ÖPNV

Angebot ab Mai: Für wen sich das Deutschlandticket lohnt

Unter anderem in den beiden Kunden-Centern berät der Verkehrsbetrieb der Stadtwerke zum Deutschlandticket.
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Unter anderem in den beiden Kunden-Centern berät der Verkehrsbetrieb der Stadtwerke zum Deutschlandticket.

Wie die Nachfrage in Solingen bisher ist - und für wen es sich besonders lohnt.

Von Manuel Böhnke

Solingen. Interesse ist da, doch einen Ansturm wie auf das Neun-Euro-Ticket gibt es bislang nicht. Für 49 Euro monatlich soll es ab dem 1. Mai möglich sein, den öffentlichen Personennahverkehr bundesweit zu nutzen. Bisher hat das angekündigte Deutschlandticket dem Verkehrsbetrieb der Stadtwerke (SWS) 275 Neukundinnen und -kunden beschert. Die Nachfrage könnte steigen, wenn noch offene Fragen geklärt sind.

Bis zum 31. März haben die rund 17 000 SWS-Abonnentinnen und Abonnenten Zeit, sich zur Umstellung zu positionieren. Mehr als 8000 von ihren zahlen für ihr Ticket derzeit mehr als 49 Euro pro Monat. Sie erhalten den neuen Tarif automatisch, sofern sie nicht widersprechen – 400 Personen haben das bislang getan.

Knapp 8500 liegen unter der Schwelle. 650 sprachen sich für einen Wechsel aus. In den Osterferien soll der Versand des Deutschlandtickets als Chipkarte beginnen. Alternativ gibt es eine digitale Version.

Für wen lohnt sich das Deutschlandticket?

Doch für wen lohnt sich das neue Angebot? Diese Frage lässt sich Silke Rampe zufolge nicht pauschal beantworten. „Für regelmäßig Reisende – insbesondere zwischen den Verbünden – ist dies sicher die günstigste Ticketvariante. Alle anderen sollten zumindest überlegen, wir ihr Mobilitätsverhalten ist“, erklärt die Sprecherin des Verkehrsbetriebs.

Für wen lohnt sich das Deutschlandticket nicht?

Ein Ticket für vier Fahrten innerorts kostet derzeit 11,50 Euro. Wem das genügt, um beispielsweise zum Arzt oder in die Stadt und wieder zurückzufahren, brauche das Deutschlandticket eher nicht. Führen diese vier Fahrten jedoch weiter, etwa in eine Nachbarkommune oder einen anderen Verkehrsverbund, seien schnell mehr als 50 Euro fällig.

Welche Fragen zum neuen Deutschlandticket sind noch offen?

Silke Rampe kennt Unsicherheitsfaktoren, die sich derzeit noch negativ auf die Nachfrage auswirken könnten. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) plant zum Beispiel ein Zusatzabo für die Fahrradmitnahme. Dieses ist noch nicht buchbar. Stand jetzt würde es zudem nur im VRR-Gebiet gelten. Doch wie sieht es mit dem angrenzenden Verkehrsverbund Rhein-Sieg aus, zu dem etwa Köln gehört?

„Oder wenn ich mit dem Deutschlandticket in den Sommerurlaub fahren möchte mit Rad?“, ergänzt Rampe. Auch werde derzeit noch über ein Zusatzticket für die 1. Klasse verhandelt, das heute bereits Teil des Bären-Tickets ist.

Wegen eben dieser noch zu diskutierenden Mehrwerte und unklarer Bestimmungen seien Interessierte noch zurückhaltend, schlussfolgert die Sprecherin. Bestandskundinnen und -kunden müssten darüber hinaus klären, ob sie auf die Personenmitnahme abends und an dem Wochenende verzichten können – diese beinhaltet das Deutschlandticket nicht.

Eine Ausnahme gilt für Kinder unter sechs Jahren, die in Begleitung eines zahlenden Erwachsenen keinen eigenen Fahrausweis benötigen. Haustiere fahren im VRR generell kostenfrei mit.

Das neue Angebot ergänze das bestehende, betont Silke Rampe. Bedeutet: Der VRR wird seine Produktpalette beibehalten, auch der NRW-Tarif sowie die Tickets zum Übergang zwischen mehreren Verkehrsverbünden bleiben bestehen.

Für viele Abonnenten ist das Deutschlandticket ein Gewinn.

Silke Rampe, Verkehrsbetrieb der Stadtwerke

Grundsätzlich bewertet der SWS-Verkehrsbetrieb die Einführung positiv. „Für viele Abonnenten ist das Deutschlandticket ein Gewinn und eine Entlastung ihrer Ausgaben für Mobilität. Wir freuen uns über ein attraktives Angebot und hoffen, dass möglichst viele Menschen zu Ein- und Autofahrer zu Umsteigern werden“, erklärt Silke Rampe.

Spannend werde, wie viele Menschen das Angebot im Sommer für Freizeitzwecke nutzen werden.

Wird das Deutschlandticket dauerhaft etabliert?

Wird das Deutschlandticket der erhoffte Verkaufserfolg? Davon ist wohl zumindest teilweise abhängig, ob es das Angebot dauerhaft geben wird. Denn die Kosten für Bund, Länder und Verkehrsverbünde sind hoch. Klar ist Rampe zufolge, dass Bund und Länder zunächst jährlich 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Über die Summen soll Ende 2024 neu entschieden werden.

Eezy

Für Gelegenheitsnutzer gibt es einen landesweiten elektronischen Nahverkehrstarif per App. Eezy „ist rein digital und rechnet nur ab, was an Kilometern gefahren wird – Luftlinie, zuzüglich Grundpreis und gedeckelt bei 30 Euro innerhalb von 24 Stunden“, erklärt Silke Rampe. Informationen: www.sobus.net

Standpunkt von Manuel Böhnke: Verlässlichkeit

manuel.boehnke@solinger-tageblatt.de

Der Ansatz ist unumstritten richtig. Wer den öffentlichen Personennahverkehr stärken möchte, muss ein attraktives Angebot bieten. Das geplante Deutschlandticket hat das Zeug, ein solches zu sein. Es kann Klarheit in den Flickenteppich bringen, den die deutschen Verkehrsverbünde mit ihren unterschiedlichen Regeln und Preisen bilden. Zumindest theoretisch.

Dass es zum Start des neuen Angebots voraussichtlich wieder abweichende Vorgaben geben wird, etwa was die Mitnahme anderer Personen, von Tieren oder Fahrrädern angeht, läuft dieser Idee zuwider. Das ist ein Problem. Denn um Menschen vom dauerhaften Umstieg auf Bus und Bahn zu überzeugen, braucht es zwei Dinge: Klarheit und Verlässlichkeit. Das gilt auch für den Preis. Das Deutschlandticket wird zum Start am 1. Mai monatlich 49 Euro kosten. Ab 2024 ist eine „Dynamisierung“ in Form eines automatischen Inflationsausgleichs geplant.

Dabei ist Fingerspitzengefühl gefragt – floppt das Deutschlandticket, wäre der Imageschaden für die Verkehrswende enorm. 

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