Pandemie
Corona: So reagieren Handel und Gastronomie auf die Lockerungen
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Die Industrie- und Handelskammer fordert schon jetzt ein Konzept für den Herbst.
Von Manuel Böhnke
Solingen. Die Stimmung bei den Solinger Einzelhändlern war am Donnerstag von Erleichterung geprägt. „Das ist eine gute Nachricht für uns und unsere Kunden“, sagte Detlef Ammann angesichts der Ankündigung, dass am Samstag alle Zugangsbeschränkungen für den Handel wegfallen. „Wir sind froh, nun eine echte Perspektive zu haben“, betonte der Modehändler und Vorsitzende des Werbe- und Interessenrings Solinger Innenstadt.
Bei der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch wurden Lockerungen der Corona-Maßnahmen beschlossen. Neben dem Handel macht die Gastronomie einen Schritt in Richtung Normalität: Ab dem 4. März soll die 3G-Regel die 2G-plus-Vorgabe ersetzen, ehe die Beschränkungen am 20. März vollständig aufgehoben werden. Die Bergische Industrie- und Handelskammer (IHK) zeigte sich mit den Beschlüssen zufrieden. „Eine schrittweise Öffnung ist dringend erforderlich, damit wieder normales Wirtschaften ermöglicht wird“, wird Hauptgeschäftsführer Michael Wenge zitiert.
Regeln waren auch für Geimpfte und Genesene eine Hemmschwelle
Dr. Daria Stottrop, Leiterin des IHK-Geschäftsbereichs International (Außenwirtschaft, Handel und Dienstleistungen) weist darauf hin, „dass im Einzelhandel kaum Ansteckungen stattfänden“. Das Tragen von Masken sorge für ausreichend Sicherheit. Diese Einschätzung teilt Frauke Pohlmann, Goldschmiedemeisterin und Vorstandsmitglied der Ohligser Werbe- und Interessengemeinschaft. „Wir freuen uns natürlich und blicken jetzt hoffnungsvoll auf die kommenden Wochen“, sagte sie.
Detlef Ammann hofft, dass wieder mehr Kunden den Weg in die Zentren finden. Das sieht Simon Kohns ähnlich. „Es hat sich gezeigt, dass die Vorgaben auch für Genesene und Geimpfte eine Hemmschwelle waren“, erläuterte der stellvertretende Geschäftsführer von Expert Schultes. Viele Kunden hätten sich auf nötige Einkäufe beschränkt, entspanntes Bummeln habe kaum mehr stattgefunden. Vor allem in der vergangenen Wochen sei es sehr ruhig gewesen. „Alle haben auf die Lockerungen gewartet.“ Nun rechnet Kohns mit einer deutlich anziehenden Nachfrage.
Dass es auch für die Gastronomie eine Perspektive gebe, bewertet Detlef Ammann positiv: „Für viele Menschen ist das ein zusätzlicher Anreiz, in die Stadt zu kommen.“ Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Nordrhein-Westfalen hätte sich ein früheres Ende der Beschränkungen erhofft. Nichtsdestotrotz ebnen die nun getroffenen Regelungen „den Weg zurück in die Normalität“. Auch die IHK begrüßt die Pläne für Restaurants, Kneipen und Co.. Es sei im eigenen Interesse der Gastronomen, mit ihren Hygienekonzepten für die größtmögliche Sicherheit der Gäste und Mitarbeiter zu sorgen, so Stottrop.
Trotz der positiven Aussichten denkt die Kammer bereits an den weiteren Jahresverlauf. „Wir erwarten von der Politik, dass im Sommer für den Herbst ein nachvollziehbares Maßnahmenkonzept vorbereitet wird, das an den richtigen Stellschrauben anpackt“, machte Michael Wenge deutlich. Man dürfe nicht zum dritten Mal blind in eine mögliche Herbstwelle hineinlaufen. Berechtigte Hoffnungen auf ein Ende der Pandemie dürften weitsichtiges Vorgehen nicht verhindern.
Standpunkt: Lange überfällig
Kommentar von Manuel Böhnke
Dieser Schritt war lange überfällig. Seit Anfang Dezember gilt die 2G-Regel im nordrhein-westfälischen Einzelhandel. In der für viele Geschäftsinhaber wichtigsten Zeit des Jahres wurden die Hoffnungen auf ein erfolgreiches Weihnachtsgeschäft zerstört. Die Wirkung der Maßnahme darf angesichts zeitgleich vollen Supermärkten und Discountern sowie dennoch eingetretenen Rekord-Infektionszahlen angezweifelt werden. Deshalb ist es die richtige Entscheidung, die Zugangsbeschränkungen im Einzelhandel ab Samstag abzuschaffen – viele Bundesländer sind diesbezüglich bereits weiter. Auch für die Gastronomie und andere Bereiche gibt es Perspektiven. Die Hoffnung ist groß, dass ab dem 20. März wieder ein normales Leben möglich ist. Da mag die Bergische Industrie- und Handelskammer, die bereits jetzt an den kommenden Herbst erinnern, wie eine Spaßbremse wirken. Doch der Einwurf kommt zur rechten Zeit. Man muss sich darauf vorbereiten, dass die Infektionszahlen Ende 2022 wieder ansteigen. Sollte es dazu kommen, darf es auf keinen Fall wieder Symbolpolitik auf dem Rücken Gewerbetreibender und ihrer Existenzen geben.