Elf Schulen nehmen teil
Schüler polieren Stolpersteine im Stadtgebiet
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An 117 Stellen erinnern die Messing-Tafeln an Solinger Opfer der NS-Herrschaft. Elf Schulen beteiligen sich an der Reinigungs-Aktion.
Von Philipp Müller
Spülmittel, Scheuermilch, ein paar Schwämme und Tücher – mehr brauchen Solingens Schüler nicht, um die 117 Stolpersteine im Stadtgebiet zu reinigen. Am Dienstag startete die Aktion von elf Solinger Schulen unter Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD). Auf der Potsdamer Straße wurde der Stolperstein vom Dreck befreit und poliert, der an den ersten Bürgermeister der Nachkriegszeit, Albert Müller, erinnert. Am 22. Februar, dem Gedenktag, an dem die Geschwister Scholl und weitere Widerstandkämpfer gegen das Nazi-Regime der Gruppe „Weiße Rose“ hingerichtet worden waren, startet die Geschwister-Scholl-Gesamtschule in Ohligs mit dem Putzen der Gedenksteine.
Elf Schulen (» Kasten) würden sich über das Jahr an der Aktion beteiligten, erklärte Daniela Tobias für den Solinger „Unterstützerkreis Stolpersteine“. Vergangenes Jahr sei die Idee geboren worden, die von dem Kölner Künstler Günter Demnig seit 2004 in Solingen verlegten Steine zu reinigen. Dabei habe man bewusst die Schulen einbezogen. Denn es gehe nicht nur um das Polieren der Messingplatten. Damit sollen zugleich auch pädagogische Ziele verfolgt werden.
Schüler erfahren die Biografien hinter den Gedenksteinen
Wie das gelingen kann, belege ein Projekt an der Friedrich-Albert-Lange-Schule, erzählte die Lehrerin Ingrid Hering. Man habe sich fünf Schicksale von in Solingen durch die Nazis Verfolgter herausgesucht. Dabei stand neben dem Besuch der Stolpersteine am Verlegeort auch die Recherche zu den Biografien der Opfer an.
STOLPERSTEIN-AKTEURE
SCHULEN Gesamtschule Höhscheid, Hauptschule Central, Technisches Berufskolleg, Mildred-Scheel-Berufskolleg, Humboldtgymnasium, August-Dicke-Schule, Alexander-Coppel-Gesamtschule, Gymnasium Schwertstraße, Theodor-Heuss-Schule, Friedrich-Albert-Lange-Schule und Geschwister-Scholl-Schule.
Dabei habe es der Zufall gewollt, dass eine Schülerin auf die Geschichte eines mit ihr verwandten Roma traf. Diese sowie Sinti wurden ebenfalls verfolgt, in Konzentrationslagern interniert und ermordet. Ein anderer Schüler sei auf das tragische Ende seines Urgroßvaters gestoßen. Er habe russischen Zwangsarbeitern geholfen, landete ebenfalls im KZ und wurde dort getötet.
Das seien natürlich Zufälle, erklärte der Leiter des Stadtarchivs, Ralf Rogge. Doch das zeige, wie man den Stolpersteinen über Akten ein Gesicht geben könne, selbst wenn man keine Fotos der Verstorbenen habe. Blicke in Adressbücher, Einwohnerregister und auch auf allgemeine Fotos aus der Zeit machten Geschichte spürbar und erlebbar.
Darauf setzt an der „Scholle“ seit 25 Jahren auch die Arbeitsgemeinschaft „Weiße Rose“. Sie beschäftigt sich nicht nur mit der Geschichte der Namensgeber der Schule an der Querstraße. Man habe schon selber Stolpersteine verlegt, sagte Patrick Kiesecker, Lehrer an der Schule. Er erklärte zur Aufgabe der AG, dass sie zur Vertiefung des Geschichtslehrstoffs diene. Die Nazi-Zeit selbst sei heute „in gutem Maße“ im Unterricht der Mittel- und Oberstufe vertreten.
OB Kurzbach nannte einen ganz einfachen Grund, die Schirmherrschaft für die Aktion zu übernehmen. Es gehe um mehr, als die Steine zu putzen: „Junge Menschen können sich über die Stolpersteine neu mit der Geschichte auseinandersetzen.“ Zudem habe ihn die Verlegung des Stolpersteins für Albert Müller im Vorjahr „tief bewegt“. Müller überlebte die NS-Zeit, wurde von der englischen Besatzungsmacht als Bürgermeister für Solingen eingesetzt und starb letztlich doch an den Folgen der Folterungen in der NS-Haft.
www.stolpersteine-solingen.de