Ehemalige Humboldt-Schülerin
Sie sind Europameister im Weltraumrecht
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Ehemalige Schülerin des Humboldtgymnasiums und ihr Team mussten einen fiktiven Fall bearbeiten.
Von Manuel Böhnke
Solingen. Es ist ein kompliziertes Verfahren. Erst zerstörte Argyliam versehentlich einen Satelliten Koligians, dann sahen sich Zweitere dazu gezwungen, ein Lasersystem der anderen Seite auszuschalten. Aufruhr im All – eine gütliche Einigung zwischen den irdischen Fantasiestaaten nicht in Sicht. Der fiktive Fall landet vor dem Internationalen Gerichtshof. Mittendrin: Verena Celina Schulz, ihre Mitstreiter Christina Schmitz und Til Daniels sowie Coach Katja Grünfeld. Beim „Manfred Lachs Space Law Moot Court“ mussten die 21-Jährige und ihr Team die besten Argumente für beide Seiten vorbringen. Und waren dabei erfolgreich: Im spanischen Jaén setzte sich die ehemalige Schülerin des Humboldtgymnasiums mit ihrer Gruppe gegen internationale Konkurrenz durch. Als Europameister im Weltraumrecht dürfen sie im Oktober bei der Weltmeisterschaft antreten.
Weltraumrecht? Weltraumrecht. An der Universität zu Köln existiert mit dem von Direktor Prof. Dr. Stephan Hobe geleiteten Institut für Luftrecht, Weltraumrecht und Cyberrecht das einzige Institut im deutschsprachigen Raum, das sich mit dem Thema befasst. Vor knapp einem Jahr besuchte Schulz dort als Jurastudentin eine Vorlesung, wurde auf das „Manfred Lachs Space Law Moot Court“ aufmerksam. Nach schriftlicher Bewerbung und einem Vorstellungsgespräch stand fest: Sie darf für Deutschland an der simulierten Gerichtsverhandlung teilnehmen. Damit begann die eigentliche Arbeit erst.
„Wir mussten uns sehr intensiv vorbereiten“, erzählt die 21-Jährige. Zwischen September 2022 und Februar 2023 konnten sich sie und ihre Kölner Kommilitonen mit dem Fall vertraut machen. Er ist komplex, berührt zahlreiche weltraumrechtliche Fragen. Am Ende standen zwei Schriftsätze – einer für den Antragsteller, einer für den Beklagten.
Damit machte sie sich Ende April mit ihrem Team auf den Weg nach Spanien, um sich in mehreren Runden mit Konkurrenten aus ganz Europa zu messen. Bis zum Finale gegen eine Wiener Delegation wurde der Prozess eine Woche lang mehrfach durchgespielt. Dennoch glich kein Tag dem anderen, schließlich unterschieden sich die Argumentationen der Gegner. Mal plädierte Verena Celina Schulz für die Kläger, mal für die Beklagten.
In die Jurybewertung floss nicht nur das Auftreten der Studentin, sondern auch ihr Fachwissen ein. Immer wieder wurden ihre Ausführungen mit Fragen zu früheren Fällen und Weltraumrecht im Allgemeinen unterbrochen. „Die Kunst ist, danach zurück in die Rede zu finden“, sagt die 21-Jährige. Alles unter Zeitdruck.
Nach dem Erfolg in Jaén bleibt der gebürtigen Bensbergerin nicht viel Zeit zum Durchschnaufen: In weniger als einem halben Jahr steht die Weltmeisterschaft in Baku, Aserbaidschan, an. Dort warten die Gewinnerteams aus Nord- und Südamerika, Asien und Afrika. Verhandelt wird erneut der Konflikt zwischen Argyliam und Koligian.
In den kommenden Wochen wird das Trio um Schulz seine Schriftsätze überarbeiten und die mündlichen Plädoyers verfeinern. Zunächst einmal heißt es jedoch, den unlängst erzielten Erfolg zu realisieren. „Das ist noch gar nicht richtig angekommen.“
Eine Erkenntnis ist in Verena Celina Schulz hingegen gereift: Sich auf Weltraumrecht zu spezialisieren, ist für sie eine Option. Das Spezialgebiet vereint ihre Affinität für Jura mit ihrem Interesse an Naturwissenschaften. Als Schülerin des Humboldtgymnasiums nahm sie dreimal sehr erfolgreich am German Young Physicists’ Tournament teil, einem bundesweiten Physik-Wettbewerb. Unter anderem ihr Sinn für Gerechtigkeit habe schließlich den Ausschlag für das Studium der Rechtswissenschaften gegeben. „Weltraumrecht ist die Nische, die beide Leidenschaften verknüpft.“
Zukunftsträchtig sei das Gebiet ohne Zweifel. Es gebe immer mehr Raketen-Start-ups, die Relevanz privater Raumfahrt steige. Gleichzeitig wächst die Zahl von Satelliten, Weltraummüll ist ein zunehmendes Problem. Welches Recht gilt? Wer haftet bei Abstürzen oder Kollisionen? Was nach Science-Fiction klingt, wirft plötzlich beinahe banal anmutende Fragen auf. Verena Celina Schulz sucht die irdischen Antworten darauf.
Wettbewerb
Seit 1992 existiert das „Manfred Lachs Space Law Moot Court“. Der Wettbewerb bietet Studierenden die Möglichkeit, sich eingehend mit Völker- sowie Weltraumrecht zu beschäftigen und Kontakte zu internationalen Juristen zu knüpfen. Er gilt als der prestigeträchtigste Wettstreit seiner Art. Unterstützt wird die Aktion unter anderem von der Europäischen Raumfahrtorganisation ESA.