Bündelungsgymnasium
Rückkehr zu G9 muss organisiert werden
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Das Gymnasium Vogelsang richtet als „Bündelungsgymnasium“ einen extra Jahrgang ein.
Von Simone Theyßen-Speich
Solingen. Die jetzigen Neuntklässler an den Gymnasien sind der letzte Jahrgang, der den Weg zum Abitur noch in acht Jahren (G8) beschreiten wird. Wie vor vier Jahren beschlossen, wird der jetzige achte Jahrgang das Abitur am Gymnasium, ebenso wie an den Gesamtschulen, erstmals wieder in neun Jahren (G9) absolvieren.
Für den reibungslosen Übergang von G8 auf G9 ist aber mehr notwendig, als lediglich in den Schulen sicherzustellen, dass dort zukünftig wieder Platz für einen dann wieder existierenden zehnten Jahrgang ist. Auch die Übergangszeit muss geregelt werden.
Denn mit dem auslaufenden G8-Modell fehlt ab Sommer 2023 ein Jahrgang in den Gymnasien. Problematisch wird das für Schüler, die etwa von der Realschule in die gymnasiale Oberstufe eines Gymnasiums wechseln wollen oder die nach einem Auslandsjahr oder wegen schwacher Leistungen die Stufe EF wiederholen.
Problem wird erst im Sommer 2023 akut
Auch wenn das Problem erst im Sommer nächsten Jahres akut wird, müssen sich beispielsweise Schüler, die ein Auslandsjahr planen, schon jetzt Gedanken machen. Und auch die Schullandschaft muss auf diese Übergangssituation reagieren. So hat das NRW-Schulministerium verfügt, dass in allen Städten und Kreisen ein sogenanntes Bündelungsgymnasium bestimmt wird, an dem der fehlende Jahrgang ersetzt wird. Für Solingen wird das Gymnasium Vogelsang diese Rolle übernehmen.
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Konkret wechselt im Sommer 2023 der EF-Jahrgang (jetzige Stufe 9) in die Qualifikationsphase (Q1). Wer diesen Übergang leistungsmäßig nicht schafft, kann die Klasse EF aber nicht ohne weiteres wiederholen, weil im Jahrgang darunter diese Stufe fehlt. „Die betroffenen Schüler können im Fall der Wiederholung also nicht im eigenen Schulsystem bleiben, da der Jahrgang unter ihnen noch nicht die Stufe EF, sondern erstmals wieder die Klasse 10 absolviert“, erklärt Ulrich Nachtkamp, Leiter des Gymnasiums Schwertstraße und Sprecher der Solinger Gymnasien.
Realschüler können zum Vogelsang oder zu Gesamtschulen wechseln
Um diesen Schülern den durchgängigen Schulbesuch zu ermöglichen, habe man sich in Solingen darauf geeinigt, am Gymnasium Vogelsang ab dem Sommer 2023 eine „Bündelungsstufe EF“ einzurichten. Dorthin könnten dann alle Schüler wechseln, die mit Realschulabschluss in die Gymnasiale Oberstufe wechseln möchten oder die aus verschiedenen Gründen die Stufe EF wiederholen.
„Ob jemand nach einem Auslandsjahr, das in der Regel im Jahrgang EF angetreten wird, diese Stufe wiederholen muss, hängt von der Leistung der Schüler ab“, erklärt Ulrich Nachtkamp. Wer beispielsweise nur ein halbes Jahr im Ausland bleibe, könne oftmals ohne Wiederholung in seine Stammgruppe zurückkehren, sehr gute Schüler wechselten teilweise auch nach einem Jahr im Ausland direkt in die Q1. Wer die EF wiederholen muss oder möchte, kann dann in den neu eingerichteten Jahrgang ans Vogelsang wechseln.
„Die Schulen informieren die Eltern jetzt über dieses neue Angebot, damit die Familien in Ruhe planen können und die Schullaufbahn gesichert ist“, so Nachtkamp.
„Ob jemand nach einem Auslandsjahr, das in der Regel im Jahrgang EF angetreten wird, diese Stufe wiederholen muss, hängt von der Leistung der Schüler ab.“
Das Gymnasium Vogelsang als Bündelungsgymnasium auszuwählen, habe unter anderem an der Nähe zur Realschule Vogelsang gelegen, die im selben Schulzentrum untergebracht ist. „Wir haben eine lange Erfahrung mit der Aufnahme von Realschülern in unsere Oberstufe, in der Regel wechselt alleine von der Nachbar-Realschule eine Gruppe in Klassenstärke zu uns“, erklärt Karsten Wiemann, neuer Leiter des Gymnasiums Vogelsang.
Zudem liegt das Schulzentrum recht zentral. „Die Entscheidung dafür haben die Schulleiter gemeinsam mit der Bezirksregierung getroffen“, so Ulrich Nachtkamp.
Am Vogelsang wird dann im Sommer 2023 die Stufe EF eingerichtet, die es im Schuljahr 2023/24 an den anderen Gymnasien nicht geben wird. „Dieser Bündelungsjahrgang wird dann natürlich ganz normal drei Jahre lang zum Abitur geführt“, erklärt Wiemann. Und dort wird man dann auch 2026 als einziges Solinger Gymnasium Abitur feiern. Den Abiturjahrgang 2026 gibt es ansonsten nur an Gesamtschulen und Berufskollegs.
Alternativen
Oberstufe: Weiterhin bleibt für Schüler die Möglichkeit bestehen, alternativ zum Gymnasium für die gymnasiale Oberstufe zu den vier Solinger Gesamtschulen oder den drei Berufskollegs zu wechseln und dort das Abitur zu machen.
Standpunkt: G8 ohne Schaden beenden
Kommentar von Simone Theyßen-Speich
Einfach eine Rolle rückwärts, von G8 zurück zu G9 zu machen – so einfach ist die Umstellung an den Gymnasien nicht. Denn ebenso aufwendig wie vor Jahren die Verkürzung auf dem Weg zum Abitur ist es jetzt, den zehnten Jahrgang wieder zu etablieren. Sicher waren die Gymnasien früher für neun Jahrgänge ausgerichtet, aber auch dort müssen Räume, die zwischenzeitlich anders genutzt wurden, erst wieder für den zehnten Jahrgang zur Verfügung gestellt werden. Und die Bildung eines Bündelungsgymnasiums am Vogelsang zeigt, wie kompliziert es sein kann, für alle Kinder die durchgängige Schullaufbahn sicherzustellen. Dass jetzt Wiederholer oder Rückkehrer aus dem Ausland die Schule wechseln müssen, ist kein schöner Weg, aber es ist zumindest einer. Vermutlich wird die Gruppe der Realschüler, die sich mit gutem Abschlusszeugnis auf den Weg Richtung Abitur machen wollen, die größte Gruppe in diesem neu eingerichteten Bündelungsjahrgang sein. G8 war keine Erfolgsgeschichte, das ist längst klar. Jetzt geht es darum, das Thema ohne Schaden abzuschließen.