Austausch

Mammutprojekt für Solingen: 110 000 Haushalte erhalten neue Stromzähler

Jens Wahlen, Abteilungsleiter Zählerwesen bei Netze Solingen, zeigt den neuen Zähler, der in den meisten Haushalten eingebaut wird (rechts). Links gut zu sehen: ein alter Ferraris-Zähler. Diese Technik läuft aus, digitale Zähler sind gesetzlich vorgeschrieben.
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Jens Wahlen, Abteilungsleiter Zählerwesen bei Netze Solingen, zeigt den neuen Zähler, der in den meisten Haushalten eingebaut wird (rechts). Links gut zu sehen: ein alter Ferraris-Zähler. Diese Technik läuft aus, digitale Zähler sind gesetzlich vorgeschrieben.

Austausch kostet mehrere Millionen Euro. Neue Geräte sorgen bei einigen Verbrauchern für Skepsis.

Von Björn Boch

Solingen. Seit 2018 erhalten alle Haushalte in der Klingenstadt neue, digitale Stromzähler – fast 110 000 Geräte müssen die Netze Solingen austauschen. Etwas mehr als 40 000 Zähler seien bereits ausgewechselt, bis 2032 müssen alle alten Ferraris-Zähler – die schwarzen mit der Drehscheibe – ersetzt worden sein. So will es das Gesetz. Ein Mammutprojekt, das allein in Solingen rund 6,6 Millionen Euro kosten wird.

Die Zähler werden erst ausgetauscht, wenn die bisherigen ihre Lebensdauer überschritten haben – geeicht sind die alten Geräte auf 16 Jahre. „Deshalb gibt es so lange Übergangsfristen“, erklärt Jens Wahlen, Abteilungsleiter Zählerwesen bei Netze Solingen. Wer einen neuen Zähler braucht, wird angeschrieben. Die Zählerregel gilt für Strom: Bei Gas und Wasser ändert sich nichts. „Die Energiewende wird vor allem über den Stromsektor gestaltet,“ sagt Wahlen.

Die neuen Zähler sind auf acht Jahre geeicht – um zweimal fünf Jahre kann sich das verlängern, wenn die Charge eine Stichprobenprüfung besteht. „Die Messung ist komplett elektronisch, nicht mehr elektromechanisch – wir haben mit den neuen Geräten keine nennenswerten Ausfälle“, betont Stephan Kandzia, Gruppenleiter Messtechnik.

Neue Stromzähler: Daten funken? Fernablese? Kunden sind skeptisch

Einige Kundinnen und Kunden hätten Vorbehalte gegen die neue Technik – der Hauptgrund für ihre Skepsis sei allerdings unberechtigt. „Viele glauben, die Zähler könnten fernabgelesen werden und Daten funken. Das ist nicht der Fall“, so Jens Wahlen. Ablehnen können Haushalte die neuen Zähler nicht, das ist seit 2016 im „Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende“ geregelt.

Die Skepsis bei den Stromkunden bestätigt Sören Demandt, Referent der Verbraucherzentrale NRW im Bereich Energie. Konnten die Verbraucherschützer technische Probleme feststellen? „Ganz klar: nein. Die Zähler sind geeicht, egal ob analog oder digital. Es ist also sichergestellt, dass sie richtig zählen.“

So funktionieren die modernen Messeinrichtungen

Die modernen Messeinrichtungen (kurz: mME-Zähler) ermöglichen es Verbrauchern, Werte tages-, wochen- und monatsgenau abzulesen oder den Momentanwert freizuschalten. Diese Funktion war ein Grund für den Gesetzgeber, die Zähler verpflichtend zu machen. Die Idee: Wer seinen Verbrauch einfach messen kann, kann ihn leichter reduzieren und zum Gelingen der Energiewende beitragen. „Mit den alten Zählern war das eine aufwendige Rechenaufgabe“, erklärt Stephan Kandzia. Allerdings werde die neue Funktion, für die eine PIN beantragt werden muss, selten genutzt.

Die mME-Zähler werden für Verbräuche bis 6000 Kilowattstunden im Jahr eingebaut. Bei höheren Verbräuchen sollen intelligente Messsysteme eingesetzt werden. Sie kommunizieren in beide Richtungen – senden und empfangen also Daten. Und können dafür sorgen, dass elektrische Geräte in vernetzten Häusern („Smart Home“) automatisch an- oder ausgeschaltet werden. „Wenn die Energiewende irgendwann weit fortgeschritten ist, sollte Strom dann verbraucht werden, wenn Sonne scheint oder Wind weht“, erklärt Jens Wahlen. Das sei aber noch Zukunftsmusik. Nur wenige dieser intelligenten Messsysteme seien aktuell im Einsatz.

„Perspektivisch sinnvoll“ findet Verbraucherschützer Sören Demandt die intelligenten Systeme – sofern man größere Stromverbraucher im Haus habe wie E-Autos oder Wärmepumpen. „Man darf das Sparpotenzial aber auch nicht überschätzen.“ Die Situation auf dem Strommarkt seit rund einem Jahr sei sehr unterschiedlich gewesen – ebenso die Fragen der Verbraucher. Demandt: „Erst gab es viele Fragen zu höheren Preisen, dann zu staatlichen Hilfen. Jetzt geht es wieder um Anbieterwechsel und Tarife.“

Bei den Netzen Solingen gab es ebenso vermehrt Beschwerden. Das habe mit den gestiegenen Preisen zu tun, aber auch mit neuen Verbrauchsformen. So vergesse die Kundschaft schon mal, dass das neue E-Auto samt Wallbox für wesentlich höheren Verbrauch sorgt. Wärmepumpen erhöhten den Stromverbrauch – bei niedrigen Verbräuchen mache sich selbst eine täglich eingeschaltete Heizdecke bemerkbar. Stephan Kandzia und Jens Wahlen empfehlen, den Stromverbrauch wochen- oder monatsweise immer zum gleichen Stichtag aufzuschreiben, um so einen Überblick über den Verbrauch zu bekommen.

Wer eine PIN für sein Gerät haben möchte, kann sich per E-Mail an die SWS Netze wenden: zaehlerwesen-strom@netze-solingen.de

Netzbetreiber

Entflechtung: Sie hat das Ziel, die Unabhängigkeit der Netzbetreiber von anderen Bereichen der Energieversorgung sicherzustellen. Die SWS Netze Solingen GmbH und die Stadtwerke Solingen GmbH sind voneinander unabhängige Unternehmen.

Markt: Grundsätzlich gibt es neben einem offenen Strom- auch einen offenen Stromzählermarkt. Faktisch sind die Netze Solingen für fast alle Zähler in der Stadt zuständig – zumindest im Privatbereich. Bei Geschäftskunden gibt es wenige große Endverbraucher, etwa Supermarktketten, mit eigenen Einkäufen und teils eigenen Messstellenbetreibern.

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