Statistik
Rund 2000 Geflüchtete leben in Solingen
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Mehr Menschen als zu Zeiten der „Flüchtlingskrise“ – Kostenerstattung ist „nicht auskömmlich“. Stadt sucht weiter Wohnraum.
Von Björn Boch und Friederike Wegmann
Solingen. 1406 Menschen aus der Ukraine haben derzeit Zuflucht in Solingen gefunden. Diese Zahl sei über die letzten Wochen stabil, erklärt Krisenstabsleiter Jan Welzel (CDU). Dazu kamen voriges Jahr 644 Asylbewerber, die nicht aus der Ukraine stammen – damit leben aktuell mehr als 2000 Geflüchtete in Solingen.
Wie sich die Situation entwickele, hänge maßgeblich vom Geschehen in der Ukraine, aber auch in anderen Ländern ab. Die Stadt rechnet 2023 definitiv mit weiteren Menschen: Das Integrationsministerium des Landes prognostiziere für dieses Jahr mehr als 50.000 für NRW. Solingen werde davon rund 500 aufnehmen müssen. „Dieser Aufgabe kommen wir nach – und wir kriegen sie gestemmt“, berichtet Welzel. Es werde aber schwieriger, Wohnraum sei knapp.
Dazu komme, dass aktuell Unterkünfte für bis zu 150 Personen vorgehalten werden müssten – diese Zahl an Menschen muss Solingen jederzeit aufgrund der Erfüllungsquote des Landes aufnehmen können. „Das wird aus keinem Topf vorfinanziert. Das muss beim Flüchtlingsgipfel des Bundeskanzlers mit den Ministerpräsidenten im Mai dringend thematisiert werden“, fordert Welzel. Wie viele Kommunen fühle sich Solingen von Land und Bund „ein wenig alleingelassen“.
Die Stadt bringe die Menschen dezentral unter und versuche, Sammelunterkünfte zu vermeiden. Das gelinge bislang, obwohl die Zahl der Menschen sogar höher sei als zu Zeiten der sogenannten Flüchtlingskrise 2015/2016.
Geflüchtete in Solingen: Warum sind Wohnungen wirtschaftlicher als Sammelunterkünfte?
Habe das damals aus dem Stand geregelt werden müssen, habe man diesmal Erfahrung sowie einen ersten Grundbestand an Gebäuden gehabt – etwa das reaktivierte alte Finanzamt. Zudem gebe es eingespielte Lenkungsgruppen und Absprachen mit den Wohlfahrtsverbänden.
Das Ziel, Geflüchtete in wohnungsähnlichen Unterkünften mit Möglichkeit zur Selbstverpflegung unterzubringen, erklärt Welzel so: „Sammelunterkünfte sind die schlechteste Lösung im Hinblick auf Organisation und Integration – und nicht die preiswerteste.“ Wohnungen seien wirtschaftlicher.
Welzel betont, dass bei Anmietung der aktuelle Satz für Kosten der Unterkunft beachtet werde, der für Bezieher von Leistungen aus dem Sozialgesetzbuch (SGB) II gelte. Man akquiriere kontinuierlich Wohnraum, komme aber an die Grenzen der Kapazität. Darum sei es richtig, zwei weitere Holzhäuser – in Gräfrath und Höhscheid – zu errichten.
Warum genießen Ukraine-Flüchtlinge andere Rechte und Freiheiten als Geflüchtete aus Syrien oder Afghanistan?
Für einen Asylbewerber werden pro Jahr 13 500 Euro erstattet. Davon müsse die Stadt nicht nur alle Kosten decken, die sich aus den gesetzlichen Ansprüchen ergeben, sondern auch Integrationsmaßnahmen bezahlen. Für die Geflüchteten aus der Ukraine gilt nur zunächst das Asylbewerber-Leistungsgesetz – bis alle Voraussetzungen erfüllt sind, das SGB II anzuwenden. Dann werden sie analog behandelt. Der Grundbetrag wird vom Bund erstattet, die Kosten der Unterkunft zu gut zwei Dritteln. Zur Erstattung von Bund und Land, die „nicht auskömmlich“ ist, kämen weitere Kosten, die nirgends abgebildet werden – etwa im Bereich Schule. Rund 250 Kinder in der Grundschule, fast 300 in der Sekundarstufe 1 sowie 150 in der Sekundarstufe 2 sind derzeit zusätzlich in Solingen.
Bei der Erfassung der Ukrainerinnen und Ukrainer fordert Welzel Vereinfachungen. „Ich kann verstehen, dass eine genaue Erfassung der Personalien wichtig ist. Gerade, wenn Dokumente fehlen. Aber wenn jemand einen biometrischen Pass vorlegen kann, spricht viel dafür, dass diese Person auch wirklich diese Person ist.“
Aufgrund der Massenzustrom-Richtlinie genießen Flüchtlinge aus der Ukraine andere Rechte und Freiheiten als Geflüchtete aus Syrien oder Afghanistan. Das ist, betont Welzel, bis Februar 2024 geregelt. „Es wäre unklug, wenn der Gesetzgeber erst Anfang 2024 auf die Idee käme, das zu verlängern. Unser expliziter Wunsch ist, nicht bis zum letzten Drücker zu warten.“ Zumal in den ohnehin überlasteten Ausländerbehörden weitere Änderungen im Aufenthaltsrecht umgesetzt werden müssen.
Wer Wohnraum anbieten möchte: Tel. (02 12) 2 90-24 25 oder E-Mail: wohnungshilfe-ukraine@solingen.de