Energiekrise
Über Bundesschnitt: So viel Gas und Strom haben die Solinger eingespart
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Gas- und Stromverbrauch sind 2022 zurückgegangen. Die Stadtwerke kämpfen aber weiter mit Problemen.
Von Philipp Müller
Im bundesweiten Vergleich waren die Solinger im vergangenen Jahr in Sachen Energie sparsamer als andere Bundesbürger. Das teilten die Stadtwerke Solingen (SWS) jetzt mit.
Der Vorstandsvorsitzende Andreas Schwarberg lobte, dass beim Gas 17 Prozent gegenüber dem Jahresschnitt von 2018 bis 2021 eingespart wurden. Für die Bundesrepublik gibt die Bundesnetzagentur einen Wert von 14 Prozent Einsparung an.
Beim Strom ist die Differenz sogar noch größer. Bundesweit wurden 3,5 Prozent eingespart, in Solingen 8 Prozent. 2023 setzt sich der Trend, dass die Solinger Energie einsparen, weiter fort.
Stephan Birkhölzer, Bereichsleiter Privat- und Gewerbekunden der SWS, berichtete, dass es aufgrund der Krise derzeit weiter zu Verzögerungen beim Versand von Rechnungen komme. Weil aktuell die Gas- und Strompreisbremse organisatorisch umgesetzt wird, erfolge der Versand der Rechnungen aus dem März und April erst im Mai. Er und Stefan Ziebs, Bereichsleiter Industriekunden, gehen davon aus, dass das Preisniveau zumindest über den Sommer stabil bleibt.
Welche Vorbereitungen wurden in Solingen gegen eine Gasmangellage getroffen?
Peter Sossna, Geschäftsführer der SWS Netze Solingen GmbH, gab nochmals einen Einblick, warum die SWS im vergangenen Herbst dringend darum baten, Energie einzusparen. Es sei nicht klar gewesen, ob es zu einer Mangellage bei Gas oder Strom kommen werde.
Gemeinsam mit dem Krisenstab der Stadt Solingen hatte man sich darauf vorbereitet. So wurde etwa das Gasnetz in 20 Sektoren eingeteilt, die einzeln abgeschaltet werden können. Parallel wurde geprüft, wie in diese Gebiete dann mehr Strom als Ersatz fließen kann, um die Wohnungen weiterhin zu heizen.
Wir hatten einen warmen Winter, der Energiesparen leichter machte.
Das sei alles am Ende nicht benötigt worden. Und auch das Wetter habe geholfen, betonte Sossna: „Wir hatten einen warmen Winter, der Energiesparen leichter machte.“
Gas- und Stromeinsparungen 2023
Nun blicken die SWS zuversichtlich in die Zukunft – zumindest bis zum Herbst. Andreas Schwarberg verweist auf die gut gefüllten Gasspeicher. Auch auf den Großhandelsmärkten für Energie, die SWS arbeiten dort mit 15 Lieferanten zusammen, seien die Preise stabil.
Wie lange, das wisse aber niemand. Schwarberg warnte mit Hinblick auf den Krieg in der Ukraine oder die Spannungen mit China: „Die Situation ist weiter instabil.“
Wie hoch ist der Marktanteil der SWS in Solingen?
In dieser Lage zeige sich das Geschäft der SWS erfreulich, betonte Stephan Birkhölzer. 85 000 Verträge für Strom haben Kunden an der Beethovenstraße oder online abgeschlossen. 25 000 sind es für Gas. In diesem Jahr konnten die SWS bereits 2000 neue Kunden gewinnen. Laut Birkhölzer wuchs der Marktanteil der SWS in Solingen auf 75 Prozent.
Doch nun stünden große Herausforderungen an, betonte der zum Jahresende ausscheidende Stadtwerke-Chef Schwarberg. Der Boom privater Photovoltaikanlagen werde sich auf das Geschäftsmodell der SWS auswirken. Aktuell gehe es um die Fünfjahresplanung. Da steht laut Schwarberg im Raum, wie die Verkehrs- und Energiewende mit Kapital langfristig überhaupt finanziert werden kann.
Trendwende
Die Solinger verbrauchen im Fünfjahresschnitt 0,5 Terawattstunden pro Jahr. Das Doppelte, also 1 Terawattstunden pro Jahr, ist es beim Gas. Aufgrund der Energiewende wird sich das Verhältnis ab 2030 exponentiell zugunsten des Stroms umkehren, erklärt Peter Sossna von den Netzen Solingen.
Standpunkt von Philipp Müller: Energielage ist ungewiss
Aus Sorge, dass am Ende kein Gas mehr aus der Leitung kommt und die Lichter abends dunkel bleiben, haben wir Solingerinnen und Solinger fleißig Energie gespart. So sind wir gut über den recht warmen Winter gekommen. Aber, das machen die Aussagen der Stadtwerke Solingen zum Thema deutlich: Die Energielage bleibt ungewiss. Jetzt scheint alles in normalen Bahnen zu laufen. Doch eskaliert der Streit zwischen China und Taiwan oder bleibt die Frontsituation in der Ukraine weiter so angespannt, kann sich das ganz schnell wieder auf Gas- und Strompreise auswirken.
Denn das haben wir gelernt seit 2022: Hustet irgendwo einer der Entscheider über die Energiepreise, zeigt sich der ganze Markt verschnupft und reagiert mit steigenden Preisen – wie ein Fieberthermometer. Daher ist es gar nicht schlecht, wenn weiter gespart wird. Es nützt ja auch nichts: Fossile Energie wie Erdgas wird voraussichtlich nie mehr so preiswert werden wie 2021. Da gehört das Gehirn und nicht der Tiger in den Tank.