von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Erwachsene zahlen 4 Euro (ermäßigt 3), freier Eintritt für Kinder bis 10 Jahre.